Parteiporträt Nr. 2: Bürgerdemokraten (ODS)
Die Bürgerdemokratische Partei, kurz ODS, ist die einzige Partei, die kurz nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes entstanden ist und bis heute überlebt hat. Die ersten freien Wahlen nach dem Fall des Kommunismus brachten vor 20 Jahren dem Bürgerforum (OF) einen glänzenden Sieg. Mit den freien Wahlen wurde jedoch eines der wichtigsten Ziele des Bürgerforums erfüllt. Die Gruppierung, die während der Revolutionstage im November 1989 entstanden ist, spaltete sich Anfang 1991 in zwei Strömungen: die Bürgerbewegung (OH), die alsbald von der politischen Szene verschwand, und die künftige Bürgerpartei (ODS).
Diese wurde im April 1991 als eine demokratische rechts orientierte Partei mit einem konservativen Programm gegründet. Zum Parteivorsitzenden wurde Václav Klaus gewählt, der seit dem Herbst 1990 das Bürgerforum geleitet hatte.
Die ODS ist zu einer der einflussreichsten politischen Kräfte in der Tschechischen Republik geworden. Sie gewann die Wahlen 1992 und 1996. Klaus war Premierminister. Kritische Momente erlebte die ODS 1997: Im Zusammenhang mit einer Parteispendenaffäre wurde der ODS-Chef Klaus im Herbst 1997 von den Vizechefs Ruml und Pilip zum Rücktritt aufgefordert. Da sich Klaus gerade auf einer Reise in Sarajevo befand, wurde dieses Ereignis auch das „Attentat von Sarajevo“ genannt. Die beiden Koalitionspartner der ODS verließen damals das Regierungskabinett. Es folgte der Rücktritt der Regierung Klaus. Trotzdem wurde Klaus einen Monat später wieder zum Parteichef gewählt, seine Kritiker gründeten dann eine neue Partei, die Freiheitsunion.
1998 erreichte die ODS ein unerwartet gutes Wahlergebnis, sie schloss damals den sog. „Oppositionsvertrag“ mit der sozialdemokratischen Minderheitsregierung des Wahlsiegers Zeman. In den Parlamentswahlen 2002 erreichte die ODS das historisch zweitschlechteste Ergebnis. Václav Klaus stellte damals sein Amt als Parteichef zur Verfügung: Zu seinem Nachfolger wurde Mirek Topolánek gewählt. 2006 wurde die ODS mit 35 Prozent der Stimmen wieder die stärkste politische Kraft im Abgeordnetenhaus.
Nach der Wahlniederlage in den Regional- und Senatswahlen im Herbst 2008 wurden Topoláneks Kritiker innerhalb der ODS immer lauter. Die Reihen der ODS verließ auch der Ehrenvorsitzende und Parteigründer Václav Klaus. Zum Sturz des Kabinetts Topolánek im März 2009 trugen schließlich auch zwei ODS-Abgeordnete bei. Auf den Druck der Parteispitze gab Topolánek nun im März dieses Jahres den Parteivorsitz auf. Mit der Parteiführung wurde mitten im anlaufenden Wahlkampf zu den Abgeordnetenhauswahlen Petr Nečas beauftragt. Bei den Wahlen erreichte die ODS mit 20,2 Prozent der Stimmen zwar ihr historisch schlechtestes Resultat, kam jedoch trotzdem auf Platz 2 und ihr Chef Nečas wurde mit der Regierungsbildung beauftragt. Für den Politologen Robert Schuster ist die ODS bestimmt regierungsfähig, aber künftig werde sie etwas mit ihrer Ideenlosigkeit machen müssen:
„Die ODS war von Václav Klaus als eine stark auf die Marktwirtschaft orientierte Partei konzipiert worden. Alles andere außer Wirtschaft war aus der Sicht der ODS unwichtig. Dann hat die ODS versucht, sich in die Mitte zu bewegen, auf einmal soziale Themen zu entdecken. Jetzt weiß sie nicht: Soll sie diesen Kurs fortsetzen, soll sie sich etwas so zu sagen ´menschlicher´ präsentieren so wie die britischen Tories unter David Cameron oder soll sie wieder zu dieser Dogmatik unter Václav Klaus zurückkehren? Das ist jetzt die Frage für die Zukunft bei der ODS.“
Zurzeit führt die ODS mit zwei weiteren Parteien der potenziellen Mitte-Rechts-Koalition, der TOP 09 und der Partei der Öffentlichen Angelegenheiten, Gespräche über die künftige Regierung.