Tschechiens Bierbrauereien verzeichnen einen neuen Exportrekord

Für den Deutschen "das liebste Kind" ist das Auto. Doch was für den Deutschen das Auto, ist für den Tschechen das Bier. Das spiegelt sich jedenfalls auch in der neuesten Bilanz der tschechischen Bierproduktion wider.

Wirtschaftsmeldungen

Foto: Archiv Radio Prag
Die tschechische Wirtschaft boomt, das Bruttoinlandsprodukt steigt jährlich um fünf bis sechs Prozent - darüber haben wir schon mehrfach berichtet. Aber drückt sich diese positive Entwicklung auch im Portemonnaie der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus? Mit Sicherheit, wie die jüngst vom Tschechischen Amt für Statistik verbreiteten Kennzahlen zum hiesigen Arbeitsmarkt verdeutlichen. Danach ist der durchschnittliche Bruttomonatslohn in Tschechien im zweiten Quartal dieses Jahres um 7,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Demzufolge verdienen die Tschechen derzeit im Schnitt 21.462 Kronen im Monat, was einem Betrag von umgerechnet 780 Euro entspricht. Das sind 1480 Kronen bzw. 54 Euro mehr als zum gleichen Zeitpunkt des vorigen Jahres. Nach Abzug der Inflation hat sich der reale Bruttomonatslohn um 4,9 Prozent erhöht. Und nach Meinung von David Marek von der Finanzagentur Patria Finance wird sich diese Lohnentwicklung auch im zweiten Halbjahr dieses Jahres fortsetzen:

"Wir rechnen damit, dass auch in der zweiten Jahreshälfte die Löhne in relativ schneller Folge ansteigen werden. Und das aus gutem Grund, denn die positive wirtschaftliche Entwicklung im Land wird auch im nächsten Jahr anhalten. Das wiederum sollte dazu führen, dass die Löhne auch im Jahr 2008 weiter nach oben klettern werden."

Hinter die Fassade geschaut

In ökonomischer Hinsicht ist es immer ein- und derselbe Wirtschaftszweig, in dem die Tschechische Republik allgegenwärtig ist und mit dem sie sich im Weltmaßstab bestens repräsentiert - die Bierindustrie. Bei einer Bilanzpressekonferenz, die jüngst in Prag stattgefunden hat, wusste das auch der Vorsitzende des Tschechischen Verbandes der Brauereien und Mälzereien, Frantisek Krakes, herauszustreichen:

"Wenn wir uns die Entwicklung vom Jahr 2000 bis heute ansehen, dann können wir festhalten: Im ersten Halbjahr des Jahres 2000 haben wir einen Bierausstoß von 8,9 Millionen Hektolitern verzeichnet, im ersten Halbjahr dieses Jahres wiederum einen Bierausstoß von 9,9 Millionen Hektolitern. Das ist um eine Million Hektoliter mehr als vor sieben Jahren. Diese Zahl ist vor allem deshalb interessant, weil von den Analytikern allgemein ein Rückgang des Bierverbrauchs prognostiziert wurde. In den westeuropäischen Ländern ist der Bierkonsum auch tatsächlich zurückgegangen, in unserem Land aber Gott sei Dank nicht. Trotzdem: Dass die tschechische Bierproduktion unabhängig davon gestiegen ist, ist nicht nur auf das im Jahresdurchschnitt schönere Wetter zurückzuführen, sondern insbesondere auf den gestiegenen Export."

Der Bierexport, den die böhmischen, mährischen und mährisch-schlesischen Brauereien in den ersten sechs Monaten dieses Jahres realisiert haben, kann sich in der Tat sehen lassen:

"Exportiert wurden 1,777 Millionen Hektoliter Bier, was einem Zuwachs von 4,2 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres entspricht. Diese Menge ist gleichzeitig neuer tschechischer Exportrekord. Die Pilsener Urquellbrauerei mit ihren Betrieben in Pilsen, Nosovice und Velke Popovice, die Brauereien Staropramen und die Budweiser Budvar-Brauerei haben hierzulande das meiste Bier produziert und sind ebenso die größten Bierexporteure des Landes."

