Regierungsbildung: Noch mal von vorne
Eine Koalition aus ODS, Christdemokraten und Grünen wird es in Tschechien vorerst nicht geben. Soviel steht gut zwei Monate nach den Parlamentswahlen fest. Das Bündnis, auf das sich Vertreter aller drei Parteien kurz nach den Wahlen geeinigt hatten, verfügt nicht über die nötige Stimmenmehrheit im Abgeordnetenhaus - alle Bemühungen, die Sozialdemokraten zu einer Tolerierung der Koalition zu bringen, sind gescheitert. Wahlsieger Topolanek muss bei der Regierungsbildung nun komplett umsatteln.
"Wir haben den Staatspräsidenten ersucht, mir als ODS-Vorsitzenden offiziell das Mandat zur Regierungsbildung zu erteilen. Und zwar entweder zur Bildung einer Minderheitsregierung, die Reformen anstrebt, sich gegen Korruption stellt und die gesamte Legislaturperiode im Amt bleibt. Oder aber zur Bildung einer Übergangsregierung mit einem begrenzten Mandat, die einen fließenden Übergang zu vorgezogenen Neuwahlen ermöglicht."
Das Mandat zur Regierungsbildung erhielt Topolanek von Klaus am Freitag immer noch nicht, stattdessen setzte der Präsident dem Wahlsieger erneut eine Frist, innerhalb derer der ODS-Chef jetzt eine Einigung mit den Sozialdemokraten des scheidenden Premierministers Jiri Paroubek erzielen soll:"Ich erwarte bis zum 11. August ein Ergebnis ihrer Verhandlungen. Und erst auf der Grundlage dieses Ergebnisses werde ich über meine weiteren Schritte entscheiden."
Dass Klaus sich erst nach zwei Monaten in die Regierungsbildung eingeschaltet hat, stieß auf heftige Kritik bei den Grünen, die Ende vergangener Woche die Zusammenarbeit mit der ODS aufgekündigt hatten. Grünen-Chef Martin Bursik äußerte am Wochenende im öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen den Verdacht, Klaus habe lediglich seine Wiederwahl 2008 im Auge und wolle sich dafür die Stimmen der beiden größten Parteien sichern. Daher auch die Bemühungen des Präsidenten um eine Zusammenarbeit von Sozialdemokraten und ODS, so Bursik. Die Grünen favorisieren vorgezogene Neuwahlen und für die Übergangszeit entweder ein Beamtenkabinett oder eine Minderheitsregierung.
Den Sozialdemokraten hingegen sind vorgezogene Neuwahlen ein Dorn im Auge. Sie streben eine Beamtenregierung mit längerem Mandat an oder aber eine Zusammenarbeit mit der ODS unter Ausschluss der kleineren Parteien. Beides Varianten, die für ODS-Chef Topolanek nicht in Frage kommen:"Eine große Koalition, eine verdeckte große Koalition, ein reiner Oppositionsvertrag oder eine Beamtenreagierung, die länger als ein Jahr im Amt ist, ist inakzeptabel, unfair gegenüber den Wählern und respektiert nicht das Wahlergebnis."
Wie vor diesem Hintergrund eine Einigung zwischen ODS und Sozialdemokraten aussehen kann, bleibt nach wie vor äußerst fragwürdig. Fest steht allein, dass Topolanek genau vier Tage für diese Einigung bleiben.