Europas Nr. 1: Tschechien wird Magnet für Logistik- und Service-Center

Die Tschechische Republik wird als Wirtschaftsstandort immer attraktiver. In den zurückliegenden Monaten und Jahren haben gleich mehrere internationale Großkonzerne umstrukturiert und in Tschechien Logistik-Zentralen errichtet. Auf diesem Gebiet ist die Tschechische Republik in kürzester Zeit zur Nummer eins in Europa aufgestiegen und liegt im Weltmaßstab auf dem siebten Platz. Was hinter dieser Entwicklung steckt, dazu mehr von Lothar Martin.

Die internationalen Konzerne wollen sparen. Deshalb verlegen sie immer häufiger ihre IT-Center, ihre Buchhaltung oder ihre Telefonzentralen in die Tschechische Republik. Denn hierzulande können die damit verknüpften Arbeiten von ebenso gut qualifizierten, aber billigeren Arbeitnehmern ausgeführt werden. Und nahezu ideal ist die geografische Lage Tschechiens. Europas größter und weltweit drittgrößter Softwarehersteller, die deutsche SAP AG, stellt zum Beispiel von Prag aus die Buchhaltung und Personalverwaltung für alle SAP-Filialen in Europa sicher. "Das bedeutet, dass wir von Tschechien aus mit 25 Ländern in mehr als 50 Sprachen kommunizieren", erklärte dazu SAP-Manager Ralph Neukirchen. Alexandr Pilar, der Exekutive IT-Direktor und DHL-Vizepräsident, kann auf ähnliche Zahlen verweisen:

"Unser Service-Center ist eines von mehreren globalen DHL-Zentren. Es ist vor drei Jahren entstanden und hat heute rund 1200 Beschäftigte. Im Wesentlichen stellt es Dienstleistungen für die DHL-Filialen in der ganzen Welt sicher."

Das Logistikunternehmen DHL ist mit 285.000 Mitarbeitern in 220 Ländern der weltweit größte Express-Versender. Daher ist man in Tschechien stolz, dass ein solcher Globalplayer sein europäisches IT-Center nach Prag verlegt hat.

Nach Angaben von Agenturen zur Unternehmensförderung haben die internationalen Konzerne in den Auf- und Ausbau ihrer Service-Center in Tschechien schon über 15 Milliarden Kronen (ca. 540 Millionen Euro) investiert. Dank dieser Investitionen konnten 20.000 neue Arbeitslätze geschaffen werden.

"Das liegt vor allem daran, dass wir konkurrenzfähige Preise, eine stabile Position als EU-Mitglied und eine entwickelte Infrastruktur haben",

erklärt Roman Cermak, der Generaldirektor der Staatsagentur Czechinvest, den seiner Meinung nach begründeten Run von ausländischen Unternehmen für die Errichtung ihrer Service-Center in Tschechien. Denn der wesentliche Vorteil liege klar auf der Hand, meint der Analytiker der Agentur Cyrrus, Jan Prochazka:

"Der größte Vorteil, auf dem das ganze System der Auslagerung von Dienstleistungen beruht, ist die Verringerung der Kosten. Folglich steigt der Gewinn, nicht zuletzt deshalb, weil die Steuerlast gesenkt wird."

Tschechische Firmen allerdings nutzen die internationalen Service-Center bisher höchst selten. Bei der Errichtung von eigenen Telefonzentralen zum Beispiel gehen sie in Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit, um bei den Löhnen zu sparen. Weil aber auch hierzulande die Durchschnittslöhne ständig steigen, werden auch die tschechischen Unternehmen in Zukunft immer häufiger die Dienste solcher Service-Center in Anspruch nehmen, meinen die Wirtschaftsanalytiker.