Fußball-EM: Tschechiens Spieler rechnen mit einem langen Turnier
Es ist wieder soweit! Ab Samstag, wenn in Basel die Europameisterschaft beginnt, wird „König Fußball“ europaweit wieder für drei Wochen das Zepter schwingen. Und die tschechische Nationalmannschaft rechnet sich durchaus gute Chancen aus, ein langes EM-Turnier zu bestreiten.
Als Tomáš Rosický am Freitag, dem 9. Mai, diese Worte sprach, wurde sein Fehlen bei der am Samstag beginnenden Fußball-Europameisterschaft traurige Gewissheit. Aber es war keine Überraschung mehr, denn der 27-jährige Mittelfeldspieler des FC Arsenal hatte sich seit längerem mit einer schmerzhaften Sehnenentzündung im Kniebereich geplagt. Der Kapitän der tschechischen Nationalmannschaft hatte alles versucht, um durch eine konventionelle Behandlung der Entzündung seinen EM-Start zu retten. Aber auch der hierzulande fast schon als Wunderheiler geltende Physiotherapeut Pavel Kolář konnte ihm diesmal nicht helfen. Für Rosický ein bitterer Moment in seiner Karriere:
“Für mich ist das natürlich eine große Enttäuschung, denn ich hatte mir sehr viel vorgenommen für dieses Jahr. Und die Saison hatte für mich auch gut begonnen. Ich habe endlich mehr Tore geschossen, was mir zuvor nur selten gelang und mir auch immer wieder vorgeworfen wurde. Deshalb habe ich mich auch gut und stark gefühlt. Jetzt aber bleibt mir nichts anderes übrig, als mich darauf zu konzentrieren, dass ich stärker denn je wieder zurückkomme.“
Doch wie stark ist nun die tschechische Auswahl ohne ihren offensiven Star? Eine Frage, die nach dem ungewollten EM-Aus für Rosický in den letzten Tagen immer häufiger gestellt wurde. Zumal auch Europas Fußballer des Jahres 2003, der für Juventus Turin spielende Pavel Nedvěd, seinen Rücktritt vom Rücktritt aus der Nationalelf ablehnt hat. Auswahltrainer Karel Brückner aber ist sich sicher, das „Problem“ im Griff zu haben:
„Man erinnert immer wieder an die Spieler, die vor fünf, zehn, ja 15 Jahren im Nationalteam gespielt haben. Ich habe aber auch jetzt sehr gute Mittelfeldspieler im Kader. Allerdings: Ihre Anerkennung und ihre Sporen müssen sie sich noch verdienen.“
Einer, der in die Rosický-Rolle schlüpfen könnte, ist David Jarolím, der unermüdliche Dauerläufer des Hamburger SV. In den beiden Prager EM-Testspielen gegen Litauen und Schottland erhielt er von Trainer Brückner endlich eine längere Einsatzchance – und er nutzte sie. Als Antreiber und Ballverteiler hinterließ er einen starken Eindruck. Als Rosický-Vertreter aber sieht er sich nicht:„Die ganze Mannschaft muss gut arbeiten, auch im Mittelfeld. Dann werden wir sehen, wie es läuft. Wir werden versuchen, Tomáš als Mannschaft zu ersetzen.“Dennoch: In der Nationalmannschaft fühlt sich Jarolím erst jetzt so richtig akzeptiert: „Na klar, wenn man mehr Raum hat im Spiel, dann läuft es besser. Das braucht man ebenso wie die Unterstützung des Trainers, die ich jetzt bekommen habe. Von daher hoffe ich, ihn nicht enttäuscht zu haben, und ich werde versuchen, auch bei der EM mein Bestes zu geben.“
Einer, der fast nie enttäuscht und daher im tschechischen Team gesetzt ist, das ist Sturmtank Jan Koller. Beim 2:0-Sieg über Litauen erzielte er nicht nur beide Tore, sondern baute damit auch seine Führung in der ewigen Torschützenliste der Auswahl auf nunmehr schon 54 Treffer aus! Das sei aber kein Wunder, denn in der Nationalelf, so der 2,02-Meter-Hüne, fühle er sich stets pudelwohl: „Jedes Tor, das ich erziele, stärkt mein Selbstbewusstsein. Ich habe es aber schon oft gesagt: Die Nationalmannschaft und der Verein, das sind in meinem Fall zwei verschiedene Paar Schuhe. Die Nationalelf liegt mir ganz einfach.“
