Tschechisches „Attentat von Sarajevo“ - heute vor zehn Jahren

Václav Klaus, 1997 (Foto: CTK)

Beim Stichwort „Attentat von Sarajevo“ denken die Geschichtskenner an die Ermordung des habsburgischen Thronfolgers Franz Ferdinand und seiner Gemahlin Sophia im Juni 1914. Hierzulande hat sich die Bezeichnung „Attentat von Sarajevo“ aber auch für ein Ereignis in der jüngsten Vergangenheit Tschechiens eingebürgert, das zwar keinen Weltkrieg, aber ein politische Auseinandersetzung ausgelöst hat.

Václav Klaus,  1997  (Foto: CTK)
Das tschechische „Attentat von Sarajevo“ ereignete sich genau vor zehn Jahren. Sein „Opfer“, der damalige Regierungschef und Vorsitzende der Demokratischen Bürgerpartei (ODS), Vaclav Klaus, hat es aber überlebt. Dabei standen am Anfang die Zeichen für ihn nicht gut. Im Herbst 1997 bricht die Koalitionsregierung aus ODS, Christdemokraten (KDU-CSL) und der heute nicht mehr existierenden Demokratischen Bürgerallianz (ODA) auseinander. Als Ursache erweisen sich die ODS-Affären, in der es um falsche Sponsoren, Fälschungen in der Buchführung der Partei und um den Verdacht von geheimen Parteikonten ging.

„In der Finanzierung der ODS gab es Fehler, die wir hundert oder tausend Mal gestanden haben und für die wir einen enormen politischen Preis zahlen mussten“,

sagte Vaclav Klaus damals über die angespannte politische Situation in und außerhalb seiner Partei. Die ODS-Parteiführung, aber auch die Regierung verlässt dann zunächst Außenminister Josef Zieleniec, einer der Mitbegründer der Partei. Als einen der Gründe seines Rücktritts nennt er das undurchsichtige Finanzierungssystem der ODS. Gegen die politische Führung der Partei stellen sich bald danach auch zwei weitere Mitglieder, Ivan Pillipp und Jan Ruml. Man schreibt den 28. November 1997, und Jan Ruml sagt vor laufenden Kameras im Namen der neu entstandenen innerparteilichen Oppositionsplattform:

Jan Ruml,  Ivan Pillipp und Josef Lux  (v.l.n.r; Photo: CTK)
„Da Vaclav Klaus als Vorsitzender der Demokratischen Bürgerpartei bis jetzt nicht in der Lage war, die außerordentlich schwerwiegenden Beschuldigungen gegen die ODS glaubwürdig zu entkräften, fordern wir ihn auf, unverzüglich von seinem Posten als Parteivorsitzender zurückzutreten.“

Vaclav Klaus befindet sich an dem Tag in Sarajevo. Am 29. November verlassen die Koalitionsparteien KDU-CSL und ODA das Kabinett. Seitdem spricht man hierzulande von dem „Sarajevo-Attentat.“ Am 30. November kündigte Klaus seinen Rücktritt als Regierungschef an, in der Position des Parteivorsitzenden konnte er sich aber auch danach behaupten – dank der Unterstützung innerhalb der Partei, aber auch eines Teils der Öffentlichkeit.

Vaclav Klaus´ Kritiker verloren also den Kampf innerhalb der Partei und mussten sie verlassen. Im Januar 1998 gründeten sie eine neue Partei – die Freiheitsunion (US). Sie gibt es heute nicht mehr. Jan Ruml und Ivan Pilipp haben längst die hohe Politik verlassen. Und was aus Vaclav Klaus geworden ist, das ist bekannt. Trotz des „Sarajevo-Attentats“ wurde er nach den vorgezogenen Neuwahlen 1998 für vier Jahre Vorsitzender des Abgeordnetenhauses. 2002 wurde er zum Staatspräsidenten der Tschechischen Republik gewählt. Und seit Donnerstag ist er nun der offizielle Präsidentschaftskandidat der ODS für eine weitere Amtszeit - der bisher einzige.