Wasser für drei Meere - Tschechien und das nasse Element
Der 22. März war der "Welttag des Wassers". Mit ihm soll daran erinnert werden, wie wichtig der Schutz eines Elementes ist, dass wir nur zu oft als Selbstverständlichkeit hinnehmen. Thomas Kirschner hat nachgefragt, wie es um den Tag und das Wasser in Tschechien bestellt ist.
"Es ist ein Medium, das wir als Selbstverständlichkeit ansehen und dessen Bedeutung wir eigentlich nur wahrnehmen, wenn es nicht erreichbar ist oder wenn es unsere Häuser überschwemmt. Über die Bedeutung für die Menschheit oder gar bei der Entstehung des Lebens denken wir dagegen kaum nach. Es gilt aber: Wasser ist Leben. Damit ist notwendigerweise auch die Pflege des Wassers verbunden - nicht nur jetzt, sondern auch für die kommende Generation."
Der Welttag des Wassers, den die Vereinten Nationen 1992 für den 22. März ausgerufen haben, wird auch in Tschechien begangen. Es ist ein junger Tag, der ein Medium ins Bewusstsein bringen will, das in Europa alltäglich und problemlos zur Verfügung steht, und von dem wir uns durch bedenkenlosen Umgang zugleich entfremden. Sich um Wasser erst zu kümmern, wenn es zu Katastrophen kommt, ist aber zu spät - das ist eine Botschaft des Weltwassertages, die auch für Tschechien gilt, meint Pavel Puncochar, stellvertretender Landwirtschaftsminister der Tschechischen Republik:
"Auch in der Tschechien und den Ländern der gemäßigten Klimazone, wo sozusagen ein ´Wasserwohlstand´ herrscht, hat dieser Tag einen Wert - es geht darum, den Leuten die Bedeutung des Wassers bewusst zu machen und darzustellen, wie viel Arbeit es ist, damit jeden Tag gutes Wasser kommt, wenn man den Hahn aufdreht und umgekehrt bei einem Regenguss nicht sofort der Keller voll läuft. Ganz allgemein wollen wir das Verständnis dafür fördern, dass der Schutz von Wasser und Gewässern unverzichtbar ist."
"Voda ziva", das lebendige Wasser besingt hier die tschechische Neuentdeckung der letzten Jahre, Aneta Langerova, das Wasser also, das heilt und erweckt. Wasser mit geheimen Kräften hat auch in Tschechien eine große Bedeutung: Das westböhmische Bäderdreieck mit Karlovy Vary / Karlsbad, Frantiskovy lazne / Franzensbad und Marianske lazne / Marienbad gehört zu den berühmtesten Bäderregionen Europas. Zu Trink- und Badekuren hat sich hier im 19. Jahrhundert die gesamte Prominenz des Kontinents getroffen; gerade die Heilkräfte des böhmischen Wassers stehen am Beginn des europäischen Tourismus.Aber nicht nur mit den Mineralquellen reicht die Bedeutung des tschechischen Wassers weit über die Grenzen des Landes hinaus, erinnert Landwirtschaftsminister Mladek:
"Die Tschechische Republik ist das ´Dach Europas´ und wir tragen Verantwortung nicht nur für unser eigenes Wasser, sondern auch für das Wasser, das von Tschechien aus in die Nachbarländer abfließt."
