Regierungsbildung Nummer zwei bedeutet mehr Druck auf Topolanek
Heute wird Premier Mirek Topolanek zum neuen tschechischen Premier ernannt. Allein schon dieser Satz klingt mehr nach des Kaisers neuen Kleidern als einer wirklichen Lösung der Regierungskrise in Tschechien. Schließlich bieten sich Topolanek auch nicht mehr als die bisherigen Möglichkeiten, um eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus zu finden. Der Politologe Jiri Pehe glaubt aber, dass die Verhandlungen zwischen den Parteien anders als bisher verlaufen könnten.
"Der Auftrag zur Regierungsbildung ist sehr weit gefasst, und in der Stellungnahme der Parteiführung sagen wir, dass wir uns nicht fürchten, auch bisher erfolglose Varianten zu entstauben genauso wie neue anzubieten."
Doch welche neuen Varianten der Regierungsfindung könnten dies sein. Eigentlich wurde alles bereits erfolglos durchgekaut: die große Koalition aus ODS und Sozialdemokraten, die Dreierkoalition aus ODS, Christdemokraten und Grünen, die Tolerierung eines ODS-Minderheitenkabinetts durch die Sozialdemokraten sowie eine Regenbogen-Koalition aus allen Parlamentsparteien außer den Kommunisten. Dennoch hält Politologe Jiri Pehe den zweiten Versuch zur Regierungsbildung nicht von vornherein für gescheitert.
"Der zweite Versuch wird meiner Meinung nach eine etwas andere Dynamik haben als der erste. Mirek Topolanek wird stärker unter Druck stehen, sich zu einigen, und dies auch von Seiten seiner Partei", sagte Jiri Pehe in der Talkrunde "Stop Studio" des Radiosenders Cesky rozhlas 6.
Dem Politologen nach gingen die Politiker beim ersten Versuch der Regierungsbildung ohne größeres Überlegen auf Konfrontationskurs. Jetzt seien die Spielregeln und Ziele aber anders, findet er:"So könnte ich mir vorstellen, dass es nun gelingt, eine Minderheitsregierung mit der ODS auszuhandeln, die die Sozialdemokraten unterstützen. Das wäre nicht notwendigerweise eine Regierung, die das Land gleich zu vorzeitigen Neuwahlen führen würde, sondern mit einem längeren Mandat, das vielleicht erst 2008 in vorgezogenen Neuwahlen mündet. Oder die ganze Sache kippt, und es entsteht eine große Koalition."
Laut Jiri Pehe würde nämlich ein zweiter ergebnisloser Versuch der Regierungsbildung praktisch das politische Aus für Topolanek bedeuten. Zudem seien auch viele Neu-Parlamentarier jeder Couleur nicht gerade erpicht auf vorgezogene Neuwahlen, weil diese ihre bis dahin kurze politische Karriere schnell beenden könnten. Ein mögliches Fehlschlagen des zweiten Versuchs birgt zudem ein weiteres Risiko. Denn dann ginge die Runde an den Parlamentspräsidenten, der anstelle von Präsident Klaus nun einen Politiker mit dem dritten Versuch einer Regierungsbildung beauftragen würde. Doch hat der sozialdemokratische Vorsitzende des Abgeordnetenhauses, Miloslav Vlcek, bereits angekündigt, stattdessen lieber zurücktreten zu wollen. Tschechien könnte auf diese Weise auf eine ernste Verfassungskrise zusteuern.