Entschädigung für sudetendeutsche Antifaschisten? Aufgeregte Debatte über Vorstoß des Premierministers

Jiri Paroubek (Foto: CTK)
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Auf den Vorstoß des tschechischen Premierministers Jirí Paroubek, der einmal mehr die Frage nach einer eventuellen Entschädigung sudetendeutscher Antifaschisten auf den Tisch gelegt hat, gibt es erste Reaktionen. Und zwar sowohl von tschechischer, als auch von deutscher und österreichischer Seite. Gerald Schubert berichtet:

Ministerpräsident Jiri Paroubek  (Foto: CTK)
Das Thema ist nicht neu. Dennoch scheint Premierminister Jirí Paroubek in ein Wespennest gestochen zu haben, als er am Montag laut über eine symbolische Entschädigung für sudetendeutsche Antifaschisten nachdachte. Also über eine Geste gegenüber Deutschen, die sich im Zusammenhang mit der einstigen nationalsozialistischen Besatzung für den Erhalt einer demokratischen Tschechoslowakei eingesetzt hatten. Wer genau in den Genuss einer solchen Entschädigung kommen würde, und wie diese konkret aussehen soll, das ist derzeit noch gar nicht klar. Und doch erhoben sich bereits viele, zum Teil recht kontroverse Stimmen. Tomás Kafka, den Co-Vorsitzenden des Deutsch-tschechischen Zukunftsfonds, hat das nicht überrascht:

"Immer, wenn eine humanitäre Geste politisiert wird, kommen irgendwelche zusätzliche Faktoren hinzu. Einem erscheint die Geste dann übertrieben, dem anderen wiederum geht sie nicht weit genug. Das zeigt sich offenbar auch in diesem Fall."

Wie sahen sie also aus, die Reaktionen? Die Regierungspartner des Sozialdemokraten Paroubek, also die Christdemokraten und die Liberalen, zeigen sich prinzipiell einverstanden. Die oppositionellen Kommunisten wollen nur sehr vorsichtig an die Sache herangehen. Und die ebenfalls oppositionellen konservativen Bürgerdemokraten sind gegen eine solche Geste. Staatspräsident Václav Klaus sprach gar von einem "außerordentlich unglücklichen und außerordentlich gefährlichen Schritt" und vom "Öffnen der Büchse der Pandora".

Bereits frühere Initiativen für eine Versöhnungsgeste waren am zum Teil heftigen innenpolitischen Widerstand gescheitert. So wollte etwa der ehemalige Vizepremier Petr Mares jenen Deutschen einen kleineren Geldbetrag zukommen lassen, die heute noch in Tschechien leben und nach dem Zweiten Weltkrieg Repressionen ausgesetzt waren. Tomás Kafka vom Deutsch-tschechischen Zukunftsfonds:

"Wenn es um Geld geht, dann wird das immer als eine sehr sensible Angelegenheit wahrgenommen. Das heißt, dem Geld wird eine große Bedeutung beigemessen. Andererseits sagt man aber auch, dass Geld in der Vergangenheit erlittenes Unrecht niemals aufwiegen kann."

Jenseits der tschechischen Grenze waren die Reaktionen auf Paroubeks Vorschlag geteilt. Der deutsche Bund der Vertriebenen etwa würde eine Geste willkommen heißen, diese solle sich aber auf einen weiteren Kreis von Personen beziehen. Die Sudetendeutsche Landsmannschaft Österreichs hingegen hält den Vorschlag Paroubeks für einen "diplomatischen Trick" und den Versuch, die "Sudetendeutschen zu spalten".

Österreichischer Gesprächspartner Paroubeks ist jedoch Kanzler Wolfgang Schüssel. Ein Thema für Paroubeks Wienbesuch am Donnerstag steht somit bereits fest.