David Pastrňák ist Sportler des Jahres in Tschechien

David Pastrňák (Foto: ČTK / PR / Jan Beneš / BPA sport marketing)

Das Jahr 2020 stand in Tschechien komplette zehn Monate unter dem Würgegriff von Corona. Das neuartige Virus hat das gesellschaftliche Leben indes weltweit drastisch eingeschränkt. Das bekam auch der Sport zu spüren, denn zahlreiche internationale Wettkämpfe bis hin zu den Olympischen Spielen in Tokio wurden abgesagt oder verschoben. Trotz der geringeren Chancen, sich auszuzeichnen, stachen aber auch in diesem Jahr mehrere Sportler mit ihren Leistungen heraus. Die Besten des Landes wurden am vergangenen Dienstag bei der Wahl „Tschechischer Sportler des Jahres“ geehrt.

Jiří Prskavec | Foto: Antoine Lamielle,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0 DEED

Die Wahl zum besten Sportler des Jahres wird hierzulande seit 1959 durchgeführt, und zwar vom Klub der Sportjournalisten. Seit 1993 ermitteln diese in einer internen Umfrage nicht mehr den tschechoslowakischen, sondern den tschechischen Sportler des Jahres. Dazu stimmen die 186 Klubmitglieder zweimal ab. Zuerst stellen sie ihre eigene Liste der Top Ten unter allen Athleten des Landes zusammen. Nach Abschluss dieser Runde stehen die besten zehn Sportler des Jahres fest, zu denen die Journalisten noch einmal ihre persönliche Rangfolge festlegen. Zum Kreis der Top Ten gehörte dieses Jahr auch der Wildwasserkanute Jiří Prskavec, der im September in Prag Europameister im Einer-Kajak wurde. Er selbst zählte sich nicht zu den Anwärtern auf die Sportler-Krone, sondern nannte zwei andere Kandidaten:

„Ich habe zwei Favoriten. Martina Sáblíková und David Pastrňák. Im Moment kann ich nicht sagen, wen von beiden ich höher einstufen soll. Nichtsdestotrotz bin ich der Meinung, dass Pastrňáks Leistung über einen längeren Zeitraum so außergewöhnlich war, dass ich meine Stimme ihm geben würde.“

Martina Sáblíková  (Foto: Sander.v.Ginkel,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0)

Und Prskavec sollte recht behalten. In der 62. Umfrage der Sportlerwahl setzte sich der Eishockeyspieler mit 1253 Punkten durch. Auf den Ehrenplätzen landeten die Doppel-Olympiasiegerin von 2018 im Super-Ski und im Snowboard-Slalom, Ester Ledecká, und die 21-fache Weltmeisterin im Eisschnelllaufen, Martina Sáblíkova. Ledecká und Sáblíkova hatten dabei einen Rückstand von 144 beziehungsweise 202 Punkten auf Pastrňák. Mit dem 24-jährigen Angreifer der Boston Bruins hat es nach 15 Jahren erstmals wieder ein Mannschaftssportler geschafft, die Umfrage zu gewinnen:

„Das ist eine große Ehre für mich. In der Regel ist es selten, dass ein Teamsportler mit dieser individuellen Trophäe ausgezeichnet wird. Vor mir ist dies, glaube ich, nur drei weiteren Eishockeyspielern gelungen. Von daher bin ich hocherfreut und weiß diese Wahl sehr zu schätzen.“

David Pastrňák: „Das ist eine große Ehre für mich. In der Regel ist es selten, dass ein Teamsportler mit dieser individuellen Trophäe ausgezeichnet wird. Von daher bin ich hocherfreut und weiß diese Wahl sehr zu schätzen.“

Der letzte Crack, der vor Pastrňák zum Sportler des Jahres gewählt wurde, war 2005 Jaromír Jágr, das tschechische Eishockeyidol schlechthin. Vor ihm wurden die Torhüter Josef Mikoláš (1961) und Dominik Hašek (1994, 1998) mit dieser Auszeichnung bedacht. Der einzige Fußballer, dem diese Ehre bisher zuteilwurde, war Pavel Nedvěd im Jahr 2003.

