Heimische Produkte setzen sich auch in Tschechien durch
Die globale Wirtschaft bringt uns Ware aus aller Welt. In den internationalen Supermarktketten weiß man oft gar nicht mehr, aus welchem Land das jeweilige Produkt kommt. Gegen diese Anonymität stemmen sich in vielen Ländern Werbekampagnen für regionale Erzeugnisse. Auch in Tschechien ist dies mittlerweile so.
„Das Markenzeichen garantiert vor allem den Ursprung des Produktes. Es reicht jedoch nicht, dass es in der betreffenden Region hergestellt wird. Dazu gehört vielmehr auch das, was wir ´Bedingung der Einzigartigkeit´ nennen. Das bedeutet beispielsweise eine langjährige Tradition, ein ursprüngliches Fertigungsverfahren oder die Verwendung von typischen regionalen Rohstoffen. Weitere Bedingungen sind natürlich die geprüfte Qualität des Produktes und die umweltschonende Herstellung. Darauf wird großen Wert gelegt, denn die Markenzeichen werden oftmals an Betriebe in Naturschutzgebieten vergeben.“
Der Produzent gewinnt mit der Bezeichnung „regionales Produkt“ mehrere Vorteile. Für sein Erzeugnis wird auf speziellen Webseiten und in verschiedenen Drucksachen gratis geworben. Das eröffnet ihm wieder den Weg aus der nächsten Umgebung heraus - oder sogar ins Ausland. Wenn dort beispielsweise ein Fest der Partnerstädte organisiert wird, fragt der Veranstalter nach den Spezialitäten aus der betreffenden Region und lädt die Hersteller ein. Darüber hinaus steht den anerkannten regionalen Produzenten eine Beratung bei der Vermarktung zur Verfügung. Durch Erfahrungsaustausch lässt sich zudem viel Geld ersparen.
Die Liste der anerkannten regionalen Produkte ist bereits lang: Mehr als 100 Einträge hat sie. Darunter befinden sich vor allem Lebensmittel wie Käse, Bier, Gebäck oder Mineralwasser. Auch Handwerker sind zahlreich vertreten, so zum Beispiel Pavel Sarauer aus Horní Planá / Oberplan. Er stellt seit 1991 traditionelle Böhmerwälder Täubchen her. Es handelt sich um eine Schnitzfigur aus einem einzigen Stück Holz, die mit einem Faden geschmückt ist.
„Die Herstellung von Holztauben hat in unserer Familie schon mehr als 100 Jahre Tradition. Es ist belegt, dass sich bereits mein Urgroßvater damit beschäftigt hat. Ich habe das Handwerk von meinem Vater übernommen und betreibe es als Hobby in meiner Freizeit. Das Interesse an den Täubchen ist riesengroß: Demnächst fahre ich zum Dreiländermarkt nach Passau und dann geht es Schlag auf Schlag mit den Veranstaltungen. Etwa Mitte Dezember bin ich zudem in einem Fernsehprogramm aufgetreten, und als ob es nicht reichen würde, werde ich seit diesem Moment von den Aufträgen nur so überrollt. Ich habe sogar eine Nachfrage nach 170 Stück Holztauben aus Kanada bekommen. Die Einladung zum Weihnachtsmarkt nach Kremsmünster musste ich leider ablehnen, denn auch bei uns zu Hause gibt es zu dieser Zeit einen Weihnachtsmarkt. Es wäre sehr unhöflich gewesen, daran nicht teilzunehmen. Letztes Jahr haben da die Leute die Täubchen sogar schon gekauft, als ihre Farbe noch nicht getrocknet war. Das war mir zuvor noch nie passiert, dass ich ein unfertiges Werk verkauft habe.“
Obwohl die Hersteller üblicherweise nicht gerade an Kundenmangel leiden, beantragen sie das Markenzeichen „regionales Produkt“ sehr gerne. Zu ihnen gehört auch der Kunstschmied Pavel Tasovský aus Náměšť nad Oslavou. Vor kurzem hat er in dieser Stadt einen eigenen Ausstellungsraum eröffnet. Dort stellen aber auch weitere Künstler aus der Gegend ihre Werke aus.„Ich betrachte die Vergabe des Markenzeichens nicht nur als Bewertung unserer Produkte, sondern auch als Auszeichnung für unsere Region. Hier gibt es viele Leute, deren einziges ´Pech´ ist, dass sie weit weg von der ´großen Welt´ leben. Mit dem Markenzeichen verschaffen sie sich Aufmerksamkeit. Und die Öffentlichkeit erfährt dadurch, dass Hochwertiges auch außerhalb von Prag oder Brünn entstehen kann“, so Tasovský.
