Brandkatastrophe in Bohumín: Wie ein Familienstreit eskalierte
Es ist die tragischste Feuerkatastrophe, die Tschechien seit 30 Jahren erlebt hat. Am frühen Samstagabend starben elf Menschen beim Brand eines Hochhauses im schlesischen Bohumín. Als wäre das nicht schon genug, wurden auch noch rassistische Kommentare bekannt.
Diejenigen, die das Unglück überlebt haben, stehen immer noch unter Schock.
„So etwas habe ich noch nie gesehen. Die Flammen sind emporgeschlagen. Es war fürchterlich, wie die Menschen aus dem Fenster gesprungen sind. Es ist eine große Tragödie“, so Miroslav, der immer wieder an den Brand denken muss.
Der 29-jährige ist am Sonntag in seine Wohnung in dem Plattenbau zurückgekehrt, um einige persönliche Sachen zu holen. Sechs Menschen starben direkt in den Flammen, darunter drei Kinder. Fünf Verzweifelte versuchten, sich mit Sprüngen aus dem elften Stock zu retten. Keiner von ihnen überlebte. Das sei nur wenige Sekunden vor dem Moment gewesen, als das Sprungpolster der Feuerwehr bereitstand, hieß es. Einigen gelang es, über einen Balkon in eine andere Wohnung zu kommen. Insgesamt wurden zehn Menschen verletzt, zwei von ihnen schwebten am Montag noch in Lebensgefahr.
Erst im Laufe des Sonntags wurden Details bekannt, wie es zu dem tragischen Unglück kommen konnte. Igor Bruzl (Sozialdemokraten) ist stellvertretender Bürgermeister von Bohumín:
„Meinen Informationen nach stehen dahinter Familienstreitigkeiten und nicht, wie zunächst angenommen, ein Nachbarschaftsstreit. Es gab wohl eine Feier, zu der ein ungeladener Gast kam. Und von ihm ging wahrscheinlich diese unsägliche Tat aus.“
Es war den Berichten nach der Ex-Mann jener Frau, die in der Wohnung lebte. In den Räumen waren mehrere Menschen, darunter auch Kinder, weil dort eine Feier stattfand. Der Mann soll mit einem Brandbeschleuniger das Feuer gelegt haben. Die Polizei bestätigte nach dem Unglück nur, dass sie eine Person festgenommen habe, die sie der Tat verdächtige.
Gegen die Einsatzkräfte wurden nach dem Unglück Vorwürfe erhoben. Sie seien zu spät vor Ort gewesen und minutenlang untätig geblieben, hieß es. Das wiesen aber die Feuerwehr und auch Innenminister Jan Hamáček (Sozialdemokraten) zurück. Laut dem Einsatzprotokoll waren zwei Löschfahrzeuge bereits nach acht Minuten dort. Außerdem sagte der Leiter der Feuerwehr im Kreis Mährisch-Schlesien, Vladimír Vlček (Partei Ano):
„In Hochhäusern läuft der Einsatz grundsätzlich über die Feuertreppe im Innern des Gebäudes. Es ist daher falsch zu behaupten, die Feuerwehrleute hätten hier gestanden und nicht gewusst, was sie tun sollten. Auf der anderen Seite wurde wohl ein Brandbeschleuniger benutzt. Solch ein Feuer lässt sich unmöglich in einigen Minuten löschen.“
Zu allem Überfluss sind die Opfer des Brandes auch noch rassistisch verunglimpft worden. In einem Beitrag auf einem fremdenfeindlichen Nachrichtenportal wurden sie am Wochenende als „Zigeuner“ beschimpft und ihre Leben als minderwertig bezeichnet. Politiker unterschiedlicher Couleur zeigten sich bestürzt über solche Äußerungen. Innenminister Hamáček kündigte an, dass sich die Polizei mit dem Artikel befassen werde.
Am Unglücksort trauern Bekannte und Nachbarn um die Opfer.
„Wir haben die beiden kleinen Jungs aus der Wohnung gekannt. Deswegen habe ich eine Kerze angezündet“, so Michaela.
Die 15-jährige hat zusammen mit ihren Freunden an einem Zaun vor dem Haus einen Ort des Gedenkens geschaffen. Dort wurden mittlerweile nicht nur viele weitere Kerzen aufgestellt, sondern auch Teddybären niedergelegt.