NATO: Tschechien muss den Zugang zu Geheimdokumenten beschränken

Das Zentralorgan der Nordatlantischen Allianz (NATO) hat der Tschechischen Republik die gelbe Karte gezeigt. Der Grund: Die NATO ist unzufrieden damit, dass in Tschechien ein relativ hoher Personenkreis Zugang zu strategischen Informationen des Militärbündnisses und zur Europäischen Union hat. Das geht aus einem Inspektionsbericht der NATO hervor, der vor kurzem veröffentlicht wurde. Welche Konsequenzen man hierzulande aus diesem Bericht ziehen will, dazu nun ein Bericht von Lothar Martin.

Alle Personen, die in Tschechien auch weiterhin Zugang zu Geheimdokumenten der NATO und der EU haben wollen, müssen aller Voraussicht nach eine zusätzliche Bescheinigung dafür erwerben. Die Überprüfungen, denen sie sich zuvor auf nationaler Ebene unterzogen haben, werden nämlich nicht mehr ausreichen. Eine solch verschärfte Regelung hat die NATO von Bündnispartner Tschechien verlangt. Deshalb bereite die Nationale Sicherheitsbehörde (NBU) derzeit eine entsprechende Gesetzesnovelle zur Abstimmung im neuen Abgeordnetenhaus vor, erklärte jüngst NBU-Direktor Petr Hostek. "Die NATO toleriert für gewöhnlich, dass der Präsident, der Premier und die Vorsitzenden der Parlamentskammern keine Überprüfung vorweisen müssen. Eine solche aber müssen Abgeordnete, Regierungsvertreter, Richter oder Advokaten nachweisen, wollen sie je nach Geheimnisgrad Zugang zu NATO-Dokumenten haben", sagte Hostek und ergänzte:

"Es ist mehr oder weniger so, dass alle Personen, die weiterhin Zugang zu den NATO-Geheimdokumenten haben wollen, sich einer Überprüfung unterziehen sollten. Im August will uns die NATO kontrollieren, in welcher Art und Weise wir die Auflagen aus dem Inspektionsbericht umsetzen wollen. Ich hoffe, dass wir die Spitze des Eisbergs schon ein wenig abstumpfen und wir unsere Verbündeten in der NATO bereits davon überzeugen konnten, dass auch in Tschechien der Umgang mit Geheiminformationen so gewährleistet wird, wie es der europäische Standard erfordert."

Petr Hostek  (Foto: CTK)
Falls die Tschechische Republik aber die von der NATO geforderten Standards nicht erfüllt, kann es durchaus passieren, dass die Allianz selbst Tschechien den Zugang zu den Geheiminformationen des Bündnisses begrenzt, hatte der NBU-Direktor schon früher gewarnt. Der Sicherheitsexperte der größten Parlamentspartei, der ODS-Abgeordnete Jan Vidim, ist jedoch der Ansicht, dass es eigentlich gar nicht erforderlich sei, den Personenkreis für den Umgang mit solchen Dokumenten gesetzlich zu verkleinern. Er begründete seine Meinung so:

"Ich bin dafür, dass der Zugang zu diesen Geheimdokumenten lediglich auf die Repräsentanten der Exekutive, also auf die Minister begrenzt wird. Andererseits möchte ich aber nur darauf hinweisen, dass ich vier Jahre lang Vorsitzender des parlamentarischen Ausschusses für Verteidigung und Sicherheit war, und dass während dieser gesamten Zeit weder an mich noch an den Ausschuss je ein Geheimdokument der NATO oder der Europäischen Union adressiert wurde."

Sei es wie es sei, die Nationale Sicherheitsbehörde will dem Abgeordnetenhaus jedenfalls bald die erwähnte Gesetzesnovelle zur Abstimmung vorlegen. Wann es aber zu einer eventuellen Zustimmung oder Ablehnung der Novelle kommt, hängt ursächlich damit zusammen, wann das neue Unterhaus endlich beschlussfähig sein wird. Denn siebeneinhalb Wochen nach den Wahlen hat das gesetzgebende Organ immer noch weder einen Vorsitzenden noch legitimierte Ausschüsse.