Der Entdecker des Unbewussten - 150 Jahre Sigmund Freud
Kaum jemand hat das das Denken und das Weltbild des Menschen im 20. Jahrhundert so grundlegend und nachhaltig beeinflusst wie Sigmund Freud mit seiner Psychoanalyse. Am Samstag jährt sich Freuds Geburtstag zum 150. Mal. Seine wissenschaftlichen Leistungen hat er im Wien der Jahrhundertwende erbracht - geboren aber wurde im mährischen Freiberg, heute Pribor - Grund genug, den Entdecker des Unbewussten auch in Tschechien zu ehren. Ein Beitrag von Thomas Kirschner
Freuds Psychoanalyse gilt als das Gegenstück zu Einsteins Relativitätstheorie: Während diese die Vorstellung vom Kosmos, in dem wir leben, revolutioniert hat, entwirft Freud ein neues, verstörendes Bild vom Menschen: Der Mensch nach Freud ist nicht mehr der starke, selbst bestimmte Herrscher seiner selbst, sondern ein gefährdetes Ich über einem Meer des Unbewussten, hin- und hergezerrt zwischen verinnerlichten Normen und tabuisierten Lustphantasien.
Zum 150. Geburtstag bereitet Freuds Heimatstadt Pribor umfangreiche Feierlichkeiten vor; unter anderem wird nun endlich eine Gedenkstätte in dem Geburtshaus des Jahrhundertdenkers eingeweiht - das allerdings erst Ende Mai. Näher am eigentlichen Jubiläumstag des großen Mährers lag ein Freud-Seminar in Prag, an dem auch Staatspräsident Vaclav Klaus teilnahm.
Als Amateur wolle er gar nicht erst versuchen, Freud zu beurteilen, obwohl er es sicherlich könne, so Klaus augenzwinkernd. Der Präsident beschränkte sich auf die Moderation der Beiträge von namhaften Vertretern der tschechischen Medizin, Psychologie und Psychatrie. Dabei ging es unter anderem auch um die Geschichte der Psychoanalyse in Tschechien - und nicht nur hier hatte es das Fach nicht immer leicht: Unter der nationalsozialistischen Besatzung war die Psychoanalyse als jüdisch-bolschewistisch verfemt, den Kommunisten galt sie dann als bourgeois. Mit dem Mediziner Cyril Höschl von der Prager Karls-Universität war auch einer der profiliertesten tschechischen Kritiker der Psychoanalyse geladen. Jenseits aller Zweifel an der Methode musste er aber wie alle Kritiker einräumen:"Es ist es gerade die Psychoanalyse, die die Medizin des 20. Jahrhunderts so grundlegend beeinflusst hat, wie Albert Einstein die Physik und Gustav Mahler die Musik."
Über das Fortleben der Freudschen Gedanken und aktuelle Entwicklungen der Psychologie wird der Weltkongress der Psychologen im September beraten - und das anlässlich des 150. Geburtstags von Sigmund Freud in der tschechischen Hauptstadt Prag.