Krise der Finanzmärkte wird sich auch auf tschechische Wirtschaft auswirken

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Nach den Einbrüchen an der New Yorker Wall Street herrscht auf den Finanzmärkten weltweit große Sorge. Martina hat mit Patrick Gschwend darüber gesprochen, welche Auswirkungen das für die Tschechische Republik haben könnte.

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Was ist denn genau passiert?

Die Finanzmärkte in den USA stecken in ihrer tiefsten Krise seit etwa 80 Jahren. In den vergangenen Tagen gab es an der Wall Street in New York ein regelrechtes Erdbeben. Mit dem Fall der viertgrößten amerikanischen Investmentbank Lehmann Brothers und der Übernahme der weltgrößten Investmentgesellschaft Merrill Lynch durch die Bank of America wurde ein vorläufiger Höhepunkt der Finanzkrise erreicht. Dies wirkt sich natürlich auch auf die Finanzmärkte in Europa aus. Sowohl in West- als auch in Mittel- und Osteuropa. Die Prager Börse schloss gestern mit einem Minus von 4,18 Prozentpunkten. In der Region Mittel- und Osteuropa traf es nur die Moskauer Börse schlimmer.

Was für Auswirkungen hat die weltweite Finanzkrise für Tschechien?

Tschechien ist ein Industrieland. Finanzgeschäfte spielen hier eigentlich keine so große Rolle spielen wie anderswo. Aber trotzdem trafen die Prager Börse die Auswirkungen so hart. Gerade das ist Anlass zur Sorge für viele Ökonomen. Einig sind sich alle Analysten darüber, dass sich die Ereignisse in den USA auf die tschechische Wirtschaft niederschlagen werden. Und auch, dass der Höhepunkt noch nicht erreicht ist. David Marek, Chefökonom von der Patria Finance, glaubt, dass sich die Finanzanlagen weltweit verschieben werden, und zwar auf vermeintlich sichere Investitionen. Das können staatliche Anleihen sein. Aber eben auch die stabilen Währungen kleinerer Länder mit solidem Wirtschaftswachstum. Und zu diesen Ländern gehört auch die Tschechische Republik. Der Kurs der tschechischen Krone steigt seit Monaten. Ales Michel, Analyst der Raiffeisenbank, ist sich allerdings sicher, dass der tschechische Bankensektor fest mit beiden Beinen auf dem Boden steht. Er erwartet nicht, dass sich durch die Krise etwas daran ändert. Ob er Recht behalten wird hängt aber natürlich davon ab, ob und wie stark Anleger nun in tschechische Wertpapiere und in die tschechische Krone investieren werden.

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Wie wird das der normale Bürger zu spüren bekommen?

Finanzkrisen wirken sich auch auf die gesamte Wirtschaftsentwicklung aus. Und diese sehr ernste Krise wird alle Länder in Europa betreffen. Das heißt zunächst einmal, dass mit einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums zu rechnen ist. Das ist in Tschechien zwar mit knapp über 4 Prozent wesentlich höher als etwa in Deutschland. Man kann deshalb hoffen, dass die Tschechische Republik von dem Abwärtssog nicht ganz so stark erfasst wird. Trotzdem werden die Probleme der wichtigsten europäischen Handelspartner sicher nicht spurlos an Tschechien vorbeigehen. Und der wichtigste Handelspartner ist Deutschland. Aber zurück zur Frage was das für die Bürger bedeutet. Wenn die Wirtschaftsentwicklung sich verschlechtert, betrifft das auch die Unternehmen und mit ihnen natürlich auch deren Angestellte. Die könnten dann von Entlassung, Gehaltskürzungen und ähnlichem bedroht werden. Michal Mejstřík, Leiter des wirtschaftwissenschaftlichen Instituts der Universität Karlovy Vary, prophezeit zum Beispiel, dass die Bedingungen sich weiter verschärfen werden unter denen die Banken hierzulande Kredite anbieten. Denn die Banken wollen natürlich ihr Risiko minimieren. Das wird dann für tschechische Unternehmen, aber auch für die Haushalte hier, unangenehme Folgen haben.