Dagmar Pecková singt alte europäische Weihnachtslieder
Traditionelle böhmische und mährische Weihnachtslieder, schöne Lieder aus alten böhmischen Gesangbüchern, aber auch Weihnachtslieder aus Deutschland, Schweden, Italien und weiteren europäischen Ländern – dies findet sich auf zwei CDs, die die international bekannte tschechische Mezzosopranistin Dagmar Pecková mit dem Ensemble Musica Bohemica aufgenommen hat.
Frau Pecková, wir haben in unserem Radio-Archiv zwei Weihnachts-CDs, die Sie in den vergangenen Jahren herausgegeben haben. Dabei handelte es sich um Ihre Zusammenarbeit mit dem tschechischen Musiker und Komponisten Jaroslav Krček und seinem Ensemble Musica Bohemica. Wie sind diese beiden CDs entstanden?
„Ich habe vor etwa sechs Jahren nach langer Zeit wieder Jaroslav Krček und seine Musica Bohemica live gehört. Das hat mich so fasziniert und vom Hokcer gerissen, dass ich zu ihm in die Garderobe gerannt bin und gesagt habe: ‚Herr Krček, ich will mit Ihnen Weihnachtslieder machen.‘ Ich mag angejazzte, moderne, poppige Weihnachtslieder nicht und würde mir so etwas nie in den CD-Spieler legen. Ich habe Sehnsucht nach etwas Klassischem, was schön ist und einfach das Herz berührt.“
Auf den CDs sind alte Weihnachtslieder verschiedener Völker Europas…
„Ich habe Jaroslav Krček gesagt, dass wir etwas Europäisches bringen müssen. Wir leben in Europa, und ich möchte, dass die Leute hierzulande deutsche, englische, französische, italienische, belgische, schwedische oder norwegische Weihnachtslieder kennenlernen. Es gibt so viele schöne Weihnachtslieder in Europa. Wir haben sie in den Originalsprachen aufgenommen. Die CD ‚Nativitas‘ wurde 2018 herausgebracht und blieb zehn Wochen lang auf dem ersten Platz der Hitparade. Der Erfolg war so groß, dass wir noch die CD Nummer zwei, ‚Exaltatio‘, gemacht haben. Das sind wieder andere europäische Lieder. Das Album kam 2020 heraus, mitten im Lockdown. Wir konnten also keine Konzerte veranstalten, um die CD zu präsentieren, die Tournee wurde abgesagt. Dieses Jahr ist es wieder so, weil die Promoter Angst haben, dass alle zu Hause hocken und niemand Lust hat, zwei Monate vor dem Konzert eine Eintrittskarte zu kaufen. Die CD wird daher nicht verkauft, obwohl ich sehr viel eigenes Geld hineingesteckt habe. Aber wir sind guter Hoffnung, denn Weihnachten ist jedes Jahr. Wenn also nicht im letzten und in diesem Jahr, dann bestimmt im nächsten.“
Auf der CD sind alle möglichen Sprachen zu hören, die Lieder haben aber ein gemeinsames Thema: die Geburt Christi. Gibt es Unterschiede, wie die einzelnen Völker dieses Thema in der Musik umsetzen?
„Manche sind sehr lustig, andere ganz langsam, eigentlich fast schon traurig. Bei ein paar Liedern denke ich wirklich: Mein Gott, das ist, als ob Maria, die das singt, ahnt, wie es mit ihrem Kind zu Ende gehen wird. Aber ich möchte unbedingt eine Story erzählen, die mir passiert ist. Es gibt da ein deutsches Lied, in dem Maria durch einen Dornenwald geht, der sieben Jahre lang keine Blätter getragen hat. Und plötzlich, als sie mit ihrem dicken Bauch durch den Wald geht, beginnen die Rosen zu blühen, mitten im Winter. Ich gehe jeden Tag zehn Kilometer laufen, egal was für ein Wetter ist. Einmal, ein paar Tage vor Weihnachten, bin ich gejoggt. Und plötzlich sehe ich einen blühenden Rosenstrauch vor mir. Ich bin stehen geblieben und habe an diese Maria mit dem dicken Bauch gedacht und mich gefragt: ‚Bin ich schwanger?‘ Gottseidank bin ich 60, und mir kann das nicht mehr passieren. Aber dieser blühende Rosenstrauch im Schnee, das war ein Wunder. Ich erzähle diese Geschichte gerne dem Publikum bei meinen Konzerten, und die Leute lachen sich kaputt. Dieser Zusammenhang mit Maria und ihrem dicken Bauch ist einfach lustig.“
Wie sind die tschechischen beziehungsweise böhmischen und mährischen Weihnachtslieder auf den CDs vertreten?
„Es sind sehr schöne Lieder aus verschiedenen Regionen Tschechiens. Manche klingen zum Beispiel wie Mozart. Die Lieder stammen aus unterschiedlichen Zeiten – aus der Renaissance, dem Barock oder dem Klassizismus. Da merkt man, wie stark dieses Volksschaffen mit dem Stil der jeweiligen Zeit verknüpft ist.“
Wir möchten nun ein paar Lieder vorspielen. Liegt Ihnen eines von ihnen besonders am Herzen?
„Ja, ‚Maria durch den Dornwald ging‘. Es bringt mich jedes Mal fast zum Weinen, wenn ich das höre. Nicht nur, wenn es von mir gesungen ist, sondern auch von anderen Sängerinnen. Es ist mein Lieblingslied, deshalb wollte ich es auch unbedingt mit Herrn Krček und seiner Musica Bohemica zusammen einspielen. Damit ich einfach mal sagen kann, das habe ich auch gesungen. Schon allein wenn ich von diesem wunderschönen Lied rede, fühle ich mich sofort gut.“