Und da Tschechien keinen Zugang zum Meer hat, überschreitet sämtliches Wasser der insgesamt 17.000 km langen tschechischen Flussläufe irgendwann die Landesgrenzen: Aus Böhmen fließen nahezu die gesamten Niederschläge über Moldau und Elbe nach Deutschland und schließlich in die Nordsee, die March leitet das mährische Wasser nach Österreich und weiter in die Donau und ins Schwarze Meer, und Teile Nordmährens und Schlesiens liegen schließlich im Einzugsbereich der Oder, die in die Ostsee mündet. Neun Staaten werden von tschechischem Wasser durchflossen, drei Meere von ihm gespeist. Die Verantwortung für den Gewässerschutz, die sich daraus ergibt, wird in Tschechien aber erst seit der Wende ausreichend wahrgenommen. Noch Anfang der 90er Jahre war ein Großteil der tschechischen Flüsse stark verschmutzt, erinnert sich Pavel Puncochar vom Landwirtschaftsministerium:"In den letzten 15 Jahren hat sich die Wasserqualität unserer Flüsse und Seen enorm verbessert - zum Teil, weil bestimmte Industriezweige mit hoher Gewässerbelastung niedergegangen sind, vor allem aber durch verstärkte Reinhaltung und den Ausbau von Kläranlagen. Für die Gewässer ist das wirklich eine große Verbesserung - das zeigt auch die Rückkehr einiger Fischarten, die wir heute wieder an Orten finden, wo es sie früher nicht gegeben hat."Mehr als 400 Kläranlagen wurden neu errichtet, bestehende Anlagen modernisiert. Alle Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern verfügen nun über eine Kläranlage. Die biologisch abbaubaren Verunreinigungen der Flüsse konnten um 90 Prozent gesenkt werden, die Schwebstoffe wurden um 85 Prozent reduziert. Auch die Schwermetallbelastungen sind deutlich zurückgegangen, bei Quecksilber etwa um 80 Prozent. Vor allem sei es gelungen, die größten punktuellen Verschmutzungen abzustellen, fasst Pavel Puncochar die Erfolge der letzten 15 Jahre zusammen:
"Der zweite Schritt muss jetzt sein, auch die Kanalabwässer, also die kommunalen Abwässer, besser zu reinigen, vor allem von Phosphor und Stickstoff, die Ursache für Algenwachstum und Überdüngung sind. Ein großer Teil unserer Aktivitäten und der Projekte richtet sich gerade auf diesen Bereich."Die Zeit der schnellen Erfolge ist in Tschechien aber vorbei. Nach punktuellen Eingriffen sind nun flächendeckende, langfristige Maßnahmen gefragt, die große Ausgaben erfordern und deren Wirkung sich nur langsam zeigt. Gerade bei der Wasserwirtschaft kommt es aber auf eine weitsichtige und langfristig wirksame Planung an. Bereits heute muss Rücksicht auf die Bedürfnisse der Zukunft genommen werden, mahnt daher Pavel Puncochar:
"Ein eigenes Thema ist da etwa das Problem des Klimawandels. Wenn das Klima in der Tat extremer werden sollte, müssen wir heute schon Raum für zukünftige Wasserbauten vorbehalten und müssen den auch gegen die Baulust der Gemeinden verteidigen - anderenfalls haben die Menschen in fünfzig oder hundert Jahren damit zu kämpfen, dass die günstigsten Stellen für Talsperren und Flutauffangbecken bereits verbaut und verplant sind, und das auf eine Weise die nur schwer wieder rückgängig zu machen ist."Bei allem Denken in langfristigen Maßstäben darf man aber nicht vergessen, dass auch im Hier und Jetzt Verbesserungen möglich sind. So ist etwa der Wasserverbrauch seit der Wende deutlich zurückgegangen - nicht nur durch die Modernisierung der Industrie, sondern auch in Privathaushalten, erinnert Pavel Pucncochar. Und das von 170 Litern pro Person und Tag 1989 auf nunmehr nur noch gut 100 Liter:
"Die Ausstattung der Haushalte hat sich geändert: Allein die modernen Toilettenspülungen und Mischbatterien senken den Wasserverbrauch um 30 bis 40 Prozent, was man sich nur selten bewusst macht."
Der 22. März war der Welttag des Wassers - Gelegenheit, sich die Bedeutung von Wasser und Gewässerschutz bewusst zu machen, und natürlich auch Gelegenheit zu einem Rückblick auf das bisher erreichte. Die Bilanz, die Landwirtschaftsminister Jan Maldek gegenüber Radio Prag zog, ist einfach und lapidar: In den letzten Jahren habe man bedeutende Fortschritte erreichen können, aber natürlich gebe es immer noch viel zu tun.