Hilfe für Griechenland: Tschechien muss keine Direktzahlungen leisten
Die Tschechische Republik muss im Rahmen des EU-Hilfsprogramms für Griechenland keine Direktzahlungen leisten. Premier Sobotka begrüßt das Verhandlungsergebnis des Eurozone-Gipfels, Finanzminister Babiš fordert dagegen weiterhin einen „Grexit“.
Der tschechische Finanzminister Andrej Babiš (Ano-Partei) hat die jüngsten Gipfelbeschlüsse der EU vom Montag als „keinen guten Schritt“ kritisiert. Ihm zufolge werde sich die Lage in ein paar Jahren wiederholen, die Eurozone befände sich dann wieder in der gleichen Lage wie heute oder bereits im Jahr 2011. Nach Babišs Ansicht können nur der temporäre Austritt Griechenlands aus der Eurozone und ein teilweiser Schuldenerlass die Krise lösen. Die Verpflichtungen gegenüber der Eurozone würden sehr negative Folgen für die griechische Wirtschaft und Gesellschaft haben, sagte Babiš am Montag gegenüber der Presseagentur ČTK. Premier Bohuslav Sobotka begrüßte das Verhandlungsergebnis hingegen. Ein Abkommen mit harten Bedingungen für Griechenland sei besser als ein völlig zusammengebrochener Staat innerhalb von EU und Nato, teilte der Sozialdemokrat am Montag über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Der tschechische Staatssekretär für Europa-Angelegenheiten, Tomáš Prouza, äußerte sich gegenüber dem Tschechischen Fernsehen über die direkten Folgen des Hilfsprogramms für die Tschechische Republik. „Tschechien muss keine Direktzahlungen im Zusammenhang mit dem EU-Hilfsprogramm für Griechenland leisten. Es wird nur eine Haftung für das kurzfristige Darlehen übernehmen, wie es im Fall von Portugal oder Irland bereits der Fall war. Dafür gibt es Reserven im Staatshaushalt“, führte Prouza an. Nach Angaben von Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem können kurzfristige Haftungen alle Staaten der EU, darunter auch die Tschechische Republik betreffen. Eine der Varianten der Griechenlandhilfe ist eine Anleihe aus dem Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM). Tschechien würde sich an der Haftung mit 1,13 Prozent der Anleihe beteiligen, wie es seinem Beitrag im EU-Haushalt entspricht. Über den eventuellen Zwischenkredit werden die Finanzminister der Europäischen Union am Dienstag entscheiden. Die Tschechische Republik wird dort von ihrer stellvertretenden Finanzministerin Lenka Jurošková vertreten. Tschechische Analysten sagten auf Nachfrage der Presseagentur ČTK, für Griechenland sei es am wichtigsten, den Bankrott und den Austritt aus der Eurozone zu verhindern. Dies bestätigte unter anderen Tomáš Vlk von Patria Online. Der Chefökonom von ING, Jakub Seidler, bezeichnete das Abkommen als einen wichtigen Schritt. Die Wahrscheinlichkeit eines Grexits sei wesentlich gesunken, die griechische Saga sei aber noch lange nicht zu Ende, führte er an. Der Chefökonom der Finanzberatungsfirma Roklen, Lukáš Kovanda, bezeichnete das beschlossene Abkommen als eine totale Kapitulation des griechischen Premiers Alexis Tsipras. Die Vereinbarung sei aus griechischer Sicht schlechter als diejenige von Ende Juni. Mit den schlechteren Bedingungen zahle Tsipras für den Vertrauensverlust, den er durch die Ausschreibung des Referendums erlitten habe.