Hohe österreichische Auszeichnung für Vaclav Havel
Mehr als dreizehn Jahre lang war Vaclav Havel Präsident - zuerst der Tschechoslowakei und später der selbstständigen Tschechischen Republik. Die lange Zeit, die er auf seinem Amtssitz in der Prager Burg verbrachte, mag bisweilen den Blick auf den anderen Havel ein wenig verstellt haben. Den Blick auf den Schriftsteller Havel nämlich, und auf den Dissidenten, der zur Symbolfigur des antikommunistischen Widerstands wurde und erst dann zum viel geachteten "Dichterpräsidenten". Am Freitag wurde ihm in der Wiener Hofburg das österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst verliehen. Gerald Schubert war dabei.
"Meine erste bedeutende ausländische Auszeichnung habe ich vor 38 Jahren in Österreich erhalten, nämlich den Österreichischen Staatspreis für europäische Literatur. In den 38 Jahren seither verlief mein Leben ziemlich abenteuerlich. Heute aber habe ich ein gutes Gefühl dabei, dass sich hier in Wien der Kreis sozusagen wieder schließt", sagte Vaclav Havel sichtlich bewegt, als er aus den Händen des österreichischen Bundespräsidenten Heinz Fischer das Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst entgegennahm. Dieses gelte, so Fischer in seiner Ansprache, auch dem Politiker Havel, dessen Verdienste bei der Erfüllung schwieriger Aufgaben unbestritten seien. Aber mehr noch gelte es dem Schriftsteller, dem Intellektuellen mit Rückgrat, dem Humanisten, dem Wahrheitssuchenden.
Vor allem im Wendejahr 1989 habe es eigentlich zwei Havels gegeben: Im Frühjahr noch den Häftling, der wegen seiner unbeugsamen Haltung gegenüber dem kommunistischen Regime im Gefängnis saß, am Ende des Jahres den Staatspräsidenten. Es war die Zeit, in der er Havel auch persönlich kennen und schätzen lernen durfte, sagte Fischer in seiner Laudatio. Im Anschluss an die Ordensverleihung hat Radio Prag den österreichischen Präsidenten nach seinen Erinnerungen an das Jahr 1989 und an seine ersten Begegnungen mit Havel befragt:
"Meine Erinnerungen an 1989 sind zunächst einmal mit Willy Brandt verbunden, weil ich damals mit ihm sehr eng zusammengearbeitet habe. Wir haben für den Herbst einen Kongress in der Schweiz vorbereitet, der sich mit der Entwicklung in den damals noch kommunistisch regierten Ländern beschäftigen sollte. Und wir waren fasziniert vom Tempo der Veränderungen im Sommer und Herbst 1989. Die Samtene Revolution in Prag ist dann genau zusammengefallen mit dem Termin dieses Kongresses. Es war, als ob die Geschichte den Vordergrund - oder auch den Hintergrund - für diese Beratungen mit Brandt und anderen europäischen Sozialdemokraten geliefert hätte. In weiterer Folge habe ich dann als damaliger Nationalratspräsident Alexander Dubcek und Vaclav Havel kennen gelernt. Unsere erste Begegnung fand in Prag statt. Ich war sehr positiv angetan und auch ein bisschen aufgeregt von der Möglichkeit, mit Vaclav Havel zusammenzukommen. Der Verlauf unseres Gespräches hat mich dann sehr beeindruckt und auch beruhigt. Und bis heute bin ich dankbar für die positiven Impulse, die von Havel ausgegangen sind - und weiter ausgehen."