Abgehört - Polizei bespitzelt angeblich Politiker und Journalisten
Die neue tschechische Regierung ist kaum einen Monat im Amt, und schon fährt sie schweres Geschütz gegen ihre politischen Gegner auf. Auf einer Pressekonferenz am Mittwoch war Innenminister Ivan Langer mit der Nachricht herausgeplatzt, dass die Polizei angeblich rund 20 Politiker und Journalisten abhören lasse. Verwanzt seien sogar die Gebäude des Parlaments und des Tschechischen Rundfunks. Mittlerweile hat Ivan Langer veranlasst, dass sich die Staatsanwaltschaft mit der Sache beschäftigt. Spitzenpolitiker der regierenden Bürgerlichen Demokraten beschuldigen das Vorgängerkabinett, die Bespitzelung angeordnet zu haben. Mehr dazu von Till Janzer.
"Ich will Beweise dafür, dass ich mein Amt missbraucht habe. Die Bürgerlichen Demokraten sollen doch beweisen, dass jemand auf meinen Vorschlag hin abgehört wurde oder auf Vorschlag der Regierung, was gesetzeswidrig wäre. Die Sondersitzung des Parlaments soll sich damit beschäftigen. Wir wollen Beweise!"
Innenminister Langer behauptet allerdings, dass die Vorwürfe nicht aus der Luft gegriffen seien. Und eines will er schon gar nicht: klein beigeben.
"Falls Jiri Paroubek glaubt, ich würde mich einschüchtern lassen: Das tue ich nicht. Ich kann nicht schweigen und werde auch nicht schweigen. Als Innenminister, der seine Kompetenzen kennt, tue ich alles dafür, dass die ganze Sache aufgeklärt wird", so Langer.
Die Aufklärung tut in jedem Fall Not. Denn vor den tschechischen Parlamentswahlen im Juni war ein Polizeibericht an die Öffentlichkeit gelangt. Der Autor des eigentlich geheimen Papiers beschuldigte darin die damalige sozialdemokratische Regierung, dass sie politischen Druck auf Ermittlungsarbeiten der Polizei ausübe. Bis heute sind auch diese Vorwürfe noch nicht geklärt.Und nun die neuen Anschuldigungen, dass gar Politiker bespitzelt wurden. Der frühere sozialdemokratische Innenminister Frantisek Bublan hält dies jedoch für undenkbar: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendein Richter anordnen würde, dass Minister, Abgeordnete oder das Parlament abgehört werden. Das würde niemand wagen."
Also doch nur ein Sturm im Wasserglas? Falls tatsächlich nichts an den Vorwürfen sei und die neue Regierung bei der außerordentlichen Sitzung des tschechischen Parlaments keine Beweise für die Bespitzelung vorlegen könne, dann solle sie zurücktreten. Das fordert zumindest Ex-Premier Jiri Paroubek.