Anders als in Deutschland wird die Wahl der besten Einzelsportler in Tschechien nicht nach männlichem und weiblichem Geschlecht unterteilt. Der Sieger der Umfrage ist dann nicht nur der absolut beste Sportler des Landes, sondern er wird auch mit einer echten Kristallkrone geehrt. Die Krone sei einfach prachtvoll und werde einen würdigen Platz in seiner Trophäensammlung erhalten, verriet Pastrňák nach der Ehrung.

David Pastrňák  (Foto: ČTK / PR / Jan Beneš / BPA sport marketing)

Dieser Auszeichnung liegt eine überragende Saison des technisch versierten Stürmers in der nordamerikanischen NHL zugrunde. In der Spielzeit 2019/20 erzielte Pastrňák mit 48 Toren die meisten Treffer der Liga. Und nicht wenige der Tore versetzten die Fans wie auch die Eishockeykommentatoren in Verzückung. Für diese Leistung wurde Pastrňák gemeinsam mit Alexander Ovetschkin (Washington), der ebenfalls 48 Mal ins gegnerische Gehäuse traf, mit der Maurice Richard Trophy geehrt. Zu seiner Performance in der NHL-Hauptrunde sagte der im mährischen Havířov geborene Kufenflitzer:

„Ich bin zufrieden mit meiner Leistung. Ich habe mich durchweg gut gefühlt in dieser Saison, was wohl auch daran lag, dass ich die gesamte Hauptrunde über von Verletzungen verschont blieb. In der Saison davor lief es anfangs sogar noch besser für mich, doch dann hat mich eine Verletzung etwas aus der Bahn geworfen. Von daher bin ich dankbar, dass mir das diesmal erspart wurde. Denn ich weiß, wozu ich imstande bin, wenn ich gesund und zu einhundert Prozent fit bin.“

In dieser Verfassung hätte Pastrňák sicher noch gern einige Tore und Assists mehr markiert, wenn das Coronavirus die NHL-Hauptrunde nicht abrupt beendet hätte. Pastrňák wäre nämlich gerne nach Jaromír Jágr und Milan Hejduk der dritte Tscheche gewesen, der mindestens 50 Tore in einer Saison erzielt. Und noch ein wenig mehr wurmte ihn, dass er nicht auch die Marke von 100 Scorer-Punkten knacken konnte. Mit 95 Zählern blieb er knapp darunter. Dennoch gewann Pastrňák dem frühzeitigen Saisonabbruch auch etwas Positives ab, als er im Juni zum vierten Mal in Folge die Trophäe „Goldener Eishockeyschläger“ für den besten tschechischen Spieler der vergangenen Saison entgegennahm:

„Auf der einen Seite freut man sich über die Pause, weil man doch von der langen Saison bereits ziemlich geschlaucht ist. Immerhin haben wir 70 der insgesamt 82 Spieltage absolviert, da ist man körperlich schon etwas müde. Auf der anderen Seite dachten wir, dass es nach ein, zwei Wochen wieder weitergeht. Hätten wir geahnt, dass dies nicht der Fall ist, hätten wir wohl lieber durchgespielt.“

David Pastrňák: „Ich bin zufrieden mit meiner Leistung. Ich habe mich durchweg gut gefühlt in dieser Saison, was wohl auch daran lag, dass ich die gesamte Hauptrunde über von Verletzungen verschont blieb. Denn ich weiß, wozu ich imstande bin, wenn ich gesund und zu einhundert Prozent fit bin.“

Letztlich hatten sich die Verantwortlichen der NHL darauf verständigt, den Stanley Cup in einer modifizierten Version auszutragen, allerdings zu einer ungewohnten Jahreszeit, und zwar im August und September. Pastrňák und seine Teamkollegen bekamen also doch noch die Chance, nach der begehrten Trophäe zu greifen – auch wenn der K.o.-Wettbewerb in ungewohnter Turnierform und vor leeren Rängen ausgetragen wurde. Für die Boston Bruins war jedoch schon in der zweiten Runde Endstation, die Schwarz-Gelben unterlagen dem späteren Cupgewinner aus Tampa Bay nach fünf Partien mit 1:4. Pastrňák selbst machte im Schnitt einen Scorerpunkt pro Spiel, was an und für sich kein schlechter Wert ist. Er wollte dem Team indes noch mehr helfen. Das konnte er aber nicht, weil ihn in den Playoffs unter anderem eine schmerzhafte Hüftverletzung plagte. Pastrňák ließ sich daraufhin am 16. September an der Hüfte operieren und befindet sich derzeit noch im Aufbautraining. Der Tscheche wird deshalb den Start in die neue NHL-Saison am 13. Januar mit Sicherheit verpassen. Doch er ist optimistisch, dass das Warten auf seine nächste Eiszeit schon bald ein Ende hat:

