Groteskes Spiel um Gesundheitszustand von Tschechiens Staatspräsident
Selbst ein emotionaler Appell seiner Ehefrau hat nichts daran geändert: Über den Gesundheitszustand von Präsident Miloš Zeman wird in Tschechien weiter heftig spekuliert. Es geht um die Frage, ob das Staatsoberhaupt derzeit noch in der Lage ist, sein Amt auszuüben. Neue Nahrung für die Diskussionen lieferte der Vorsitzende des Abgeordnetenhauses, der ohne Wissen der Ärzte an Zemans Krankenbett war.
Am Donnerstagnachmittag wartete die tschechische Öffentlichkeit auf eine Stellungnahme der Präsidialkanzlei zum Krankenhausaufenthalt von Präsident Zeman. Umso erstaunter dürften alle gewesen sein, als dessen Ehefrau Ivana Zemanová vor die Mikrophone der Prager Burg trat.
„Die Spekulationen über Diagnosen und Prognosen im Falle meines Mannes halte ich für mindestens sehr unethisch. Sicher haben auch Sie schon erlebt, dass jemand Ihnen Nahestehender plötzlich erkrankt ist und Sie sich um ihn gesorgt haben. Ich möchte Sie um Geduld und die nötige Zeit bitten, damit mein Mann wieder zu Kräften kommen kann.“
Präsident Miloš Zeman liegt seit Sonntag auf der Intensivstation des Zentralen Militärkrankenhauses in Prag. Einen Tag vor seiner Einlieferung gingen die Wahlen zum Abgeordnetenhaus zu Ende, bei denen sich die tschechischen Bürger für einen Machtwechsel entschieden haben. Nun wollen alle im Land wissen, wie es politisch weitergeht. Und dafür sind auch einige Amtshandlungen des Staatspräsidenten wichtig.
Doch die Öffentlichkeit weiß nicht, ob Zeman derzeit amtsfähig ist. Umso erstaunlicher waren die Worte des Abgeordnetenhausvorsitzenden Radek Vondráček (Partei Ano) am späteren Donnerstagnachmittag.
„Ich habe den Präsidenten besucht, wir haben uns unterhalten. Er hat gescherzt und hatte gute Laune. Er hat auch seine Unterschrift unter das Dokument gesetzt, mit dem die konstituierende Sitzung des neuen Abgeordnetenhauses einberufen wird. Zeman hat sich für die Verhandlungen im Parlament interessiert und betonte, dass ausreichend Zeit dafür notwendig sei. Deswegen habe er den letztmöglichen Termin für die konstituierende Sitzung gewählt.“
Vondráček wurde seinen Aussagen nach vom Leiter der Präsidialkanzlei, Vratislav Mynář, zu Zeman geführt. Er hielt dann auch das Dokument mit der Unterschrift des Präsidenten in die Kameras. Demnach wird die Abgeordnetenhaussitzung für den 8. November einberufen.
Wenig später gab jedoch das Zentrale Militärkrankenhaus eine Pressemeldung heraus. In dieser hieß es, der Abgeordnetenhausvorsitzende sei ohne Wissen und Zustimmung der Ärzte bei Zeman auf der Intensivstation gewesen. Und weiter:
„Das Zentrale Militärkrankenhaus distanziert sich von den Äußerungen des Vorsitzenden Radek Vondráček, die den Gesundheitszustand des Präsidenten betreffen. Solche Informationen wurden nur seinen Angehörigen mitgeteilt.“
Am Freitag schlug der Besuch weitere Wellen. Zunächst wurde bekannt, dass die Polizei nun den Bereich des Zentralen Militärkrankenhauses überwacht, in dem der Staatspräsident liegt. Und Premier Andrej Babiš (Partei Ano) rügte öffentlichen seinen Parteikollegen Vondráček für dessen Vorgehen. Außerdem wurden zwei Strafanzeigen gegen unbekannt erstattet, weil befürchtet wird, dass Zemans Unterschrift unter der Einberufungsurkunde des Abgeordnetenhauses gefälscht sein könnte.
In diesem grotesken Spiel um den Gesundheitszustand des tschechischen Staatspräsidenten scheint das Grundlegende mittlerweile in den Hintergrund zu rücken. Denn zahlreiche Politiker wollen wissen, ob der Präsident derzeit sein Amt ausüben kann oder nicht. Am Donnerstagabend äußerte sich dazu der Vorsitzende des Verfassungsausschusses im Senat, Zdeněk Hraba (Bürgermeisterpartei Stan). Im öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen sagte er, es sei kein Problem, wenn der Staatspräsident sich vielleicht noch einen Monat erholen müsse und in dieser Zeit nicht tätig sei…
„Ich selbst habe kein Problem mit einer Frist von einem Monat. Aber der scheidende Premier Babiš muss jemanden haben, an den er seinen Rücktritt einreicht. Und wenn dies nicht der Präsident ist, dann müssen die beiden Parlamentskammern tätig werden“, so Hraba.
Das hieße, dass das Parlament nach Artikel 66 der tschechischen Verfassung auf den Sonderfall reagieren muss, dass Zeman aus schwerwiegenden Gründen sein Amt nicht ausüben kann. In dem Fall gehen seine Kompetenzen an den Premier und den Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses über. Gegen diese Entscheidung kann der Staatspräsident allerdings beim Verfassungsgericht klagen.