Ministerin vergleicht Roma-Umsiedlung mit Vertreibung der Deutschen und fordert Hilfsgelder
Der Aufschrei war groß, als der Christdemokrat Jiri Cunek im Herbst vergangenen Jahres mehrere Roma-Familien aus Vsetin /Wesetin umsiedeln ließ. Doch Konsequenzen folgten keine. Im Gegenteil, für Cunek ging es nach der umstrittenen Tat sogar steil bergauf in der Karriere. Nachfolgend wurde er Vorsitzender seiner Partei und dann sogar Minister. Selbst die Grünen, denen das Thema Menschenrechte eigentlich unter den Nägel brennen müsste, akzeptierten Cunek im Kabinett. Allerdings ist seit Januar die Grünen-Politikerin Dzamila Stehlikova als Ministerin ohne Portefeuille für Minderheitenrechte zuständig. Am Montag wurde sie erstmals laut.
"Die Abschiebung von mehreren Familien fand mitten in der Nacht statt, wobei diese nicht wussten, wohin es geht und was sie erwartet. Das lässt die Frage aufkommen, ob wir wirklich schon im 21. Jahrhundert angekommen sind."
Was im Oktober geschah, lässt sich so zusammenfassen. Jiri Cunek, der damals Oberbürgermeister der mährischen Stadt Vsetin war, wollte dort ein baufälliges Haus räumen lassen. Das Problem: In diesem Haus wohnten zu dem Zeitpunkt Familien, die für die Anmietung anderer Wohnungen kein Geld hatten. Cunek ließ diese Familien, die meist der Roma-Minderheit angehören, zu einem Teil in Container-Häuser am Stadtrand bringen. Zum anderen Teil wurden sie aber in rund 200 Kilometer entfernte Gemeinden im Altvatergebirge gebracht. Und dort warteten auf die Roma-Familien erneut baufällige Häuser. Laut Dzamila Stehlikova ein unhaltbarer Zustand. Die Ministerin fordert nun für diesen Teil der umgesiedelten Familien 1,5 Millionen Kronen (rund 52.000 Euro) an Unterstützung.
"Die Gelder gehen an die Gemeinden respektive die wohltätigen Organisationen, die zusammen mit den Familien die Gebäude wieder bewohnbar machen. Das heißt, sie bessern die Schäden an der Elektrik aus, schließen die Haushalte an die Trinkwasserversorgung an und schaffen Auffangbecken für die Abwässer."Stehlikova will, dass die Gelder in ein, spätestens zwei Monaten da sind. Wie die Ministerin weiter sagte, haben die betroffenen Gemeinden selbst keine finanziellen Mittel. Deswegen sollen die Stadt Vsetin und der Kreis Zlin zahlen. Beitragen soll aber auch das Ministerium für Regionalentwicklung, das Ressort, dem ausgerechnet Jiri Cunek vorsteht. Und Cunek stemmt sich bisher gegen die Hilfsgelder für die Geschädigten seiner eigenen politischen Kurzschlusshandlung. "Unsere Großzügigkeit hat Grenzen", schrieb der Minister für Regionalentwicklung am Montag in einer Presseerklärung.
Mehr Entgegenkommen zeigt die Stadt Vsetin. Laut der Sprecherin des Magistrats sei man bereit zu verhandeln. Zudem haben sich dem Fall auch unabhängige Organisationen angenommen: Ombudsmann Otakar Motejl will bis Ende des Monats einen Bericht vorlegen und Wissenschaftler der Masaryk-Universität in Brünn / Brno arbeiten an einer Studie, die der Regierungsrat für Fragen der Roma-Minderheit in Auftrag gegeben hat.