Svoboda empfiehlt Deal bei Übergangsfristen - Holland erwägt deren Aufhebung

Ministerpräsident Jiri Paroubek und sächsischer Ministerpräsident Georg Milbradt (rechts), Foto: CTK
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Freizügigkeit. Dieses Wort in Verbindung mit Bekleidung gebracht, und jeder Mann weiß sofort Bescheid. Aber das Wort "Freizügigkeit" hat mit Gründung der Europäischen Union und spätestens mit deren größter Erweiterung am 1. Mai vergangenen Jahres eine noch viel tiefer greifende Bedeutung erlangt. Nämlich die Bedeutung, innerhalb der Union nach freier Wahl reisen, arbeiten und letztlich auch leben zu können. Dass für diese Art von Freizügigkeit jedoch noch ein ganzes Stück Weg buchstäblich freigemacht werden muss, dazu mehr in unserem ersten Beitrag von Lothar Martin.

Im Vorjahr, als die Erweiterung der EU um zehn neue Mitgliedsländer vollzogen wurde, hat die große Mehrheit der 15 Staaten, die bereits vorher der Union angehörten, von ihrem Recht Gebrauch gemacht, Übergangsfristen gegenüber den EU-Neulingen geltend zu machen. Übergangsfristen, die in der Regel die bereits erwähnte Freizügigkeit einschränken, insbesondere wenn wir davon sprechen, wer, wann und wo sich auf dem größer gewordenen europäischen Arbeitsmarkt bewegen darf. Angesichts ihrer eigenen Probleme in punkto Arbeitslosigkeit und Arbeitsplatzabbau haben gerade Deutschland und Österreich dieser Freizügigkeit einen auf sieben Jahre fest verzurrten Riegel vorgeschoben. Und Christoph Leitl, der Präsident der österreichischen Wirtschaftskammer, wirbt auch heute noch dafür um Verständnis:

"Es hat bei jeder Erweiterung der Europäischen Union in der Vergangenheit in sensiblen Punkten Übergangsfristen gegeben. Die sind dort entstanden, wo man Dinge schrittweise zusammenführen wollte, und nicht auf einen Schlag, weil die schrittweise Vorgehensweise die eigentlich bessere ist. Die Erweiterung der Union soll ja zudem auch Freude machen und nicht zum Problem werden. Genau deshalb haben wir auch bei der letzten Erweiterung Übergangsfristen vereinbart. Doch das gleiche gilt für unsere neuen EU-Partnerländer, denn sie haben ebenso Übergangsfristen gewollt. Auch die Tschechische Republik wollte und will Übergangsfristen für den eigenen Grundstückmarkt haben. Ich verstehe das, denn die Menschen haben Sorge, dass in ihrem Umfeld ein Ausverkauf stattfindet."

In der Tat, so wie sich Deutschland und Österreich vor einem Ansturm von Arbeitskräften aus den östlichen Nachbarländern fürchten, so hat auch Tschechien den Weg noch nicht frei gemacht für eine gleichberechtigte Möglichkeit aller EU-Europäer, hierzulande legal Grund und Boden erwerben zu können. Daher ließ der Vorschlag von Außenminister Cyril Svoboda aufhorchen, der es am Donnerstag auf einem Prager Forum als eine gute Lösung bezeichnete, wenn allen Bürgern der Europäischen Union der Grundstückmarkt in Tschechien zugänglich gemacht werden würde, und zwar im Austausch mit der uneingeschränkten Freizügigkeit für tschechische Bürger auf dem gesamten europäischen Arbeitsmarkt. Ein Abbau von Beschränkungen also, der alten wie neuen EU-Mitgliedsstaaten zugute kommen sollte. Zumal in der Tschechischen Republik offiziell und legal auch 50.000 Ukrainer arbeiten, die Dunkelziffer allerdings bei 200.000 liege, der hiesige Arbeitsmarkt dies aber ohne weiteres verkraftet habe, so Svoboda. Doch das tschechische Beispiel sei mit dem deutschen zum Beispiel nicht zu vergleichen. Das findet jedenfalls der sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt, der dies bei seinem Besuch am Mittwoch in Prag wie folgt begründete:

"Ich sehe im Augenblick Deutschland wegen der fehlenden Strukturänderungen noch nicht in der Lage auf diese Übergangszeit zu verzichten. Deswegen wird sie wahrscheinlich in voller Länge in Anspruch genommen werden."

Einen Silberstreif am Horizont in punkto Freizügigkeit konnte die Tschechische Republik in dieser Woche aber dennoch vermelden, und zwar in Person des niederländischen Außenministers Bernard Bot. Der ließ sich nur einen Tag nach Milbradts Besuch in Prag vernehmen, dass es die Niederlande in Erwägung ziehen, im kommenden Jahr die Übergangsfristen bei der Freizügigkeit von Bürgern der neuen EU-Länder auf ihrem Arbeitsmarkt aufzuheben. Und in dieser Hinsicht sei die Situation für die Tschechen durchaus hoffnungsvoll, ergänzte Bot. Sein Amtskollege Svoboda äußerte, dass die Tschechen den niederländischen Arbeitsmarkt nicht gefährden würden, was Bot bestätigte. Wie man sieht, ist der Weg nach einem vereinten und freizügigen Europa zwar noch lang, doch stets herrscht Bewegung auf den neuen Pfaden, die beschritten werden.