Jiri Grusa als Präsident des PEN-Clubs wieder gewählt
Ende vergangener Woche wurde der tschechische Schriftsteller Jiri Grusa als Präsident des Internationalen PEN-Clubs wieder gewählt. Gerald Schubert mit einem kurzen Portrait des Literaten und Diplomaten.
Bereits vor seiner ersten Kandidatur 2003 galt Grusa vielen seiner Kollegen als der ideale Mann für den Vorsitz der renommierten Schriftstellervereinigung. Als ehemaliger Dissident hat der heute 67-jährige Dichter die Nöte verfolgter Autoren, die für die Freiheit des Wortes ihre persönliche Freiheit riskieren, am eigenen Leib erfahren. Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 wurde er mit Berufsverbot belegt, 1981 wurde er dann während einer Auslandsreise ausgebürgert. Danach ließ er sich in Bonn nieder und erhielt zwei Jahre später die deutsche Staatsangehörigkeit.
Nach der Samtenen Revolution 1989 hat sich Grusa als Diplomat, der sein Land als Botschafter in Bonn und Wien vertrat, auch um die Völkerverständigung verdient gemacht. In seine Wiener Zeit fiel etwa der Großteil der Verhandlungen zur Entschädigung von Zwangsarbeitern, die zur Zeit des Nationalsozialismus auf heute österreichischem Gebiet eingesetzt wurden - darunter auch mehr als 10.000 Zwangsarbeiter aus Tschechien. Bei der Bilanzpressekonferenz im Herbst 2004 zog Grusa gegenüber Radio Prag ein positives Resümee über die Verhandlungen - und nahm dabei ein literarisches Motiv zu Hilfe:
"Die Geschichte kennt keine Schlusspunkte. Sie ist immer wieder wiederholbar, und das ist ihr Unglück. Aber die Geschichte kennt Doppelpunkte. Das heißt, wenn Sie nach einem Satz einen Doppelpunkt machen, dann bekommen Sie einen Dialog. Aus dem Monolog wird ein Dialog, und das ist uns gelungen."Er selbst habe übrigens das Schreiben außerhalb der eigenen Sprache als Befreiung empfunden. Seine Gedichtbände "Der Babylonwald" und "Wandersteine" schrieb er auf Deutsch.
"Ich bin ein Beweis, dass die Herkunft nicht die Zukunft bestimmt", sagt Grusa.