Griechen-Krise: Nervosität auch in Prag, Außenminister Schwarzenberg für Ausstiegsregelung

Karel Schwarzenberg (Foto: ČTK)

Die Schuldenkrise und die pessimistischen Aussichten für Griechenland sind derzeit das beherrschende Thema in der EU. Obwohl nicht Teil der Eurozone, schauen auch die Tschechen mit banger Mine über die Grenzen. Denn sobald die deutsche Wirtschaft hustet, wird im Nachbarland das Fieberthermometer gezückt. Wie also denken Wirtschaft und Politik in Tschechien über die Krise?

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Die Börse in Prag ist schon seit einigen Tagen unruhig. Am Wochenende wurden weitere Hiobsbotschaften aus Athen bekannt. Der Boden der Staatskasse sei bereits in Sicht, die Reserven reichten nur noch wenige Wochen, hieß es. In Deutschland führten die Meldungen erstmals in Regierungskreisen zu Spekulationen über einen möglichen Bankrott des griechischen Staates. Die Börsen in Europa reagierten am Montag mit einem weiteren Absturz. Auch in Prag sank der Aktienindex erneut, diesmal um rund 3,7 Prozent, wie die Presseagentur ČTK berichtete.

Außer an der Börse ist die Schuldenkrise zudem in den tschechischen Medien präsent, aber natürlich nicht so sehr wie in Deutschland. Doch auch hierzulande fragt man sich: Was kommt wohl als Nächstes? In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks antwortete zum Beispiel Wirtschaftswissenschaftler Jan Novotný vom renommierten Prager Institut Cerge-EI:

Jan Novotný
„Der Moment eines Bankrotts des griechischen Staates ist tatsächlich näher als je zuvor. In der vergangenen Woche haben sich eine ganze Reihe von Dingen ereignet: So haben sich zum Beispiel die amerikanischen Banken vom europäischen Schuldenproblem distanziert, es kam zu einem offenen Streit zwischen dem Chef der Deutschen Bank und der Chefin des Internationalen Währungsfonds. Ein Banker der Europäischern Zentralbank ist zurückgetreten, zufälligerweise ein Deutscher. Und diese Serie von Ereignissen hat zu einer Panik auf den Finanzmärkten geführt.“

Zusätzlich hätten die Proteste in Italien gegen Sparmaßnahmen negativ gewirkt, ergänzte Novotný.



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Antworten tschechischer Politiker auf die Schuldenkrise sind indes deutlich weniger gefragt als von ihren deutschen Kollegen. Schließlich hat das Land immer noch die Krone als eigene Währung. Doch bei den Treffen mit europäischen Kollegen gibt es derzeit kaum ein anderes Thema. So auch bei der Zusammenkunft der EU-Außenminister am Montag in Brüssel. Einige EU-Staaten wie die Niederlande und Finnland fordern mittlerweile eine Möglichkeit, um notorische Defizit-Sünder aus der Eurozone ausschließen zu können. Doch die EU-Regelungen stehen dem entgegen. Einmal beigetreten, gibt es offiziell keinen Weg mehr hinaus aus der Währungsunion. Der tschechische Außenminister Schwarzenberg befürwortet hingegen einen freiwilligen Austritt, wie er am Rande des Treffens mit seinen europäischen Amtskollegen in Brüssel dem Tschechischen Rundfunk sagte:

Karel Schwarzenberg  (Foto: ČTK)
„Sicher sollte es die Möglichkeit geben, dass ein Staat von selbst geht. Ein Rausschmiss, das ist hingegen eine sehr, sehr ernste Angelegenheit. Ich verstehe aber die Bemühungen auch in Zusammenhang mit dem Urteil des deutschen Verfassungsgerichts, durch das die Zahlungen in Zukunft wahrscheinlich sehr eingeschränkt werden. Das ist wohl die einzige Lösung.“

Eine Änderung des EU-Reformvertrags von Lissabon aber kann sich Schwarzenberg nicht vorstellen. Der Vertrag ist erst seit Dezember 2010 in Kraft und war auch wegen Zusatzforderungen des tschechischen Präsidenten Klaus nur unter großen Anstrengungen zustande gekommen. Wie auch immer die Lösung aussehen mag, Tschechien werde sich zurückhaltend äußern, fügte Schwarzenberg an.