Keine Angst vor Stadt: Prag-Urlaub mit Kindern
Urlaub, das müssen nicht immer zwei Wochen am Meer sein. Immer beliebter wird in den letzten Jahren der Städtetourismus: zwei, drei Tage eintauchen in eine fremde Welt! Gerade Prag ist mit seinem einzigartigen Stadtbild und der verkehrsgünstigen Lage zu einem der attraktivsten Ziele in Mitteleuropa geworden - Kulturreisende und Jungverliebte wissen das längst. Kann man die Stadt aber auch mit Kindern entdecken? Thomas Kirschner hat in einer neuen Ausgabe von Forum Gesellschaft nachgefragt.
"Wir habe die schöne und erlebnisreiche Burg besichtigt! Wir sind auf den Turm gestiegen. Da gibt es eine tolle Aussicht und wir haben ganz viele Fotos gemacht!"
"Heute Abend gehen wir noch ins Schwarze Theater!"
"Und wir wollen noch Boot fahren! Mit Tretbooten auf der Moldau",
berichten Max, Felix und Philipp durcheinander. Alle drei wohnen in kleinen Orten, Philipp und Felix in der Nähe von Bonn, Max bei Bremerhaven - keine Großstadtkinder also. In Prag gibt es aber genügend Orte, um dem hektischen Stadttreiben für eine Zeit zu entkommen. Das historische Spiegelkabinett auf dem Petrin-Hügel zum Beispiel. Nach zwei Tagen Prag eine der Hauptattraktionen, nicht nur für Max:
"Da gibt es ein Spiegellabyrinth, das war sehr lustig, weil die anderen immer gegen die Wände gelaufen sind. Und dann gibt es da noch die Spiegel, die eine dicker machen, oder kleiner oder länger - das war auch lustig!"
"Mir hat die Karlsbrücke am besten gefallen. da gab es ganz viele Musiker und Leute haben da Bilder und Andenken verkauft, und man konnte sich auch selbst malen lassen!"
"Ich wollte den Kindern unbedingt Prag zeigen, weil ich Prag sehr liebe, seit Jahren immer wieder herkomme und auch zu Hause viel davon erzähle. Und deshalb wollte ich, dass die Kinder das sehen."
Als Reiseführer durch Prag ist Rüdiger bestens qualifiziert: Seit mehr als zehn Jahren leitet er mit einem Freund eine Agentur für Studienreisen in Bonn. Angefangen hat damals alles mit studentischen Reisen - natürlich nach Prag. Eine Fahrt mit Kindern aber ist etwas anderes. Die Erwachsenen, neben Rüdiger noch dessen Schwester und die Tante von Max, wollen diesmal mehr Begleiter als Anleiter sein. Im Mittelpunkt stehen die Kinder selbst, sagt Rüdiger:
"Ich habe mir von vornherein gesagt: Ich zeige jetzt nicht das, was ich am Schönsten finde, sondern ich warte, wie sich alles entwickelt: Wie reagieren die Kinder auf die Stadt? Was ist überhaupt möglich in so einer Stadt? Ich bin noch nie mit Kindern in dieser Altersklasse in eine Großstadt gereist. Von zu Hause aus Bonn kenne ich das eher als Stress: Man muss so viel machen in der Stadt, man hat so viel vor. Und deshalb habe ich mir gedacht, dass es nur gehen kann, wenn ich gar nichts vorhabe. Und das hat sich prima entwickelt."
Das Rezept: volles Mitspracherecht für die Kinder. Und das ist keine leere Floskel. "Wir haben das alles abgesprochen und zusammen abgestimmt", erklärt Philipp. Max rückt das noch ein wenig zurecht: "Eigentlich haben wir Kinder das selber entschieden." Für die Erziehungsberechtigten heißt das aber auch: akzeptieren, dass die Kinder in Prag anderes wollen als sie selbst. Zum Beispiel durch alle Souvenirgeschäfte stöbern, so wie Philipp:"Ja, wir wollen vor allem einkaufen gehen, weil hier alles so billig ist, und dann brauchen wir auch noch ein paar Andenken."
