Auch nach niederländischem Nein: Tschechische Regierung für EU-Verfassung

Foto: CTK
0:00
/
0:00

In der Tschechischen Republik wird seit Monaten eine besonders intensive Debatte rund um den Europäischen Verfassungsvertrag geführt. Kontroverse Aspekte des Dokuments, das von der Regierung eindeutig befürwortet und von der Opposition radikal abgelehnt wird, fanden im ohnehin angespannten politischen Klima einen fruchtbaren Boden für heftige Auseinandersetzungen. Die Referenden in Frankreich und den Niederlanden haben die Diskussion weiter angeheizt, aber auch neue Töne zum Vorschein gebracht. Gerald Schubert berichtet:

Foto: CTK
Noch während am Mittwoch die Niederländer zu den Wahlurnen gingen, um über die EU-Verfassung abzustimmen, tagte im Prager Regierungsgebäude das tschechische Kabinett. Hauptthema der Sitzung: Das weitere Vorgehen bezüglich des Verfassungsvertrages nach dem französischen Nein vom Sonntag. Dass zu diesem Zeitpunkt längst alle Umfragen auch eine Ablehnung des Dokuments in Holland signalisierten, das änderte an der Haltung der sozialliberalen Regierung in Tschechien nichts: Sie befürwortet die Verfassung und hat sich - angesichts des Abstimmungsergebnisses in Frankreich - auf eine Strategie für den Mitte Juni bevorstehenden EU-Gipfel festgelegt. Premierminister Jirí Paroubek:

Jirí Paroubek  (Foto: CTK)
"Wir werden dem Europäischen Rat eine Verlängerung der Frist für den Abschluss des Ratifizierungsprozesses vorschlagen. Und zwar über das Jahr 2006 hinaus", so der sozialdemokratische Regierungschef.

Dieser hatte bereits früher die Ansicht geäußert, dass eine sofortige Ratifizierung der Verfassung in allen 25 EU-Staaten von vornherein unrealistisch gewesen sei. In den Staaten, die das Dokument zunächst ablehnen, könnte zu gegebenem Zeitpunkt ein zweiter Anlauf unternommen werden, meint Paroubek.

Anders sieht das freilich die EU-kritische Opposition, die an der Verfassung ohnehin kaum ein gutes Haar lässt. Der Vertrag sei tot, heißt es etwa aus den Reihen der konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS), die Fortsetzung des Ratifizierungsprozesses sei sinnlos. Präsident Václav Klaus, der in den letzten Monaten als einer der heftigsten Verfassungskritiker Europas von sich reden gemacht hatte, fühlt sich durch die Referenden in Frankreich und den Niederlanden ebenfalls bestätigt. Selbst der EU-skeptische Klaus sieht jedoch die Union nicht grundsätzlich in Frage gestellt:

Vaclav Klaus  (Foto: CTK)
"Ich glaube, die Leute kritisieren einfach den Versuch, die Vereinheitlichung Europas auf so unnötige Weise zu beschleunigen. Darüber, ob es eine Europäische Union geben soll, und darüber, ob in ihr weitere vernünftige und segensreiche Prozesse stattfinden sollen, darüber haben die Wähler in Frankreich und in den Niederlanden meiner Meinung nach kein Wort gesagt."

Diese überraschend EU-freundlichen Töne könnten signalisieren, dass sich die Diskussion in Tschechien nun mittelfristig vielleicht sogar entspannt. Zurzeit wird hier aber noch heftig weiterdiskutiert. Etwa darüber, ob die heimische Informationskampagne zur Verfassung vorläufig unterbrochen werden soll oder nicht. Die Regierung beschloss am Mittwoch: Sie wird fortgesetzt. Dabei ist die Tschechische Republik das letzte Land, in dem noch nicht einmal entschieden wurde, ob es überhaupt ein Referendum geben soll.