Wegen Corona: Karlsbad weitet Filmfestival auf ganz Tschechien aus
Das internationale Filmfestival in Karlsbad wurde in diesem Jahr – coronabedingt – abgesagt. Das Fest wird aber durch ein Alternativprogramm ersetzt, das landesweit zu sehen ist.
Normalerweise käme an diesem Freitag die Filmwelt in der westböhmischen Kurstadt zum wichtigsten Filmfestival des Landes zusammen. Doch wegen der Corona-Krise fällt das 55. Internationale Filmfestival in Karlovy Vary / Karlsbad in diesem Jahr aus. Ersetzt wird es aber durch ein Alternativprogramm unter dem Motto: „Sollt ihr nicht zu uns nach Vary kommen können, dann kommen wir zu euch in euer Kino.“ Die Filmschau heißt „Tady Vary“, auf Deutsch „Hier Vary“: Es sei eine völlig neue Idee, das Festival aus Karlsbad in alle möglichen Winkel Tschechiens zu bringen, sagt der Programmleiter des Festivals, Karel Och. Das Festival findet in 96 Kinos in ganz Tschechien statt.
Viele Festivals haben ihr Programm ins Internet verlagert. Das kam für Karlsbad nicht in Frage. Der Programmleiter:
„Wir führen nur Filme in der Industry-Sektion online auf, also das Programm, das nur für Film-Professionelle bestimmt ist. Das hat Sinn, weil es dabei um die Förderung von Projekten geht, an denen noch gearbeitet wird. Wir halten es aber für unsinnig, die fertigen Filme online zu präsentieren. Denn beim Filmfestival ist nach unserer Meinung vor allem ein Aspekt wichtig: Die Menschen treffen mit Kollegen und Freunden zusammen und diskutieren über die Filme, die sie in der Gemeinschaft gesehen haben.“
Diesen Festivalgeist will man in alle Kinosäle übertragen, in denen die Filme in den nächsten zehn Tagen projiziert werden. Dazu sollen aufgezeichnete Begrüßungsreden, aber auch Delegationen vor Ort dienen:
„Die Hauptidee von ‚Tady Vary‘ ist es, dass die ausgewählten Filme nur einmal gezeigt werden, und zwar zur gleichen Zeit in allen 96 Kinos. Die Mitglieder des Festivalteams werden die Kinos besuchen und die Projektionen persönlich einleiten. Wir haben auch kurze Einleitungen aufgezeichnet, aber die persönliche Anwesenheit vor Ort ist für uns wichtig.“
Auf eine feierliche Eröffnung wollte man nicht verzichten. Diese wird am Freitagabend aus dem Hotel Thermal in Karlsbad im Internet gestreamt. Zudem plant man bei zwei Streifen Debatten mit den Filmschaffenden, die ebenso live übertragen werden. Im Programm stehen insgesamt sechszehn Streifen, sagt Karel Och:
„Wir wollten, dass alle möglichen Filmgenres vertreten sind. Wir zeigen klassische Filmdramen, wie den französischen Film Proxima und den Streifen Babyteeth, der zur Eröffnung aufgeführt wird. Aber auch alternative Filme wie etwa Zumiriki des baskischen Filmemachers Oskar Alegria. Es geht uns vor allem darum, einen Kontakt mit den Zuschauern anzuknüpfen und bei ihnen Emotionen hervorzurufen. Und dieses Kriterium erfüllen alle ausgewählten Filme.“