Radio Cesko - der neue Informationskanal des Tschechischen Rundfunks

In der neuesten Ausgabe von "Im Spiegel der Medien", der Mediensendung von Radio Prag, stellt Ihnen Robert Schuster Radio Cesko vor, den neuen Informationskanals des Tschechischen Rundfunks.

Im Mittelpunkt unserer heutigen Sendung stehen wieder einmal aktuelle Entwicklungen im Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Tschechischen Rundfunks. Der Cesky rozhlas geht diesbezüglich etwa seit einem Jahr sehr offensiv vor und startete eine Reihe von neuen Programmen. Einige davon, wie etwa das Jugendprogramm Radio Wave, haben wir schon in der einen oder anderen Sendung von Radio Prag vorgestellt.

Die meisten dieser neuen Programme sind jedoch in erster Linie nicht für den Empfang auf den altbewährten Antennen-Radios bestimmt, sondern als Angebote für den allmählich auch in Tschechien einsetzenden digitalen Rundfunk. Da aber hierzulande der Digitalfunk noch in den Kinderschuhen steckt, können die Programme auf diese Weise nur in den drei größten Städten des Landes, also Prag, Brünn und Mährisch Ostrau empfangen werden, sowie landesweit über das Internet. Die neuen Programmangebote, wie der Klassik-Kanal Radio D-dur, oder das populär-wissenschaftliche Programm Leonardo sind klassische Spartenprogramme.

Ein Nischenprogramm ist sicherlich auch der neue Informationskanal des Tschechischen Rundfunks, Radio Cesko. Dennoch hat sich gerade dessen Position auf dem tschechischen Radiomarkt in den vergangen Wochen dramatisch verändert. Mit dem Ende des tschechischen Dienstes der britischen BBC zu Beginn dieses Jahres ist im Informationsbereich nicht nur eine große Lücke entstanden, sondern es wurden auch Kapazitäten auf den zwölf UKW-Sendern frei, die bisher von der BBC genutzt wurden. Der Tschechische Rundfunk einigte sich mit den Briten auf eine gemeinsame Nutzung der Anlagen, und somit kann Radio Cesko seit Mitte März zwischen 8 und 11 Uhr vormittags und 13 und 16 Uhr nachmittags insgesamt sechs Stunden täglich in bester Qualität gehört werden.

Über Radio Cesko, dessen neue Position auf dem tschechischen Medienmarkt, wie auch über die damit zusammenhängenden Veränderungen unterhielten wir uns mit der Leiterin dieses neuen Programms, Hana Hikelova. Frau Hikelova blickt zunächst auf die Entstehungsgeschichte ihres Senders zurück:

"Die Idee war an sich gar nicht so neu. In den vergangenen drei oder vier Jahren wurde schon mehrmals überlegt, dass der Tschechische Rundfunk in Anlehnung an die öffentlich-rechtlichen Vorbilder in Westeuropa eine solche Station in seinem Angebot haben sollte. Die Rolle eines nicht kommerziellen Nachrichtensenders mit Hintergrundberichten nahm in Tschechien bis dahin die tschechische Redaktion der britischen BBC wahr, teilweise auch das sechste Programm des Tschechischen Rundfunks, das jedoch nur in den Abendstunden auf Sendung ist. Die endgültige Entscheidung, dass Cesky rozhlas ein solches Programm haben sollte, fiel dann Ende des vorvergangenen Jahres im Zusammenhang mit der angestrebten Digitalisierung, wobei von vornherein klar war, dass beim künftigen, digital ausgestrahlten Programmangebot des Tschechischen Rundfunks ein Nachrichtenkanal nicht fehlen darf. Mit dem Ende des tschechischen Dienstes der BBC ist die Lage eine ganz andere geworden. Wenn Sie so wollen ist damit aus einem speziellen digitalen Programm, das anfangs nur übers Internet zu empfangen war, ein vollwertiges Programm des Tschechischen Rundfunks geworden, das in allen Kreisstädten Tschechiens auf UKW empfangen werden kann."

