Zurück nach Hause: Deutsch geschriebene Literatur bei Knihobrani - Buchlese in Prag

Eine Art symbolische Auferstehung sollte es sein. So haben zumindest die Veranstalter den mehrstündigen Lesemarathon unter dem Titel Knihobrani / Buchlese angekündigt. Dieser fand am Donnerstag zwischen 14.00 und 22.00 Uhr im Prager Cafe Manes statt. Diese Aktion lief in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut, dem Österreichischen Kulturforum und einer ganzen Reihe weiterer Kulturinstitutionen. Der Hauptveranstalter war das Theaterfestival deutscher Sprache in Prag. Jitka Mladkova war dabei:

Geladen wurden Gäste aus den Bereichen Politik, Wirtschaft und Kultur, kurzum Literaturfreunde und Anhänger des Theaterfestivals. Sie lasen aus deutsch geschriebenen Werken von Autoren, die aus Böhmen stammten oder über Böhmen schrieben oder aber auf irgendeine andere Weise mit Böhmen verbunden waren. Ihre Namen wurden Jahrzehnte lang entweder absichtlich verschwiegen, weil sie den Machthabern nicht ins Konzept passten, oder sie gerieten einfach in Vergessenheit.

Nun sollen sie "zurück nach Hause", so ein Slogan des Lesemarathons, der auf die hierzulande deutsch geschriebene Literatur als Bestandteil des Kulturerbes dieser europäischen Region hinweist. Es war aber auch ein wahrer Zuhör-Marathon. In einer Verschnaufpause habe ich Jitka Jilkova, die Direktorin des Theaterfestivals deutscher Sprache, ans Mikrophon gebeten:

Glauben Sie, dass mit diesem Lesemarathon der Grundstein für eine neue Tradition gelegt wurde?

"Ich möchte es nicht verschreien! Wenn man sich jetzt hier umsieht, also etwa sechs Stunden nach dem Beginn des Lesemarathons, kann man schon sagen, dass da ein interessiertes Publikum sitzt und dass auch viele Vorleser gekommen sind, bis jetzt bereits um die 60. Also könnte es schon eine Tradition werden!"

Es gibt aber auch längere Lesemarathons. Könnten Sie sich künftig ein 24-Stunden-Lesemarathon vorstellen?

"Wir haben ursprünglich sogar an 33 Lesestunden gedacht. Das schien uns dann doch ein bisschen viel zu sein und vielleicht auch zu riskant. Mal sehen, wir müssen noch darüber sprechen, wie es in Zukunft aussieht."

In der kurzen Zeit, die ich da bin, habe ich im Publikum auch namhafte Persönlichkeiten der Kultur gesehen. Wie haben eigentlich die Leute auf ihre Einladung reagiert, an der Lesung teilzunehmen?

"Zuvorkommend, wie man sieht. Es war absolut kein Problem, sie dazu zu bringen, mitzumachen."

Eine Passage, die in Bruno Adlers Buch "Kampf und Polna" an das Verhalten des tschechoslowakischen Präsidenten T.G.Masaryk während der so genannten "Hilsner - Affäre erinnerte, las Arnost Goldflamm. Den Schauspieler, Regisseur und Schriftsteller aus dem südmährischen Brno / Brünn fragte ich, ob das Thema des Lesemarathons gut gewählt war:

"Ganz bestimmt ist es gut. Ich persönlich liebe auch die deutsche Literatur, namentlich Broch, Robert Musil oder Doderer, wie auch die gesamte deutsche Prager Literatur. Ich habe selbst auch wiederholt zum Beispiel Kafka inszeniert, oder auch Josef Roth und andere. So eine Aktion wie hier ist eigentlich der einzige Weg, die beiden Kulturen zu vernetzen und daraus etwas zu schaffen, was man hier schon längst hätte haben können: Eine ganz normale Kommunikation in diesem Bereich."