Regierungsbildung: Präsident Klaus greift ein, um einen Kompromiss zu finden
Die sich als schwierig erwiesene Regierungsbildung in Tschechien rückt womöglich in ihre finale Phase. Denn nachdem die von Bürgerdemokratenchef und Wahlsieger Mirek Topolanek geführten Koalitionsverhandlungen mehr als fünf Wochen lang noch zu keinem konkreten Ergebnis geführt haben, ist nun am Donnerstag und Freitag erstmals auch Staatspräsident Vaclav Klaus aktiv in die Verhandlungen nach einem tragfähigen Kompromiss eingetreten. Lothar Martin mit einem Überblick zu den Gesprächen von Klaus mit den Vorsitzenden der fünf Parlamentsparteien.
"Ich habe Klaus die möglichen Varianten der weiteren Entwicklung beschrieben mit dem klaren Hinweis darauf, dass die Position der Christdemokraten nur auf das Projekt der Dreierkoalition hinauslaufe, das ich immer noch nicht für tot halte."
Grünen-Chef Bursik wiederum hob hervor:
"Hier habe ich mich nicht ein einziges Mal mit der Frage beschäftigt, dass man sich sorgen müsse, die Grünen könnten sich drehen und eine Regierung von Sozialdemokraten und Kommunisten unterstützen."
Soweit denken die Kommunisten wohl eher nicht. Aber ihnen war die Freude anzumerken, dass ihr Vorsitzender erstmals von einem tschechischen Präsidenten zu separaten Gesprächen empfangen wurde. Vojtech Filip sieht es so:"Es ist ein Ausdruck dessen, dass der Präsident ein realistischer Politiker ist, der die tschechische Politszene genau wahrnimmt und dem klar ist, dass solange eine Partei die Verhandlungen blockiert, sie zu keinem Ergebnis kommen."
Und Filip nutzte seine Chance, um gleich mit folgendem Kompromissvorschlag aufzuwarten: Die Kommunisten seien für die Wahl eines sozialdemokratischen Abgeordnetenhauschefs, der aber für den verfassungsrechtlichen Fall, einen neuen Premierminister vorschlagen zu müssen, sich vorher mit den Chefs aller fünf Parlamentsparteien abzustimmen habe.
Einen Tag später, nachdem sich Klaus mit Noch-Premier und Sozialdemokratenchef Jiri Paroubek getroffen hat, ist Filips Initiative aber womöglich nur noch Makulatur. Denn er, so Paroubek, habe dem Präsidenten vorgeschlagen, ein Dreier-Treffen mit ihm und ODS-Chef Mirek Topolanek einzuberufen, an dessen Ende ein großer historischer Kompromiss stehen werde. Das riecht nach einer Neuauflage des so genannten Oppositionsvertrages oder einer anderen Variante der Tolerierung der Bürgerdemokraten durch die Sozialdemokraten. Wahlsieger Topolanek indes ist schon fast verzweifelt darüber, dass ihm selbst die lang ersehnte parlamentarische Führungsposition unter Umständen nicht in das Büro des Ministerpräsidenten einziehen lässt.