Das kann seit der EM-Qualifikation auch ein anderer Angreifer, der kleine Flügelflitzer Libor Sionko von sich behaupten. Nach seinen zwei Toren beim 3:0 in Bratislava gegen die Slowakei steuerte er auch beim 3:1 gegen Schottland einen Tore-Doppelpack zur siegreichen EM-Generalprobe bei. Wegen saisonaler Verpflichtungen bei seinem Club FC Kopenhagen waren er und Zdeněk Pospěch erst als Letzte zum Auswahlteam gestoßen. Das aber machte die Sache für ihn nur noch pikanter: „Falls es immer so läuft, wenn ich zu spät komme, dann könnte mir das durchaus gefallen“, sagte Sionko.Noch nicht zu 100 Prozent gefallen aber hat Trainer Karel Brückner die Defensivarbeit seiner Schützlinge. Das weiß auch Kapitän Tomáš Ujfaluši, der für die momentanen Trainingstage im österreichischen Seefeld die Richtung vorgibt: „Wir müssen noch am Abwehrverhalten des gesamten Teams arbeiten, denn das wird ganz entscheidend sein. Und das bereits im Eröffnungsspiel. Dort dürfen wir keine unnötigen Fehler machen. Das Beste wäre, wenn wir keine ernsthafte Chance des Gegners zulassen.“
Ja, das Eröffnungsspiel, bei dem am Samstag im Baseler St. Jakob Park Co-Gastgeber Schweiz und die Tschechische Republik aufeinander treffen, rückt immer näher. Wie alle seine Mitspieler ist auch Jarolím überzeugt davon, dass man dafür gewappnet sei: „Das erste Spiel ist immer wichtig, auch wenn wir danach noch zwei weitere Spiele zu bestreiten haben. Aber klar, das erste Spiel wollen wir gewinnen.“Und damit nicht genug. David Jarolím weiß zudem genau, wie er und seine Teamgefährten bei der EM-Endrunde auftreten wollen: „Wir wollen kompakt auftreten und unseren Kombinationsfußball spielen. Und ich denke, es wird ganz schwer, uns zu schlagen.“
Auch Petr Čech, der Welttorhüter des Jahres 2005, bestätigt, dass Tschechiens Fußballer bei der EM durchaus einiges vorhaben: “Wir glauben daran, dass es für uns eine lange Europameisterschaft werden wird. Ich denke, es ist auch ein Vorteil für uns, dass wir gleich als Erste beginnen. So müssen wir nämlich nicht wie immer so schrecklich lange warten.“
Also dann, lasst uns nicht länger warten! Fußball-Europa freut sich auf eine tolle EM und fiebert dem Eröffnungsspiel schon heiß entgegen.
Die Tops und Flops der tschechischen Sportwoche
Der tschechische Fünfkämpfer David Svoboda hat bei der Weltmeisterschaft seiner Sportart in Budapest die Silbermedaille gewonnen. Nach den Disziplinen Schießen, Fechten, Schwimmen, Reiten und Geländelauf hatte Svoboda 5652 Punkte auf seinem Konto. Besser war nur der neue Weltmeister Ilia Frolow aus Russland, der es auf 5796 Punkte brachte. Eine Punktzahl, die unter Umständen auch für Svoboda drin war, wenn das Fechten für ihn besser gelaufen wäre:„Für meine Möglichkeiten habe ich schlecht gefochten. In dieser Disziplin war ich nur 15. oder 16. – eine Platzierung, die ich nicht gewohnt bin. Von daher habe ich im Fechten sicher einige Punkte liegen gelassen. In allen anderen Disziplinen habe ich meiner Einschätzung nach gute Leistungen hingelegt. Leistungen, die ich von mir selbst erwartet habe und die sich sehr wahrscheinlich auch meine Trainer erhofft haben.“
Einiges erhoffen für die Olympischen Spiele in Peking kann sich auch der tschechische Skuller Ondřej Synek. Auf dem Rotsee in Luzern hat er am vergangenen Sonntag das Weltcuprennen im Ruder-Einer der Herren gewonnen – gegen die komplett versammelte Weltelite. Und selbstbewusst, wie er ist, hat er auch keine Angst davor, all seine Karten vor Olympia schon offen gelegt zu haben:
„Wenn ich nicht so wie heute gerudert hätte, dann hätte ich auch nicht gewonnen. Für mich zählt nur der Sieg. Zudem will ich beim nächsten Weltcuprennen noch eine andere Taktik probieren. Dann wird man sehen, welche davon ich in Peking auspacken werde.“
Im Einerwettbewerb der Damen belegte übrigens Syneks Landsfrau Miroslava Knapková einen hervorragenden zweiten Platz.