Die drei genannten Großbrauereien sind jedoch mit Ausnahme der Brauerei in Ceske Budejovice / Budweis keine ausgemachten Export-Spezialisten. Zu ihnen gehören vielmehr auch zwei kleinere Brauereien, die auf einen erstaunlich hohen Exportanteil beim betrieblichen Bierausstoß verweisen können, betont Krakes:

"Die Lobkowicz-Brauerei erzielte einen Exportanteil von 81,1 Prozent an der eigenen Bierproduktion. Auf dem zweiten Platz liegt die Brauerei in Vratislavice nad Nisou / Maffersdorf mit 65,5 Prozent, an dritter Stelle die Königliche Brauerei Krusovice mit 49,7 Prozent und auf dem vierten Rang die Brauerei Budweiser Budvar mit 47,6 Prozent."

Das stabil hohe bzw. weiter gewachsene Exportaufkommen der tschechischen Brauereien ist ein beredter Ausdruck dafür, dass das "Beer made in Czech" international nach wie vor einen außerordentlich guten Ruf genießt und dass es für viele seiner Konsumenten einfach nicht mehr wegzudenken ist. Die Rangfolge der wichtigsten Importländer von tschechischem Bier hat sich daher auch nicht wesentlich geändert:

"Auf dem ersten Platz liegt nach wie vor Deutschland mit einem Exportanteil von 37 Prozent. Auf dem zweiten Rang folgt weiterhin die Slowakei mit einem Anteil von 16,1 Prozent. Bei diesem Zahlenwert muss man jedoch hinzufügen, dass darin nicht die Lizenzproduktion von tschechischem Bier in der Slowakei enthalten ist. Dann wäre der Anteil noch um einiges höher. Auf dem dritten Platz liegt England mit einem Anteil von 8,1 Prozent, an vierter Stelle die Vereinigten Staaten mit sechs Prozent, an fünfter Stelle Schweden mit 5,6 Prozent, und auf dem sechsten Rang Russland mit 5,4 Prozent. Aber auch bei Russland ist im Exportanteil nicht die eigene Lizenzproduktion von tschechischem Bier enthalten."

Dass von Krakes bereits zweimal angesprochene Phänomen, die von tschechischen Brauereien in andere Staaten ausgelagerte Lizenzproduktion des eigenen Bieres, verstellt letztlich sogar den realen Blick dafür, wie hoch der Ausstoß von tschechischem Bier im ersten Halbjahr dieses Jahres tatsächlich war.

"Mehrere unserer Großbrauereien haben gerade im Zeitraum von 2000 bis 2007 mit der Lizenzproduktion ihres Bieres in benachbarten Ländern wie Polen und der Slowakei oder in wirtschaftlich attraktiven Ländern wie Russland begonnen. Das bedeutet, dass sich der Export tschechischen Bieres in diese Staaten um die Menge der hier getätigten Lizenzproduktion verringert hat. Wenn das nicht der Fall wäre, dann hätte sich der heutige Export unseres Bieres im Vergleich zum Jahr 2000 nicht nur verdoppelt, sondern meiner Meinung nach mindestens verdreifacht! Das tschechische Bier ist eben ein Phänomen, das faktisch in der ganzen Welt anzutreffen ist."

Zur ausgewogenen Produktpalette der tschechischen Brauereien gehören neben dem Fassbier, neben hellem und dunklem Bier, dem Lagerbier Pilsener Brauart sowie mehreren Spezialbieren in letzter Zeit immer mehr auch alkoholfreie Biere. Insbesondere im zurückliegenden Jahr ist deren Produktion um nicht weniger als 90 Prozent gestiegen. Frantisek Krakes nennt den Grund dafür:

"Am dynamischsten wächst das Segment der alkoholfreien Biere. Ein großes Maß dieses Booms ist der neuen Straßenverkehrsordnung einschließlich der Einführung des Strafpunkte-Systems zu verdanken. Deshalb konnten sich besonders die Autofahrer noch schneller von der meiner Meinung nach sehr guten Qualität des alkoholfreien Bieres unserer Brauereien überzeugen."

Mittlerweile haben die Brauereien aus Böhmen, Mähren und Mährisch-Schlesien schon mehr als 20 Sorten alkoholfreien Bieres auf den Markt gebracht. Eine für das kleine Tschechien durchaus beachtliche Anzahl. Oder um es klarer zu formulieren: Eine Zahl, die ebenso verdeutlicht, dass dort, wo Bier aus tschechischen Sudpfannen abgefüllt und in den Handel gebracht wird, Bierkenner und -konsumenten nicht weit entfernt sind.