Gebrselassie siegt mit Weltrekord in Ostrava - Aber: Wohin führt der Weg des Spitzensports?

Haile Gebrselassie (Foto: CTK)

Leichtathletik, Tennis, Kanusport und Fußball - in diesen vier Sportarten haben sich tschechische Akteure in der vergangenen Woche besonders hervorgetan. Der Leistungssport der Gegenwart wird jedoch immer häufiger auch von seinen negativen Auswüchsen wie Doping und Korruption überschattet. Und darüber wird auch in Tschechien debattiert und diskutiert.

Die Tops und Flops der tschechischen Sportwoche

Haile Gebrselassie  (Foto: CTK)
Das traditionelle Leichtathletik-Meeting "Zlata tretra" - übersetzt das Golden-Spike-Meeting, das jedes Jahr im nordmährischen Ostrava / Ostrau stattfindet, ist die einzige Leichtathletik-Veranstaltung hierzulande, die als ein IAAF Super Grand Prix ausgetragen wird. Daher geht jedes Mal ein mit klangvollen Namen besetztes Teilnehmerfeld an den Start, von dem andererseits auch internationale Höchstleistungen erwartet werden. Nicht anders war es auch am vergangenen Mittwoch, als das Meeting zum 46. Male über die Bühne ging. Doch die hochgeschraubten Erwartungen konnte eigentlich nur einer vollends erfüllen - der Äthiopier Haile Gebrselassie. Im Langstreckenlauf über eine Stunde zeigte er sich in einer prächtigen Verfassung und stellte gleich zwei neue Weltrekorde auf. Die ersten 20 Kilometer durchlief er in 56:25,98 min und nach genau einer Stunde hatte er die Strecke von 21.825 Meter zurückgelegt. Verständlich, dass der 34-jährige Ausnahmeläufer nach dem Rennen höchst zufrieden war:

"Ich bin überaus glücklich. Sicher, ich habe diesen Weltrekord gewollt, und nun habe ich ihn. Ich hatte nur ein wenig Angst vor zu starkem Wind, aber die Bedingungen waren hervorragend. Mit einer solch großartigen Unterstützung durch die Zuschauer habe ich nicht gerechnet. Zu Beginn des Laufes war sie ja auch nicht besonders groß, aber nach der Hälfte des Rennens war die Stimmung im Stadion einfach phantastisch."

Aber auch unter den einheimischen Startern fand sich an jenem Abend zumindest eine Athletin, die nach dem Wettkampf bis über beide Ohren strahlte - die Stabhochspringerin Katerina Badurova. Zwar musste sie sich in einer starken Konkurrenz der russischen Weltrekordinhaberin Jelena Isinbajewa geschlagen geben, aber mit übersprungenen 4,66 Meter schaffte sie immerhin einen neuen tschechischen Landesrekord. Deshalb lächelte die hübsche Katerina auch freudig in die Kameras, als sie den Journalisten Rede und Antwort stand:

Katerina Badurova  (Foto: CTK)
"Ich habe schon bei den vorangegangenen Wettkämpfen gespürt, dass ich die Rekordhöhe drauf habe. Der Stabhochsprung ist jedoch eine unberechenbare Disziplin, bei der man manchmal schon an einer niedrigen Höhe hängen bleibt. Heute aber lief es richtig gut bei mir, auch mit dem etwas härteren Stab. Auch das Wetter hat mitgespielt, es wehte eine leichte Brise, aber es war nicht kalt. Es war einfach ein Superwettbewerb."

Nur sechs Tage später machte eine andere junge Tschechin ein weiteres Mal auf sich aufmerksam - die erste 18-jährige Tennisspielerin Nicole Vaidisova. Beim dritten Grand-Slam-Turnier des Jahres, den All-England-Championships in Wimbledon, traf sie im Achtelfinale auf die französische Titelverteidigerin Amelie Mauresmo. Wie ein Jahr zuvor beim Roland Garros-Turnier in Paris sowie im Herbst beim Hallenturnier in Moskau setzte sich auch diesmal die gebürtige Nürnbergerin durch. In drei Sätzen bezwang die hoch gewachsene Blondine die Ex-Weltranglisten-Erste mit 7:6, 4:6 und 6:1. Besonders im dritten und entscheidenden Satz war Vaidisova klar die Bessere, was sie nach der Partie so kommentierte:

Nicole Vaidisova  (Foto: CTK)
"Nun, ich denke, mein erstes Aufschlagspiel war noch hart umkämpft. Dann aber ist mir gleich ein Break zum 2:0 gelungen, und von da an lief es sehr gut für mich."