„Wir werden sehen, wie lange es dauern wird, bis ich wieder vollkommen fit bin. Natürlich hängt dies davon ab, wie gut sich meine Hüfte nach der OP anfühlt, ob ich sie wieder voll belasten kann. Geplant ist, dass ich der Mannschaft ab Mitte Februar wieder zur Verfügung stehe. Ich bin aber noch jung, und vielleicht stehe ich auch schon früher wieder auf dem Eis.“

Neben der Wahl des besten Einzelsportlers wurde am vergangenen Dienstag auch das beste Team des Jahres in Tschechien gekürt. Es ist die Mixed-Staffel im Biathlon, die in der Besetzung Eva Puskarčíková, Markéta Davidová, Ondřej Moravec und Michal Krčmář im Februar die Bronzemedaille bei der Weltmeisterschaft in Antholz gewann. Diese Wahl fiel äußerst knapp aus, denn die auf Rang zwei platzierte Fußball-Nationalmannschaft hatte ebenso wie die Biathleten exakt 336 Punkte von den Journalisten erhalten. Ausschlaggebend für den Sieg der Skijäger war daher am Ende die höhere Anzahl an ersten Plätzen.

Antonín Panenka: „Mein Credo im Fußball war, dass ich mein Spiel in technischer Hinsicht immer etwas höher anbinden werde als einfach nur gegen den Ball zu treten. Ich wollte die Zuschauer mit meiner Spielweise einfach verzücken.“

Eine besondere Ehrung wurde dem ehemaligen Fußballer Antonín Panenka zuteil. Der mittlerweile 72-Jährige wurde zur Sportlegende erklärt und dazu mit dem Emil-Zátopek-Preis ausgezeichnet. Panenka hat in seiner aktiven Zeit stets mit seinem trickreichen Spiel begeistert. Noch heute gibt das damalige Schlitzohr zu, dass dies auch seine Absicht gewesen sei:

„Mein Credo im Fußball war, dass ich mein Spiel in technischer Hinsicht immer etwas höher anbinden werde als einfach nur gegen den Ball zu treten. Ich habe meine Mission darin gesehen, die Zuschauer zu unterhalten und selbst viel Spaß am Ball zu haben. Ich wollte alle mit Tricks und Finten überraschen, über die man noch lange spricht oder aber bis ins Detail analysiert. Ich wollte die Zuschauer mit meiner Spielweise einfach verzücken.“

International berühmt geworden ist Antonín Panenka mit dem entscheidenden Elfmeter im Europameisterschaftsfinale 1976 in Belgrad, dank dem die tschechoslowakische Mannschaft die Auswahl der Bundesrepublik Deutschland besiegte. Panenka gelang dies mit einem frechen Lupfer über den vergeblich in eine Torecke tauchenden Keeper Sepp Maier hinweg. Die negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie blieben indes auch der tschechischen Legende nicht erspart. Anfang Oktober hatte sich Panenka mit dem Virus infiziert und lag mit großen gesundheitlichen Problemen auf der Intensivstation einer Klinik im mittelböhmischen Benešov / Beneschau. Zwei Tage später hatte sich sein Gesundheitszustand zum Glück gebessert, und Panenka konnte kurz darauf die Intensivstation wieder verlassen. Wie alle seine Mitbürger hofft der einstige Fußballästhet für das neue Jahr, dass die Pandemie aus unserem Leben für immer verschwindet.

Autoren: Lothar Martin , František Kuna , Martin Charvát
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