In Usti nad Labem/Aussig an der Elbe wird über den "Geist der Gründer" diskutiert
"Der Geist der Gründer" heißt die Konferenz, die vom Collegium Bohemicum am kommenden Wochenende in der nordböhmischen Stadt Usti nad Labem/Aussig an der Elbe veranstaltet wird. Das jüngste vom Collegium Bohemicum vorbereitete Projekt wurde am Dienstag in Prag vorgestellt. Martina Schneibergova war dabei.
"Die Konferenz, die wir veranstalten, beweist, dass das Museum, das in unserer Stadt entsteht, einen viel breiteren Rahmen haben wird, als die übliche Deutung der tschechisch-deutschen Beziehungen bietet, die sich ständig auf die Zeitetappe zwischen 1938 und 1945 orientiert. Mit der Konferenz betonen wir das Thema des industriellen Aufschwungs, der Blütezeit der Region. Dieser Aufschwung war dank Aktivitäten von deutschsprachigen beziehungswweise deutschen jüdischen Familien möglich, die in dieser Region unternehmerisch tätig waren. Sie hinterließen hier zahlreiche sichtbare Spuren, denen wir in Aussig an der Elbe täglich begegnen."
Die Tätigkeit des neu entstehenden Museums wird auch von Senator Karel Schwarzenberg unterstützt, der an der bevorstehenden Konferenz teilnehmen wird. Die Initiative in Aussig hält er im Bereich der tschechisch-deutschen Diskussionen für etwas Neues:
"Das Wesentliche an dem Projekt ist, dass es endlich eines ist, das sich nicht nur an die tragischen Seiten des Zusammenlebens beider Völker in Böhmen erinnert. Es erinnert sich nicht nur daran, was wir uns im 20. Jahrhundert erfolgreich angetan haben, wo wir unsegliche Verbrechen aneinander begangen haben, sondern wir werden uns einmal der positiven Seite der Jahrhunderte langen erfolgreichen Zusammenarbeit zuwenden, da dies eine ungeheuer fruchtbare Zeit war. Gerade Aussig als Industriestadt ist ja Produkt von den drei konstituierenden Elementen Böhmens gewesen, nämlich des deutschen,jüdischen und tschechischen, die alle haben das zusammen geschaffen. Das ist das Wesentliche daran, dass wir jetzt, nachdem wir uns lange genug mit den bitteren Seiten beschäftigt hatten, auch die schönen Seiten unserer Vergangenheit betrachten und sehen, wie viel da gemeinsam ist. Wie ich selber weiß - weil ich ja sehr viele Bekannte, Verwandte und Freunde auf beiden Seiten habe - was auf beiden Seiten weitgehend unbekannt ist. Denn seit dem 19. Jahrhundert haben wir immer mehr die andere Seite als Gegner gesehen und ausschließlich die eigenen Vorzüge gelobt und die eigenen Leiden beklagt. Anstatt sich mit dem anderen zu beschäftigen und zu sehen, dass wir da eigentlich, solange wir beieinander gestanden sind, ungeheuer viel geschafft haben, und als die Gegnerschaft entstand, dass wir das Land auch ruiniert haben."