Totgeschwiegener Komponist auferstanden: St.-Wenzels-Festtage ehren Miloslav Kabeláč

Miloslav Kabeláč

Eine Auswahl von Sakralkompositionen aus verschiedenen Zeiten und mit verschiedenen Musikern erklingt jedes Jahr in der zweiten Septemberhälfte bei einem internationalen Festival, das kurz nach der Wende in Prag gegründet wurde. Am Montag wurden die 17. „St.-Wenzels-Festtage“ in der tschechischen Hauptstadt eröffnet.

Das Festival beginnt traditionell zum St. Ludmila-Fest, denn die heilige Ludmila war die Großmutter des böhmischen Landespatrons, des heiligen Wenzel. Beendet werden die Festtage am St. Wenzel-Tag, dem 28. September.

Das Programm des Festivals wird in diesem Jahr zum Teil durch einige Jahrestage geprägt. Das Eröffnungskonzert stand im Zeichen des 330. Geburtstags von Antonio Vivaldi. Das Konzert, das am 23. September im Erzbischöflichen Palais auf der Prager Burg stattfindet, ist wiederum dem 100-jährigen Jubiläum von Oliver Messiaen und Miloslav Kabeláč gewidmet. Festivaldramaturg Lukáš Matoušek:

„Es ist für mich faszinierend, diese zwei hervorragenden Komponisten des 20. Jahrhunderts nebeneinander zu stellen. Messiaen ist sehr bekannt, Kabeláč aber wurde während des kommunistischen Regimes Jahre lang totgeschwiegen. Seine Musik wurde nicht gespielt. Dabei hat er Werke von hohem künstlerischem Niveau geschaffen. Kabeláč verdient es, in einem Konzert neben Messiaen gespielt zu werden. Das Publikum kann also beide Komponisten miteinander vergleichen. Inhaltlich stehen sich ihre Kompositionen sehr nahe.“

Ein weiterer Jubilar, an den beim Festival erinnert wird, ist Josef Hercl, der in diesem Jahr seinen 80. Geburtstag begangen hätte. Der Chorleiter und Dirigent hatte während der kommunistischen Zeit, als die Sakralmusik zu den unerwünschten Genres gehörte, viele neu gefundene Sakralkompositionen in der St. Jakobskirche in der Prager Altstadt zu Gehör gebracht. In einem Zyklus von Orgelkonzerten in der St. Franziskus-Kirche kann man dieses Jahr Organisten hören, die einst mit Josef Hercl zusammen gearbeitet haben. Zu Ehren des Regenschori von St. Jakob wird dann beim Abschlusskonzert Antonín Dvořáks Requiem erklingen.

Die Orgelmusik erklingt nicht nur beim erwähnten Zyklus beim St. Franziskus, sondern auch bei einem Konzert am 24. September in der St. Ludmila-Kirche in Prag-Vinohrady. Für sein Festivalkonzert stellte Organist Pavel Černý ein Programm zusammen, das ausschließlich aus Kompositionen zu St. Wenzels-Themen besteht. Es erklingen dabei auch kaum bekannte Werke, die der Organist in seinem Notenarchiv hat:

„Ich beginne nicht chronologisch mit den ältesten Kompositionen, sondern mit einem Werk von Petr Eben, der vor einem Jahr verstorben ist. Seine Komposition entstand in der bewegten Zeit von 1969 nach dem Tod von Jan Palach. Petr Eben reagierte auf die Tat von Jan Palach mit einer sehr emotionalen Orgelimprovisation auf die Melodie des Liedes ´Svatý Václave´. Dieses Lied hatte die Leute bei uns in schweren Zeiten immer ermutigt. Diese Improvisation wurde damals aufgezeichnet und in kurzer Zeit auf Schallplatte herausgegeben. Mit dieser symbolischen Komposition wird das Konzert eröffnet.“