Verurteilte ex-kommunistische Staatsanwältin geht in Berufung
Anfang November wurde die erste Hauptakteurin der kommunistischen Justizmaschinerie der 1950er Jahre, die 86-jährige Ludmila Brožová-Polednová, zu einer achtjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Ihre Verteidiger haben am Dienstag die Entscheidung verkündet Berufung gegen das Urteil einzulegen.
In einem der Schauprozesse der 1950er Jahre wurde auch die nichtkommunistische Parlamentarierin und Widerstandskämpferin des Zweiten Weltkriegs, Milada Horaková, zu Tode verurteilt und hingerichtet. Anklagende Staatsanwältin war damals Brožová-Polednová. Sie hat aus Gesundheitsgründen an dem Verfahren nicht teilgenommen und behauptete mittels ihrer Verteidiger, über die Manipulationen im Schauprozess nichts gewusst und an die Schuld Horakovás geglaubt zu haben. Vergangene Woche haben die Verteidiger das schriftliche Urteil bekommen und sich nun entschlossen, in die Berufung zu gehen. Die Verteidigung sei in ihren Rechten eingeschränkt worden, da sie zu den einzelnen Beweisen nicht Stellung nehmen durfte. So ein Argument von Vladimir Kolář, Rechtsanwalt der Angeklagten.
Gerade die Prozessfehler hätten auf eine ausschlaggebende Weise das Urteil des Gerichts beeinflusst, sagte Kolař gegenüber dem Tschechischen Rundfunk. Außerdem behauptet die Verteidigung, dass die Tat von Brožová bereits verjährt sei. Sie stützt sich dabei auf ein Gesetz aus dem Jahr 1852, das das Gericht in seiner Urteilsbegründung nicht erwähnt haben soll. Eine höhere Gerichtsinstanz hatte vor einiger Zeit die Strafverfolgung des ehemaligen kommunistischen Staatsanwalts Karel Vaš wegen Beihilfe zum Justizmord aufgrund dieses Gesetzes eingestellt. Der Rechtsanwalt Kolář spricht von einer Parallele zum Fall Brožová-Polednová.
„Dieses Gericht hat sich mit diesem Gesetz im Prinzip nicht befasst. Anders war es im Fall von Dr. Vaš. Das Oberste Gericht Prags hat das Urteil des Stadtgerichts aufgehoben und Vašs Strafverfolgung gerade aufgrund der Verjährung eingestellt. Dabei ist es ein durchaus vergleichbarer Fall.“
Wie oft bei einem Gerichtsverfahren kommt es auch auf einzelne Wörter an, mit denen die eine oder die andere Seite jongliert. So war es auch in diesem Fall. In der Formulierung des Urteils für Brožová-Polednová hat die Verteidigung einen angeblichen Widerspruch zwischen dem mündlich und schriftlich gefällten Gerichtsurteil festgestellt:
„Der Richter sprach von einem Entzug von acht Jahren, von einem Freiheitsentzug war überhaupt keine Rede. Acht Jahre Entzug – das kann doch alles Mögliche sein.“
Bereits bei der Urteilsverkündung hat der Richter Petr Braun konstatiert, dass Brožová-Polednová wohl keinen einzigen Tag von der Freiheitsstrafe absitzen werde. Er unterstrich aber die Bedeutung der moralischen Verurteilung für dieses Verbrechen, das er als Justizmord bezeichnete. Nun bleibt also abzuwarten, ob der Richter Recht hatte.