Regierungsgespräche erneut gescheitert - Aufregung um versteckte Kamera

Jiri Paroubek (Foto: CTK)

Wieder sind die Gespräche über die Bildung einer mehrheitsfähigen Regierung in Tschechien an einem toten Punkt angelangt. Die Sozialdemokraten (CSSD) und die Bürgerdemokraten (ODS) haben sich in den letzten Tagen nicht darauf einigen können, aus welchen Parteien eine Übergangsregierung bestehen und wie lang ihr Mandat sein soll. Zudem ist der Chef der Sozialdemokraten, Jiri Paroubek, aufgebracht und hat vorerst jede weiteren Treffen abgesagt. Denn die demokratische Bürgerpartei soll angeblich versucht haben, heimlich Abgeordnete der Sozialdemokraten abzuwerben.

Jiri Paroubek  (Foto: CTK)
Er wolle keine Viererkoalition, wie sie von den Bürgerdemokraten vorgeschlagen wird. Das war die Hauptbotschaft, die der Chef der Sozialdemokraten, Jiri Paroubek, für die Öffentlichkeit parat hatte.

"Die Gründe liegen darin, dass in einer solchen Regierung neben uns nur Rechts- und Mitte-Rechts-Parteien wären", erläuterte Paroubek. "Wir könnten dann einen großen Teil unseres Programms nicht durchsetzen. Die einzige Oppositionskraft wären die Kommunisten, die bei einer solchen Lösung bei den nächsten Wahlen Stimmen auf Kosten der Sozialdemokraten gewinnen könnten. Und das ist sicher nicht im Interesse des ganzen Landes."

Vorstellen kann sich Paroubek hingegen eine Regierung zusammen mit den Bürgerdemokraten und eventuell noch den Christdemokraten. Diese sollte aber, und das ist ein weiterer Streitpunkt, bis zum Sommer 2009 amtieren und ein umfassendes Reformprogramm aufsetzen. Die Grünen schreibt Paroubek hingegen ab. An ihnen stört den Chef der Sozialdemokraten, dass sie so schnell wie möglich vorgezogene Neuwahlen wollen. Dazu sagte der stellvertretende Vorsitzende der Grünen, Petr Stepanek:

"Diese Variante ist nicht neu, sie wird von den Sozialdemokraten bereits seit einigen Monaten immer wieder vorgeschlagen. Wir stehen derzeit weiterhin hinter dem Projekt einer Viererkoalition mit vorgezogenen Neuwahlen. Falls dies nicht gelingt, sind wir bereit, in die Opposition zu gehen."

Martin Bursik  (links) und Mirek Topolanek  (Foto: CTK)
Die Positionen sind also die alten, doch liegen die Regierungsgespräche aus einem anderen Grund derzeit komplett auf Eis. Ein enger Berater von Mirek Topolanek soll versucht haben, sozialdemokratische Angeordnete zur Unterstützung einer Regierung ohne Sozialdemokraten abzuwerben. Er wurde vom Tschechischen Fernsehen/ Ceska Televize mit versteckter Kamera dabei gefilmt, wie er herausposaunte, die Gespräche mit der Sozialdemokratischen Partei seien nur fingiert. Weiter sagte, er: Wenn die Abwerbung klappe, werde man - so wörtlich - "die Sozen zum Teufel schicken". Paroubek fordert nun, dass sich Topolanek von den Äußerungen seines Beraters distanziert. Erst dann würden sich die Sozialdemokraten mit den Bürgerdemokraten wieder an einen Tisch setzen. Bisher hat sich Topolanek dazu nicht geäußert, aber der Berater selbst ließ wissen, dass er mit seinen Worten nur seine Privatmeinung ausdrücken wollte.

Unter dem Strich steht nun Bürgerdemokraten-Chef Topolanek erneut mit leeren Händen da. Dabei hatte Präsident Vaclav Klaus am heutigen Montag von ihm einen Bericht über den Verlauf der Koalitionsgespräche erwartet. Doch Klaus sagte das Treffen kurzfristig ab.