Prozess gegen Horáková: Starkes Opernthema
Gerichtsakten scheinen kaum ein attraktives Opernthema zu sein. Trotzdem inspirierten sie den tschechischen Komponisten Aleš Březina zu seiner Oper „Und morgen wird …“. Thema der Oper ist der Schauprozess gegen die Abgeordnete Milada Horáková, die im Juni 1950 vom kommunistischen Regime zum Tod verurteilt wurde. Vor kurzem hatte die Oper ihre Weltpremiere im Theater Kolowrat, der Kleinbühne des Prager Nationaltheaters.
„Soňa Červená ist eine starke Frau. Wir wollten etwas über das Schicksal einer starken tschechischen Frau schreiben. Schließlich einigten wir uns auf Milada Horáková, weil sie eine nicht genügend reflektierte lebendige tschechische Vergangenheit ist.“
Für das Libretto, an dem er mit Regisseur Jiří Nekvasil zusammenarbeitete, benutzte Březina authentische Gerichtsakten und vertonte auch den Abschiedsbrief von Milada Horáková. Er fügte noch Texte von Dichtern Jan Vodňanský und Jan Zábrana, die die Atmosphäre der fünfziger Jahre widerspiegeln, sowie eine Kollage aus einem propagandistischen Lied von Pavel Kohout hinzu. Von diesem Lied wurde auch der Titel der Oper „Zítra se bude…“ (Und morgen wird …) abgeleitet:„Es ist eine ganz klare Anspielung an einen berühmten Liedtext von 1952. Es war die Titelmelodie eines propagandistischen Films mit dem Titel ´Morgen wird überall getanzt´.“
In der Oper erklingen nur Frauenstimmen und Kontratenor. Soňa Červená wechselt verschiedene Ausdrucksebenen: Sie trägt hart und mechanisch das Verhaftungsprotokoll vor. Die entschlossenen Worte der Verurteilten klingen wiederum eher weich und eher versöhnlich. Ein Symbol der glatten und verkehrten Macht verkörpert die kriecherische Figur, die Kontratenor Jan Mikušek darstellt. Sein Anzug ist mit Ausschnitten aus der Tagespresse bedruckt, auf denen das Wort „smrt“ (Tod) klar zu lesen ist. Kommunistische Anwälte werden vom Frauenchor Canti die Praga und von einem Kinderchor gesungen.
Die Musiksprache sei verständlich und reflektiert das ganze 20. Jahrhundert, sagte Aleš Březina, als er nach einer möglichen Aufführung seiner Oper im Ausland gefragt wurde. Das Thema des Musikwerks sei, so der Komponist, international.
„Es geht eher um einen Konflikt zwischen einer absoluten Macht und einer scheinbaren Machtlosigkeit. Scheinbar, denn das, was wir trotzdem bewahren können, ist die eigene Würde. Und die hat Milada Horáková bewahrt. Von daher ist sie die eigentliche Siegerin, historisch gesehen.“