Tragisches Unfall-Wochenende: 16 Verkehrstote auf Tschechiens Straßen
Im tschechischen Straßenverkehr gibt es ein ungeschriebenes Gesetz, das zum Nachdenken zwingt: Immer wenn die Schulferien beginnen oder mehrere freie Tage am Stück anstehen, steigt zum einen der Individualverkehr, aber auch die Unfallhäufigkeit. Das vergangene Wochenende, das durch den Feiertag am Montag verlängert wurde, ist leider ein erneuter trauriger Beleg dafür. Von Freitag bis Montag starben 16 Menschen bei Verkehrsunfällen.
Am Montag kamen zwei Verkehrsteilnehmer ums Leben. Doch selbst abzüglich dieser zwei Personen ist das vergangene Wochenende mit 14 Verkehrstoten das bisher tragischste in diesem Jahr. Tomáš Neřold ist der Chef der Abteilung für Sicherheit im Straßenverkehr beim Verkehrsministerium (Besip). Er kennt die Gründe, warum es immer wieder zu einem Anstieg der Todesrate kommt:
„Diese schweren Unfälle basieren auf einer extremen Verletzung der geltenden Verkehrsregeln durch Einzelne oder einer latenten Skrupellosigkeit, bei der Personen ihr Fahrzeug unter Alkohol- oder Drogeneinfluss steuern.“
Der letztgenannte Grund ist am vergangenen Wochenende schließlich auch drei Polizisten aus dem Kreis Mährisch-Schlesien zum Verhängnis geworden. Die Fahrerin eines Pkw rammte deren Polizeiauto am Sonntagabend mit voller Geschwindigkeit von hinten, ein 32-jähriger Polizist starb an den Folgen des Aufpralls, zwei seiner Kollegen erlitten schwere Verletzungen. Die Frau hatte laut Polizeibericht vor ihrer Fahrt Alkohol und Drogen zu sich genommen.
Dass die Aggressivität einzelner Fahrzeugführer im Straßenverkehr hierzulande vergleichsweise hoch ist, hat man im Verkehrsministerium überraschenderweise sogar in der verkehrsarmen Zeit der Corona-Pandemie feststellen müssen, sagt Neřold:
„Wir hatten schon vorher gewisse Befürchtungen bezüglich des Beginns der Sommerferien. Denn in der Zeit, als sich die Corona-Pandemie hierzulande ausbreitete, ist die Zahl der Verkehrstoten nicht gesunken. Und dies, obwohl im April und auch im Mai die Straßen nahezu leer waren. Der Verkehr und die Zahl der Unfälle waren da deutlich zurückgegangen, doch einige Fahrer haben die Verkehrsregeln völlig missachtet.“
Die latente Rücksichtslosigkeit im tschechischen Straßenverkehr hat viele Ursachen. Tomáš Neřold zählt einige auf:
„Eine große Rolle spielt sicher die zunehmende Unaufmerksamkeit am Steuer. Dies führt in der Mehrzahl zu den schweren Unfällen. Der Fahrer vernachlässigt die Konzentration häufig beim Telefonieren oder bei der Betätigung des Navis während der Fahrt. Andere Ursachen können ein plötzlich auftretendes gesundheitliches Problem oder der Sekundenschlaf beim Fahrzeugführer sein.“
Nach Aussagen von Neřold ist es auch nicht ratsam, während der Fahrt die Freisprechanlage seines Handys im Auto zu nutzen. Denn sollte ein Gespräch länger dauern oder sehr emotional geführt werden, dann schwindet auch in diesen Fällen die Konzentration. Daher sollte man nur kurze und unbedingt notwendige Gespräche bei einer Autofahrt führen, mahnt der Besip-Chef an.
Damit ist die Liste der Verstöße vieler Autofahrer gegen die Verkehrsordnung in Tschechien aber noch nicht erschöpft. Wie lax und teilweise schon gewissenlos einige Fahrzeugführer die Regeln handhaben, belegt eine erschütternde Zahl. Tomáš Neřold:
„Es gibt hierzulande eine bestimmte Gruppe von Fahrern, die de facto auf die Verkehrsregeln pfeift. Das beginnt damit, dass diese Leute vor dem Fahrtantritt nicht einmal den Sicherheitsgurt anlegen. Aus den Statistiken der Polizei musste ich sehr überraschend erfahren, dass 25 Prozent der im vergangenen Jahr getöteten Fahrer und Beifahrer nicht angegurtet waren.“
Wie weit dies sogar gehen kann, belegt Polizeisprecher Ondřej Moravčík mit einem schockierenden Fall:
„Zwei der Ursachen für die tragischen Unfälle sind die außerordentliche Rücksichtslosigkeit und das extrem hohe Risiko, das Fahrer eingehen. Wir haben beispielsweise einen Fall gehabt, bei der eine Mutter ihr minderjähriges Kind im Auto nicht angeschnallt hatte. Das Kind fiel während der Fahrt aus dem Wagen und überlebte dies leider nicht.“
Es scheint, dass alle gefordert sind, um solche Fälle zu reduzieren: die Fahrschulen genauso wie die Polizei und der Gesetzgeber.