Schauprozess gegen Milada Horakova: Nach 57 Jahren muss Staatsanwältin vor Gericht

Ludmila Brozova-Polednova, Zweite von links (Foto: Lidove noviny, 31.7.2007)

Nach 57 Jahren wird der Schauprozess, den das kommunistische Regime gegen Milada Horakova inszenierte, erneut im Gerichtssaal behandelt. Die damalige Anklägerin Ludmila Brozova-Polednova soll sich vor Gericht für ihre Teilnahme an dem konstruierten Gerichtsverfahren verantworten, das 1950 mit dem Todesurteil gegen Milada Horakova endete.

Sie ist wohl das bekannteste Opfer der kommunistischen Schauprozesse in der Tschechoslowakei. Am 27. Juni 1950 wurde Milada Horakova hingerichtet, zusammen mit drei Mitangeklagten. Sie war die einzige Frau, die in der kommunistischen Tschechoslowakei aus politischen Gründen hingerichtet wurde. Ludmila Brozova-Polednova war als Staatsanwältin an dem Schauprozess beteiligt. Die heute 80jährige wird nun wegen Mittäterschaft an einem Mord angeklagt. Dazu Martin Omelka, Sprecher der städtischen Staatsanwaltschaft in Prag:

"Nach der Überprüfung des schriftlichen Materials wurde die Entscheidung getroffen, dass Anklage erhoben wird. Es drohen zwischen 12 und 15 Jahren Haft."

Das Verhalten der jetzt angeklagten Ludmila Brozova-Polednova habe im Widerspruch auch zur damals gültigen Rechtsordnung gestanden, so Omelka weiter. Bei dem Material von dem die Rede ist, handelt es sich um Dokumente aus dem Nationalarchiv sowie Abschriften von Rundfunk- und Fernsehmaterial über den Prozess gegen Milada Horakova. Das Material beweist offenbar, dass die Anklägerin schon damals gewusst haben musste, dass es sich bei dem Prozess gegen Horakova um eine reine Inszenierung handelte. Ilja Pravda vom Amt zur Dokumentation und Untersuchung der kommunistischen Verbrechen:

"Der Vorsitzende des staatlichen Gerichts bemerkt in seinem Bericht für das Justizministerium, dass damals die Urteile bereits vor dem Gerichtsverfahren festgelegt wurden."

Die Juristin und Politikerin Milada Horakova war während des Zweiten Weltkriegs im antinazistischen Widerstand aktiv und jahrelang von den Nazis inhaftiert. Nach dem Krieg saß sie als Abgeordnete für die Partei der tschechoslowakischen Nationalen Sozialisten im Parlament. Horakova vertrat einen politischen Pluralismus. Nach der kommunistischen Machtergreifung im Februar 1948 legte sie aus Protest ihr Abgeordnetenmandat nieder. Sie wurde schließlich in einem neuntätigen Schauprozess wegen Hochverrats, Spionage und umstürzlerischem Verhaltens zum Tode verurteilt und hingerichtet. Das Urteil wurde im Jahr 1968 aufgehoben, rehabilitiert wurde Horakova aber erst 1990.

Ludmila Brozova-Polednova ist die einzig Beteiligte, die sich wegen des Schauprozesses gegen Horakova vor Gericht verantworten muss. Von den damaligen Akteuren leben nur noch zwei. Vor einigen Jahren verfolgte die Polizei den damaligen leitenden Ermittler, Milan Moucka. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren aber im Jahr 2003 ein.

Die achtzigjährige Ludmila Brozova-Polednova lebt heute in Pilsen, in der Nähe des Milada Horakova-Platzes.