Qual der Wahl vor der Wahl: Geheime oder öffentliche Abstimmung?
Beim Vorausscheid zu den Präsidentschaftswahlen in den USA sprach man dieser Tage immer wieder vom Super-Dienstag als dem „Tag der Wahrheit“. Analog dazu wird der Freitag, an dem in Tschechien die Präsidentschaftswahlen stattfinden werden, hierzulande bereits als Super-Freitag bezeichnet. Nun aber droht der Supergau – nämlich die Gefahr, dass die Wahl des neuen Staatsoberhaupts in Tschechien platzt, bevor sie eigentlich erst richtig begonnen hat.
Am Freitag soll er nun gewählt werden, der neue Staatspräsident der Tschechischen Republik. Wird es der alte, der ODS-Ehrenvorsitzende Václav Klaus sein? Oder das neue Gesicht, der tschecho-amerikanische Wirtschaftsprofessor Jan Svejnar? Wie aber soll das Staatsoberhaupt eigentlich gewählt werden – in geheimer Wahl oder in einer öffentlichen Abstimmung? Genau um diese Frage ist seit Mittwoch innerhalb der Regierungskoalition ein großer Streit entbrannt, und zwar zwischen Premierminister Mirek Topolánek und Grünen-Chef Martin Bursík. Der Hintergrund: Bursík hatte entgegen früherer Zusicherungen verkündet, dass sich die Parlamentarier seiner Partei für die Durchführung einer öffentlichen Abstimmung aussprechen werden. Den Sinneswandel begründete er damit, dass seine Partei davon Kenntnis erhalten habe, wie Miroslav Slouf, der ehemalige Chefberater des sozialdemokratischen Ex-Premiers Milos Zeman, intensiv versuche, Stimmen für Klaus in den eigenen Reihen zu ködern. Zur Erinnerung: Herausforderer Jan Svejnar ist der Präsidentschaftskandidat der Sozialdemokraten, der auch von den Grünen vorhalthaltlos unterstützt wird.
Eine verständliche Reaktion der Grünen, der eine unmissverständliche von Seiten des Premiers folgte. Er werde die Koalition auf den Prüfstand stellen, sollten die Grünen jetzt einen Rückzieher machen, tönte Topolánek. Der Hintergrund ist klar: Bei einer öffentlichen Abstimmung müssen alle Parlamentarier Farbe bekennen, ob sie sich an die Parteivorgaben halten oder nicht. Bei einer geheimen Wahl aber kann man schon einmal einen Sympathiebonus vergeben. Angesichts dieser Zuspitzung um die „Wahl vor der Wahl“ setzte Präsident Klaus noch einen drauf und meinte süffisant:
„Ich glaube abschätzen zu können, was passiert, wenn die Wahl am Freitag aus technischen Gründen zunächst nicht beginnen kann. Wenn es nämlich dazu kommen sollte, dass eine geheime Abstimmung darüber geführt werden muss, ob die Wahl eine geheime oder eine öffentliche sein wird, dann bin ich zu 100 Prozent davon überzeugt, dass man sich für die geheime Wahl entscheiden wird.“
Es sieht also momentan ganz so aus, als wenn der Super-Freitag für die Abgeordneten und Senatoren zu einem Supermarathon werden kann. Einem selbstverschuldeten allerdings, weil man wesentliche Dinge, die das Wahlprozedere betreffen, nicht frühzeitig geregelt hat. Daher haben die Vorsitzenden beider Kammern sowie die Partei- und Fraktionschefs der fünf Parlamentsparteien bis einschließlich Freitag damit zu tun, sich erst einmal über die Art der Durchführung der Präsidentschaftswahl zu einigen. Einem zweiten Vorschlag von Grünen-Chef Bursík zufolge werden sie nämlich auch noch im Schlichtungsausschuss ihre Köpfe zusammenstecken müssen.„Der zweite mögliche Weg ist der, dass Schritt für Schritt in drei Abstimmungen eine Entscheidung herbeigeführt wird. Zunächst wird die Abstimmung zur geheimen Wahl vorgenommen, die aber scheitern sollte, weil jede Kammer etwas anderes sagen wird. Dann erfolgt die Abstimmung zur öffentlichen Wahl, doch die sollte genauso fehlschlagen. Danach tritt der Schlichtungsausschuss zusammen, dem die Vorsitzenden beider Parlamentskammern sowie die Fraktionsvorsitzenden der Parlamentsparteien angehören. Im Ausschuss einigt man sich darauf, wie weiter verfahren wird. Danach sollten beide Kammern noch einmal abstimmen, die Stimmen werden nun zusammengezählt“, sagte Bursík.