"Das habe ich schnell gemerkt: das Interesse der Kinder liegt hier ganz enorm auf den Geschäften", berichtet Rüdiger mit leichtem Achselzucken. "Wenn ich Prag bin, dann interessieren mich Souvenirläden nicht, aber die Kids finden das super, das muss man akzeptieren. Und sie entdecken auch viele Dinge, die ich noch nie gesehen habe, und das ist dann auch wieder für mich spannend."
Lässt man den Kindern aber Platz für Ihre Interessen, dann kann man bald feststellen, dass sie auch das Prag jenseits der Einkaufspassagen wahrnehmen:
"In Prag gibt's viel mehr Geschäfte als in Bonn, aber auch viel mehr Kirchen und Paläste und kulturelle Sachen", fällt Felix auf. Und Max fügt an: "Ich fand die ganzen alten Häuser interessant! Die sind ganz anders gebaut als in Deutschland, und die sehen ziemlich cool aus." Das meint auch Philipp: "Also ich finde, dass hier alles viel kunstvoller gemacht ist - hier ist alles viel mehr verziert, mit Figuren und so - auch die Häuser!"
Aber auch die Eltern haben Wünsche: Ein Programmpunkt durfte für Rüdiger nicht fehlen. Der studierte Gartenarchitekt hat seine Diplomarbeit über den Lobkowitz-Garten geschrieben, der sich hinter der heutigen deutschen Botschaft erstreckt:"Also das lag mir schon sehr am Herzen, da wenigsten einmal mit den Kindern durchzugehen. Wir haben gestern auch eine Gartentour gemacht und sind durch die Gärten zu der Burg hoch gelaufen."
"Rüdiger hat uns viel über Gärten erklärt. Aber da gab es auch eine Bühne, und da musste dann jeder von uns etwas vorführen", erzählt Felix. Improvisiertes Theater statt einem steifen Bildungsausflug - es liegt in der Hand der Eltern, den Prag-Ausflug auch für die Kinder zugleich spannend und entspannt zu gestalten. Möglichkeiten bietet die Stadt jedenfalls zuhauf, meint Rüdiger:
"Wenn es um entspannte Ort geht, würde ich auf jeden Fall die Kleinseite empfehlen und die Gärten der Kleinseite, die auch ohne spezielles Garteninteresse für Kinder sehr spannend zu entdecken sind. Dann natürlich den Petrin-Hügel, der ist auch prima zum Picknicken, wenn das Wetter danach ist, und da kann man auch Ballspielen. Außerdem natürlich Boot fahren auf der Moldau. Wenn es richtig heiß ist, kann man außerdem das Freibad im Sarka-Tal empfehlen, das ist zusammen mit dem Naturschutzgebiet rundum auf jeden Fall einen Tag wert - und bei schlechtem Wetter auf jeden Fall das Technische Museum."
Und die Kinder bringen dann auch ohne dicht gedrängtes Bildungs- und Besichtigungsprogramm einen Berg von Eindrücken mit nach Hause - und nebenbei auch ein paar Worte Tschechisch, sowie Max:"Dobry den, dekuju und so, also guten Tag und danke - die wichtigsten Sachen eben."
Mit der richtigen inneren Einstellung und einer guten Portion Gelassenheit steht einer Prag-Reise mit Kindern nicht im Wege. Rüdiger jedenfalls kann sein Experiment nur zur Nachahmung empfehlen:
"Und zwar als zweiten Sommerurlaub, wenn man mit den Kindern schon irgendwo war und den Wasserurlaub hinter sich hat. Dann kann man sagen: jetzt noch mal drei Tage Stadt, ich möchte mit den Kindern Kultur erleben und noch etwas machen - dafür ist das gut geeignet."
Und das sieht auch Max so:
"Am liebsten würden wir natürlich noch länger hier bleiben - also ich auf jeden Fall!"