Die Bezeichnung regionaler Produkte geht sogar über die Grenze hinweg. Das Gebiet „Gorolsko-Swoboda“ umfasst das Dreiländereck Tschechien, Slowakei und Polen, das historisch und kulturell eng miteinander verbunden ist. Auf allen Seiten der Grenze sind die Traditionen fast gleich und Sprachbarriere gibt es wegen der ethnisch gemischten Bevölkerung auch nicht, betont Leszek Richter vom polnischen Kulturbund in Jablunkov.
„Das größte Interesse an dem Markenzeichen kommt aus Polen, wo sich das traditionelle Handwerk am stärksten erhalten hat. Aber auch Tschechien und die Slowakei sind mehrmals vertreten. Auf der Liste stehen also zwei Eisenschmiede, ein Drahtbinder, ein Böttcher, drei Hersteller von Volkstrachten und mehrere Produzenten regionaler Feinkost. Die beste Gelegenheit, die heimischen Produkte aus dem Dreiländereck zu kaufen, gibt es beim internationalen Kulturfest in Jablunkov, das regelmäßig schon seit 1947 stattfindet. Bei dieser Veranstaltung haben die Handwerker ihren größten Absatz. Seit diesem Jahr gibt es bei uns noch eine Neuerung: Das Markenzeichen wird nun auch Hotels, Pensionen, Gaststätten und weiteren Dienstleistungsbetrieben erteilt.“
Zu den acht bestehenden Gegenden, die jeweils ein Markenzeichen „regionales Produkt“ eingeführt haben, kommen voraussichtlich bald noch weitere hinzu. Das tschechische Regional- und Umweltzentrum registriert eine steigende Nachfrage von Produzenten aus dem ganzen Land. Die Einführung eines Markenzeichens liegt aber grundsätzlich in den Händen der Regionen, sagt Iva Dyková.
„Wir müssen die Interessenten aufklären, dass wir in Prag keine Zertifizierungen vornehmen. In der Region muss zunächst eine Initiative entstehen - egal die Bürger oder eine Kommune dahinter stehen. Sie werden dann das Markenzeichen vergeben und auch die Einhaltung der Kriterien kontrollieren. In bestimmten Regionen wird dies auch von den Behörden gefördert: Auf der Böhmisch-Mährischen Höhe hat vor kurzem der Kreishauptmann die Zertifizierung vorgenommen. Grundsätzlich finde ich es aber am besten, wenn sich mehrere Produzenten zusammenschließen und einen Interessenverein gründen.“
Das Markenzeichen „regionales Produkt“ ist indes bei den tschechischen Konsumenten bisher noch wenig bekannt. Parallel gibt es nämlich die landesweite Marke „Klasa“, die das Landwirtschaftsministerium stark propagiert. Diese Marke soll den Verbrauchern ermöglichen, tschechische Lebensmittel am Markt einfach zu identifizieren. Die Praxis beim Erteilen dieses Zeichens ist jedoch in den Medien mehrmals kritisiert worden, denn die Vergabe-Kriterien garantieren keine besondere Qualität. Das ist auch der Grund, warum die Tschechen gegenüber den regionalen Marken bisher eher skeptisch sind.