Sehr, sehr gut lief es auch am vergangenen Wochenende für die tschechischen Wildwasser-Kanuten, die beim Weltcupslalom in Prag in nicht weniger als drei Konkurrenzen den Sieg davontrugen. Zum davor letzten Male war ihnen das 1999 im slowenischen Ljubljana gelungen. Hinzu kamen außerdem ein zweiter und ein dritter Platz. Die drei Siege gehen auf das Konto der Ex-Weltmeisterin im Kajak-Einer der Damen, Stepanka Hilgertova, an der Canadier-Einer Stanislav Jezek sowie an den erst 20-jährigen Vavrinec Hradilek, der ganz überraschend den Kajak-Einer-Wettbewerb der Herren gewann. Die Freude über diesen Erfolg war ihm dann auch anzumerken:

Vavrinec Hradilek  (Foto: CTK)
"Mein Vorsprung aus dem ersten Lauf war relativ groß, also hätte ich mir durchaus für den zweiten Lauf eine besondere Taktik zurechtlegen können. Aber ich wollte auch im Finallauf alles geben und mich nicht schonen, daher habe ich gepowert so gut es ging. Ich mag solche Rennen, bei denen eine prächtige Kulisse die Wettkämpfer anfeuert. Die Zuschauer waren prima, ich muss mich für ihre Unterstützung bedanken. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl für mich, dieser Sieg, und dann noch vor einheimischen Publikum: Einfach super!"

Nicht gewonnen, aber dennoch überzeugt, hat die tschechische Fußball-Nationalmannschaft der Unter-20-Jährigen in ihrem Auftaktspiel bei der U-20-WM in Kanada. Denn in diesem musste sie sich mit dem amtierenden Titelverteidiger, der Auswahl Argentiniens auseinandersetzen, der sie ein torloses Remis abtrotzte. Mit diesem Ergebnis war dann auch der tschechische Trainer Miroslav Soukup mehr als zufrieden:

"Ich muss sagen, dass ich in dem Spiel ein gutes Stück gealtert bin. Aber die Argentinier haben wirklich gezeigt, warum sie bei den U-20-Jährigen Weltmeister sind. Sie haben das ganze Spiel über dominiert und sich kaum vom Ball trennen lassen. Im Gegensatz dazu sind wir nur sehr schwer zu eigenen Angriffen gekommen. Dennoch muss ich den Jungs ein pauschales Lob aussprechen. Denn das Remis gegen den Weltmeister war nur möglich, weil die Mannschaft als Team eine außergewöhnliche Leistung geboten hat. Ich denke, das sollte uns genügend Auftrieb geben für unsere weiteren Spiele bei der WM."

In ihrem zweiten WM-Duell trennten sich die tschechischen Nachwuchsfußballer am Dienstag in Ottawa von den gleichaltrigen Kickern aus Nordkorea 2:2. Aufgrund des Unentschiedens verpasste das tschechische Team die vorzeitige Qualifikation für das Achtelfinale. Dazu benötigt sie nun einen Sieg in ihrem abschließenden Gruppenspiel am Freitag gegen Panama.

Die SPORT- Reportage

Ilustrationsfoto: Jimmy Lemon,  stock.XCHNG
Die am Samstag zum 94. Mal beginnende Tour de France wird nicht mehr so hofiert wie früher, weil bei ihr das Doping quasi mitfährt. Die populärste Sportart unseres Planeten, der Fußball, gerät immer häufiger ins Zwielicht, weil im Fußball inzwischen jede Menge Geld umgesetzt wird. Und da ist die Korruption nicht weit. Doping und Korruption im Sport sind mittlerweile zwei alltägliche Erscheinungen, die man auch in Tschechien längst wahrgenommen hat. Und über die man auch debattiert und diskutiert. Zum Beispiel erst jüngst bei einem Diskussionsforum in Prag, das von der Initiative "Osma" (Die Acht) unter dem Thema "Der Sport hat sich abgenabelt" veranstaltet wurde. Stargast des Forums war der in Tschechien sehr populäre TV-Sportkommentator Jaromir Bosak. Und Bosak sieht auf den Spitzensport der Zukunft durchaus nicht nur rosige Zeiten zukommen:

"Wenn ich den Spitzensport aus dem Blickwinkel des Dopings heraus betrachte, so habe ich die große Befürchtung, dass das Doping in 20 Jahren schon eine ganz normale Sache sein wird, weil es womöglich sogar legalisiert wurde. Trotzdem hoffe ich, dass das Doping nicht obsiegen wird. Der Spitzensport wird sicherlich noch kommerzialisierter sein als heute. Denn immer mehr Fernsehsender werden um die Übertragungsrechte kämpfen. Auch das Internet mit seinen noch nicht auslotbaren Möglichkeiten wird da eine große Rolle spielen. Für herausragende Leistungen werden die Spitzensportler auch weiterhin sehr gut bezahlt werden. Mich stört es nicht, wenn ihr jeweiliger Brötchengeber bereit ist, Millionen an sie zu zahlen. Das wird weiterhin durch Angebot und Nachfrage geregelt. Es geht aber darum, dass der Spitzensport eine Sache bleibt, die sowohl den Akteuren als auch den Konsumenten Spaß bereitet. Wenn er aber zu einer traurigen Gewohnheit werden sollte, dann ist das der direkte Weg in die Hölle. Ich hoffe aber, dass weder ich noch meine Nachkommen den Weg in die Hölle miterleben müssen. Ich hoffe vielmehr, dass auch meine Kinder weiterhin davon schwärmen werden, wie schön es ist, sich gleich nach dem Mittag auf das Fahrrad zu schwingen und ein paar Kilometer an frischer Luft zu bolzen."

Autor: Lothar Martin
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