Sportreport
Die XX. Olympischen Winterspiele, die bis zum 26. Februar in Turin und weiteren Schauplätzen im norditalienischen Piemont ausgetragen werden, ziehen dieser Tage die sportinteressierte Weltöffentlichkeit in ihren Bann. Deshalb wird sich Lothar Martin im nun folgenden Sportreport auch voll und ganz mit diesem Topereignis auseinandersetzen und die bisher gezeigten Leistungen der tschechischen Olympioniken unter die Lupe nehmen.
"Ich habe es am langen Anstieg probiert, allen davonzulaufen. Bis auf die Estin Kristina Smigun konnte ich auch alle abschütteln. So mussten wir den Sieg im Endspurt unter uns ausmachen. Ich habe es von vorn mit einem lang gezogenen Sprint versucht, aber ich hatte keine Kraft mehr, um zu beschleunigen. Als sie dann an mir vorbeizog, wusste ich, dass ich nicht mehr Paroli bieten kann."
Mit knappen zwei Sekunden Rückstand musste sich Katerina Neumannova also erneut wieder nur einer Athletin geschlagen geben. Vor vier Jahren in Salt Lake City waren es in dieser Disziplin zunächst zwar drei Konkurrentinnen gewesen, die besser waren, doch die beiden erstplatzierten Russinnen wurden später wegen Dopings disqualifiziert. Olympiasiegerin Smigun war Ende 2001 auch schon einmal mit einer positiven A-Probe auffällig geworden, die silberne Katka aber wollte von einer möglichen Ergebnisbeeinflussung durch Doping nichts wissen:"Ich denke im Moment über so etwas überhaupt nicht nach. Ich glaube fest daran, dass es ein sauberes Rennen war, bei dem nur die Kräfte in der Loipe entschieden haben."
Ein wahres Kräftemessen auf der 30 km langen Strecke der Herren-Doppelverfolgung hätte sich auch Lukas Bauer gern gewünscht. Denn im Gegensatz zum Damenrennen, in dem sich die besten Läuferinnen bei der Führungsarbeit öfter abwechselten, wurde Bauer diesbezüglich von seinen Konkurrenten nahezu komplett im Stich gelassen. Daher wurde er im Finish noch bis auf Rang 10 durchgereicht. Bauer sah das Rennen so:
"Niemand wollte die Führung übernehmen, alle hatten irgendwie Angst davor. Es haben immer nur zwei geführt, während die anderen sich hinter ihnen versteckt haben. Deshalb blieb die große Spitzengruppe bis zum Ziel zusammen. Ich bin an den Anstiegen immer ein wenig davongelaufen, konnte aber niemanden dafür gewinnen, das höhere Tempo mitzuhalten. Und dieses Tempo allein zu gehen, das bedeutet, am Ende keine Chance zu haben."Mit ganz anderen Chancen, ja Erwartungen ist Skispringer Jakub Janda in seinen ersten olympischen Wettkampf, den Sprunglauf von der Normalschanze gegangen. Immerhin ist Janda der Führende im aktuellen Weltcup und mit dem Finnen Ahonen der gemeinsame Sieger der diesjährigen Vierschanzentournee. Doch genau ab diesem Zeitpunkt, dem zweiten Platz von Bischofshofen am Dreikönigstag, zeigt Jandas Formkurve nach unten. Beim ungeliebten Skifliegen zur WM in Bad Mitterndorf verlor er zuerst sein brillantes Fluggefühl und danach kam es auch noch zum Zwist seiner wichtigsten Leute neben ihm - der Gruppe um seinen slowenischen Trainer Vasja Bajc und seinem für das Marketing verantwortlichen so genannten Jandys Team. All diese Faktoren haben derart an seinem Selbstbewusstsein genagt, dass er sich beim Springen in Pragelato nicht in gewohnt starker Verfassung präsentierte und am Ende nur den 13. Platz belegte. Sein Kommentar zum verpatzten Olympiastart fiel entsprechend einsilbig aus:
