Visegrad: Ja zum Corona-Aufbauplan, aber mit Korrekturen
Die Regierungschefs der Visegrad-Staaten haben sich am Donnerstag erstmals seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie getroffen. Auf Schloss Lednice / Eisgrub in Tschechien diskutierten sie auch über den EU-Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027, aber vor allem über den Corona-Wiederaufbauplan der Europäischen Union.
Die Premierminister Tschechiens, Polens, Ungarns und der Slowakei kamen zusammen, um ihre Positionen vor dem anstehenden Videogipfel zum EU-Wiederaufbauplan aufeinander abzustimmen. Bisher bildeten die vier Staaten keine geschlossene Front. Polen und die Slowakei haben positiv auf den Wiederaufbauplan reagiert. Dagegen sehen sich Ungarn und Tschechien auf der Verliererseite des Vorschlags aus Brüssel. Der slowakische Premier Igor Matovič:
„Aus Sicht der Slowakei können wir zufrieden sein. Wir halten aber zusammen und wollen, dass alle vier Länder zufrieden sind.“
Nun signalisierten die Vier ihre Unterstützung für den geplanten Corona-Fonds, forderten aber Korrekturen im Vergabemechanismus. Der tschechische Premier Andrej Babiš (Partei Ano) sagte nach dem Treffen:
„Die Hilfsmittel sollten nach einem fairen Mechanismus verteilt werden. Einzelne Länder dürfen nicht benachteiligt werden, weil sie die Pandemie gut bewältigt haben. Es darf nicht sein, dass ärmere Länder für die reicheren zahlen müssen.“
Babiš kritisiert, dass die Arbeitslosenrate eine entscheidende Rolle bei der Vergabe der Hilfsmittel spielen soll. Diese hänge aber nicht mit der Corona-Krise zusammen, so der Ministerpräsident aus Prag. Er erwartet nun eine lange Debatte über das Hilfspaket:
„Die Krise ist noch nicht hinter uns. Aus epidemiologischer Sicht haben wir gute Ergebnisse, nun haben wir auch die Grenzen geöffnet, aber vor uns liegt eine weitere schwierige Etappe. Wir können heute noch gar nicht bewerten, wie alles ausgeht.“
Laut dem tschechischen Regierungschef ist es zu früh, schon jetzt über die Verteilung der Mittel zu diskutieren. Im Moment sei nicht klar, wie stark die einzelnen Staaten von der Krise betroffen sein werden:
„Das Hauptkriterium für die Verteilung sollte nach meiner Meinung der Rückgang des Bruttoinlandsprodukts sein. Dieser kann aber erst Anfang kommenden Jahres ausgewertet werden.“
Der von der EU-Kommission vorgeschlagene 750 Milliarden Euro schwere Wiederaufbauplan soll den Mitgliedsstaaten helfen, die durch die Corona-Pandemie ausgelöste wirtschaftliche Krise zu überwinden. Als Hauptempfänger der Hilfen gelten Italien und Spanien. Polen soll mit 64 Milliarden Euro die dritthöchste Summe aus dem Fonds erhalten. Für Tschechien sind nach dem aktuellen Entwurf 20 Milliarden Euro geplant, für Ungarn 15 Milliarden Euro und für die Slowakei 8 Milliarden Euro.
Die EU-Staats- und Regierungschefs werden am Freitag kommender Woche bei einem gemeinsamen Videogipfel über den Corona-Wiederaufbauplan beraten.