Zeichnet sich die Programmstruktur von Radio Cesko durch irgendetwas Spezifisches aus, oder ließ man sich dabei von den ausländischen Vorbildern, wie etwa der bereits erwähnten britischen BBC, inspirieren? Dazu sagt Hana Hikelova:

"Sicherlich hatten wir Vorbilder. Es ist meiner Meinung nach immer besser, sich dort inspirieren zu lassen, wo bereits solche Projekte funktionieren, als um jeden Preis etwas Neues erfinden zu wollen. Ein Vorbild ist der französische Informationssender France Info, von dem wir zum Beispiel den Grundsatz übernommen haben, dass wir alle 15 Minuten Nachrichten bringen, damit der Hörer zu jeder Zeit, wenn er uns einschaltet, über das aktuelle Geschehen informiert ist. Und die zweite große Inspirationsquelle ist Bayern 5 Aktuell, also der Nachrichtensender des Bayrischen Rundfunks. Natürlich kann man aber die Modelle, die im Ausland erfolgreich sind, nicht immer im Maßstab 1:1 übernehmen. Es gibt ja bekanntlich Unterschiede beim Verhalten der Hörer, und dem muss man Rechnung tragen. Bei Bayern 5 Aktuell haben wir geschaut, wie man die Wochenendsendungen gestalten kann, weil das für uns gänzlich Neuland war. Auch jetzt ist das Programmangebot am Wochenende noch nicht ganz abgeschlossen. Also die Inspiration durch vergleichbare Programme im Ausland ist groß."

Lässt sich seit dieser kurzen Zeit schon sagen, wer zu den Stammhörern von Radio Cesko gehört? Immerhin kann man annehmen, dass mit dem Übergang von einem ausschließlich übers Internet ausgestrahlten Programm hin zu einer Ausstrahlung über UKW auch neue Hörergruppen dazugekommen sind. Hana Hikelova:

"Die Struktur der Hörer, die uns über das Internet verfolgt haben, ließ sich gar nicht besonders stark verfolgen, weil es immer noch nicht üblich ist, Radio über das weltweite Netz zu hören. Bei den UKW-Hörern lässt sich sagen, dass es dort eine stabile Hörerschaft gibt, die an die Sendungen der BBC gewohnt war. Diese Hörergruppe ist auch deshalb spezifisch, weil sie bislang bis auf einige Ausnahmen nicht von den Programmen des Tschechischen Rundfunks angesprochen werden konnte. Oft handelte es sich um akademisch gebildete Entscheidungsträger. Auch deshalb legen wir zum Beispiel großen Wert auf Wirtschaftsanalysen. Wir wissen um unsere Schwächen bei der Auslandsberichterstattung, weil der Tschechische Rundfunk natürlich nie über das weite Korrespondenten-Netz der BBC verfügen wird. Unser Vorteil ist jetzt, dass die tschechische Redaktion der BBC ein breites Netz an Mitarbeitern im Ausland hatte, mit denen wir jetzt zusammenarbeiten wollen, und die uns jetzt zur Verfügung stehen."

Welche Rolle wird künftig Radio Cesko im Rahmen des Tschechischen Rundfunks spielen? Gibt es eigentlich mittel- oder längerfristige Überlegungen, dass Radio Cesko auch für die übrigen Programme des Tschechischen Rundfunks Nachrichtensendungen oder Hintergrundberichte produzieren könnte? Etwa für jene Programme des Rundfunks, für die eben Nachrichten und Publizistik nicht im Vordergrund stehen? Hana Hikelova:

"Ganz bestimmt. Das wird auch beim größten Rundfunkprogramm, dem Radiozurnal eintreten, weil zum Beispiel die Berichte der ausländischen Mitarbeiter mehrfach auf verschiedenen Programmen ausgestrahlt werden könnten. Was die künftige Rolle von Radio Cesko innerhalb des Rundfunks angeht, so sind diese Überlegungen vielleicht noch voreilig. Auf der einen Seite verfügt der Sender jetzt über die besagten UKW-Frequenzen, was ein großer Erfolg ist. Damit aber Radio Cesko wirklich als vollwertige Station gelten kann, muss sie auf der anderen Seite auch selber über die Zeiten, zu denen sie auf Sendung ist, verfügen. Sollte Radio Cesko zum Beispiel einmal täglich zwölf Stunden auf Sendung sein, dann könnte es auch bei den anderen Programmen von Cesky rozhlas zu Umschichtungen kommen. Etwa, dass beim ersten - auf den Durchschnittshörer ausgerichteten - Programm, dem Radiozurnal, die bestehenden publizistischen Formate noch ein wenig reduziert werden könnten. Es könnten auch die Kapazitäten beider Programme stärker verknüpft werden, damit sich die Arbeit nicht verdoppelt."