"Ich habe zuviel gewollt und dabei überdreht. Ich bin zu schnell nach vorn herausgesprungen und habe dadurch weder eine optimale Flugkurve noch die nötige Höhe erreicht."Um beim Springen von der Großschanze am Samstag möglichst wieder einen Höhenflug zu landen, haben sich Janda und Trainer Bajc mit den anderen tschechischen Skispringern für einige Tage nach Monte Carlo begeben, um dort möglichst viel neue Energie aufzuladen. Für Nikola Sudova, die einzige tschechische Vertreterin im Freestyle-Skiwettbewerb von der Buckelpiste, aber ist der olympische Wettstreit schon zu Ende. In ihrer Disziplin gehörte auch sie fraglos zu den Medaillenanwärterinnen, und mit ihrer Leistung konnte sie - im Gegensatz zu Janda - auch durchaus zufrieden sein. Doch in einer Sportart wie der ihren ist man neben einer guten Leistung leider auch auf die Gunst der Punktrichter angewiesen. Und für jene, die den Wettkampf in Sauze d´Oulx bewerteten, hatte sie nur die sechstbeste Vorstellung geboten. Eine Einschätzung, die von mehreren Kennern der Szene nicht geteilt wurde. Daher fiel das Fazit der hübschen Nikola auch ein wenig lakonisch aus, als sie danach gefragt wurde, ob sie mit ihrem Finallauf mehr zufrieden gewesen sei als mit dem Qualifikationsdurchgang:
"Das kann ich nicht sagen, denn ich war mit meiner Vorstellung in der Qualifikation weitaus zufriedener als die Punktrichter. Das Gleiche trifft auf den Finallauf zu, daher glaube ich, dass wir uns noch nicht so richtig verstehen."
Mehr als zufrieden konnte dagegen eine andere junge Dame sein: die erste 18-jährige Eisschnellläuferin Martina Sablikova. Und das gleich in doppelter Hinsicht. Zur feierlichen Eröffnungszeremonie am vergangenen Freitag durfte sie nämlich beim Einmarsch der teilnehmenden Länder die tschechische Flagge tragen. Und auch ihr Olympiadebut war äußerst viel versprechend. Über die 3000-m-Distanz belegte sie einen hervorragenden siebten Platz. Der Frage, ob sie mit diesem zufrieden sei, entgegnete sie voller Zufriedenheit:"Ganz sicher, denn ich bin in das Rennen gegangen mit dem Ziel, einen Platz unter den besten Acht zu erreichen. Das ist mir auf Anhieb gelungen, also ich bin wirklich glücklich."
Und wie war ihr Feeling bei der olympischen Premiere?
"Ich habe mich mächtig darauf gefreut, aber andererseits war ich auch schrecklich nervös."
Lampenfieber kennt eine andere, sehr attraktive Tschechin ebenso zur Genüge, auch wenn sie in ihrem Metier längst zu den weltbekannten Stars gehört. Die Rede ist von "Miss Wonderbra", oder besser gesagt vom Topmodell Eva Herzigova. Und was hat eine Herzigova mit den Winterspielen in Turin gemein? Ganz einfach: Beim Eröffnungszeremoniell durfte sie in einer Bühnenkomposition die Venus von Sandro Boticellis berühmtem Gemälde "Die Geburt der Venus" darstellen. Das ging auch an einem Topmodell nicht spurlos vorüber:
"Ich liebe Boticelli. Es hat mich riesig gefreut und geehrt, dass ich am Eröffnungszeremoniell der Olympiade mitwirken durfte. Und noch dazu durfte ich mit der Venus eine italienische Göttin darstellen. Das war einfach wunderbar, und es sieht ganz so aus, dass dies die Olympiade der Frauen werden könnte."Attraktive Frauen zieht es aber nicht selten zu den scheinbar harten Männern, oder aber zu den Sportarten, die sie betreiben. Eine davon ist das Eishockey. Und eine Schönheit wie die Herzigova will sich daher auch nicht den Auftritt der Jagr & Co. in Turin entgehen lassen:
"Ich werde zum Eishockey gehen und habe mir auch schon Tickets für das Spiel Tschechien gegen Kanada gekauft. Das wird am 21. Februar um 16.30 Uhr ausgetragen, und da will ich unsere Jungs auch siegen sehen."
Über die Ergebnisse der Eishockeycracks und der anderen tschechischen Sportler in Turin werden wir spätestens in unserem nächsten Sportreport berichten.