Schloss Kynžvart: Blick hinter verschlossene Türen
Das Schloss Kynžvart / Königswart befindet sich im westböhmischen Bädergebiet. Die klassizistische Residenz diente früher dem österreichischen Kanzler Klemens Wenzel Metternich als Sommersitz. Genauso wie alle anderen Sehenswürdigkeiten hierzulande ist auch das Schloss zurzeit wegen der Corona-Pandemie für die Öffentlichkeit geschlossen. Das Team der Verwalter hat trotzdem viel zu tun.
Das Herrschaftsgut Kynžvart gehörte der Familie Metternich mehrere Jahrhunderte lang. Der österreichische Kanzler Klemens Metternich ließ das dortige Barockschloss in den 1820er und 30er Jahren im Stil des Wiener Klassizismus umbauen. Die Arbeiten führte der Architekt Pietro Nobile durch. Der Kanzler verbracht in der Residenz für gewöhnlich einen Teil des Sommers. Er nutzte das Schloss auch als einen Ort für Begegnungen mit anderen Herrschern und Diplomaten.
Metternich richtete in Kynžvart zudem ein Museum ein. Dieses zog vor allem viele Kurgäste aus Karlovy Vary / Karlsbad an. Mariánské Lázně / Marienbad liegt zwar näher, aber der dortige Kurbetrieb war damals erst im Entstehen. Heutzutage können die Besucher Metternichs Kunstsammlungen, zwei wertvolle Bibliotheken sowie ein einzigartiges Kuriositätenkabinett im Schloss bewundern. Štefan Brštiak ist in Kynžvart für die Öffentlichkeits- und Pressearbeit zuständig. Wenn die Residenz geöffnet ist, führt er zudem Besuchergruppen durch die prunkvollen Gemächer. Auf einem Schloss sei immer viel zu tun, auch wenn es geschlossen ist, sagt er.
„Wenn die Hauptsaison zu Ende ist, bereiten wir uns auf die nächste Saison vor. Es wird hier geputzt, die Kunstschätze müssen in Stand gesetzt werden. Da die Corona-Situation uns leider daran hindert, Kulturprogramme für die Öffentlichkeit zu organisieren, haben wir wenigstens ein Adventskonzert veranstaltet. Eine Aufzeichnung des Konzerts ist auf der Webseite des Schlosses und in den sozialen Netzwerken zu finden.“
Beim Adventskonzert präsentierten sich zwei Schüler der Fryderyk-Chopin-Musikschule in Marienbad, Marek Brštiak und Mael Mykiska. Es wurde in der Schlosskapelle des Heiligen Antonius von Padua veranstaltet, erzählt der Experte.
„Die Kapelle ist ein Kleinod des Schlosses. Sie wird nicht nur bei den Führungen gezeigt, sondern es finden hier Hochzeiten und Taufen statt. Musiziert wird hier nicht nur im Advent. Und während des Schlossfestes wird jedes Jahr ein Gottesdienst zu Ehren des Heiligen Antonius zelebriert.“
Während der Führung durch die Schlossgemächer macht Štefan Brštiak zuerst auf einige Exemplare aus der Sammlung von prunkvollen Tischservices aufmerksam.
„Dieses Service bekam Kanzler Metternich von der Stadt Brüssel geschenkt, als Dank für den Frieden in Europa nach den Napoleonischen Kriegen.“
Weitere wertvolle Geschenke, die Kanzler Metternich während seiner politischen Karriere erhielt, sind im sogenannten „Malachit-Salon“ zu sehen.
„Er war ein erfolgreicher Diplomat, der die Sympathien vieler Politiker genoss. Der russische Zar Alexander I. schenkte ihm beispielsweise eine Sammlung von Vasen aus Malachit, die hier gezeigt werden.“
Weiter geht es in den Blauen Salon. Dort wird an Napoleon, den wichtigsten Gegner Metternichs, erinnert. Unter den Exponaten befindet sich ein Waschbecken, in dem sich Napoleon im Exil auf der Insel Elba gewaschen haben soll. Zu sehen ist auch ein Medaillon mit Napoleons Haar.
Wiener Kongress
Im Arbeitszimmer Metternichs macht Brštiak auf ein mächtiges Möbelstück aus Eichenholz aufmerksam.
„Dies ist einer der vielen Tische, die beim Wiener Kongress benutzt wurden. Der Kongress dauerte fast ein Jahr lang. Angeblich wurde auf diesem Tisch die Schlussakte unterzeichnet.“
Der Sohn des Kanzlers, Richard, trat in die Fußstapfen seines Vaters. Er wurde ebenfalls Diplomat.
„Er war Botschafter am Hof von Napoleon III. Als er 1870 Paris verließ, um sein Eigentum zu verwalten, nahm er seine Bibliothek mit. Sie umfasst rund 6000 Bände. Hauptsächlich handelt es sich um diplomatische Schriften, aber es gibt da auch Märchen von Hans Christian Andersen.“
Kanzler Metternichs Bibliothek ist in einem anderen Schlossflügel untergebracht. Sie umfasst 24.000 Bände und gehört zu den bedeutendsten Adelsbibliotheken in Tschechien. Das älteste Werk ist ein Fragment des Alten Testaments aus dem 8. Jahrhundert.
Štefan Brštiak lädt in ein weiteres Schlosszimmer, den sogenannten „grünen Salon“ ein.
„So wird das Zimmer wegen der herrlichen grünen Tapete genannt. Früher traf die Familie in diesem Raum zusammen. Heute würden wir ihn als Wohnzimmer bezeichnen. Bei unseren Führungen erinnern wir hier an die Familie Metternich, die Porträts vieler Familienmitglieder hängen eben in diesem Salon. In der Dauerausstellung wird gezeigt, wie damals Tee serviert wurde. Die Servietten sind auf eine besondere Art, wie im 19. Jahrhundert, gefaltet. Gestaltet hat sie Jitka Bukovjanová vom staatlichen Denkmalschutzamt. Sie ist Expertin für den Alltag in Adelsfamilien. Ich muss zugeben, dass ich nicht so viel Geduld hätte wie unsere Mitarbeiterin bei der Gestaltung der Festtafel.“
Festmahl für den Kaiser
1835 besuchte der österreichische Kaiser Ferdinand I. Schloss Kynžvart. Im Großen Schlosssaal können sich die Besucher eine Vorstellung davon machen, wie die Tafel damals aussah.
„Zu sehen ist hier ein einzigartiges vergoldetes Tischservice von der Pariser Firma Thomire. Beleuchtet wird es mit Kerzen. In vollem Licht und Glanz können die Schlossbesucher den Festsaal bei verschiedenen Sonderveranstaltungen erleben, beispielsweise während der sogenannten ‚Nacht der Burgen und Schlösser‘. Das Originalmenü von 1835 war in Französisch verfasst, eine Übersetzung ins Tschechische steht zur Verfügung. Das festliche Tischservice wurde symbolisch als ein Festmahl der Götter gestaltet.“
Schloss Kynžvart wurde in diesem Jahr mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel ausgezeichnet. In der Residenz wird zudem die Daguerreotypie aufbewahrt, die 2017 ins Register des Weltdokumentenerbes der Unesco eingetragen wurde. Die Schlossverwaltung plant, eine neue Ausstellung zu den Sammlungen von Kanzler Metternich zusammenzustellen, in der auch die Daguerreotypie gezeigt wird. Zurzeit ist das Schloss wie alle Sehenswürdigkeiten geschlossen. Mehr erfahren Sie unter https://www.zamek-kynzvart.cz/de.