Neue Regierung Tschechiens setzt in Corona-Pandemie auf Eigenverantwortung
Die neue tschechische Regierung hat als erste Amtshandlung entschieden, den Notstand in Tschechien an Weihachten auslaufen zu lassen. Bezüglich familiärer und sozialer Kontakte an den Feiertagen ruft Gesundheitsminister Válek zur Zurückhaltung auf. Auch die Impfpflicht für Senioren wird vermutlich kassiert.
Eine Mischung aus Erleichterung und Bedenken beherrscht derzeit die Stimmungslage bezüglich der Corona-Pandemie in Tschechien. Die Sieben-Tage-Inzidenz beträgt aktuell 639 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner. Noch Ende November hatte sie bei über 1200 gelegen. Angesichts dieser Entwicklung hat die neue Regierung von Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) am Freitag in ihrer ersten Sitzung entschieden, den derzeit herrschenden Notstand nicht zu verlängern. Auf der anschließenden Pressekonferenz führte der Regierungschef aus:
„Falls sich die Lage wieder verschlechtern sollte, nimmt die Regierung die Debatte um den Notstand wieder auf. Wir wissen, was vor sich geht, und beobachten auch die Entwicklung der Omikron-Variante im Ausland. Wenn es nötig ist, werden wir schnell handeln können.“
Obwohl die Corona-Zahlen hierzulande stetig zurückgehen, lag Tschechien im EU-Vergleich vom Freitag aber immer noch an dritter Stelle hinter Dänemark und der Slowakei. Premier Fiala fügte entsprechend an, dass keine umfangreichen Lockerungen zu erwarten seien, auch wenn der Notstand nun am Samstag um Mitternacht ende. Fallen wird damit aber die Sperrstunde für Gastronomieeinrichtungen zwischen 22 und 5 Uhr. Mit Einführung des Notstands im November wurden zudem Weihnachtsmärkte verboten sowie der Konsum von Alkohol in der Öffentlichkeit.
Für die anstehenden Feiertage setzt die neue Regierung vor allem auf Selbstverantwortung. Gesundheitsminister Vlastimil Válek (Top 09) rief nach seiner Amtseinführung am Freitag dazu auf, die persönlichen Kontakte an Weihnachten zu beschränken. Er will im Kabinett zudem eine Einschränkung der Öffnungszeiten für Geschäfte verhandeln. Normalerweise könnten Läden ab 200 Quadratmetern am 24. und am 25. Dezember ohne Begrenzungen öffnen.
„Ich schlage der Regierung vor, die Geschäfte an Heiligabend um 12 Uhr zu schließen und sie am 25. Dezember geschlossen zu lassen“,
so Válek in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks. Mit Blick auf Silvester empfahl der Minister, ganz auf Partys zu verzichten. Falls die Corona-Zahlen nach den Feiertagen wieder ansteigen sollten, muss laut Válek im Januar wieder mit strengeren Maßnahmen gerechnet werden.
Zudem will der neue Ressortleiter die Impfpflicht für Senioren ab 60 Jahre kippen, auf die sich die Vorgängerregierung von Andrej Babiš (Partei Ano) geeinigt hatte. Diese sollte ab März gelten. Válek kündigte am Sontag im Privatfernsehsender CNN Prima News an, dass sein Impfkonzept Mitte Februar vorliegen und diese Maßnahme wahrscheinlich nicht enthalten werde. Die endgültige Entscheidung richte sich aber nach den Daten zur Omikron-Variante des Coronavirus, so der Minister. Am Dienstag waren in Tschechien insgesamt 14 dieser Infektionsfälle bekannt, laut Expertenanalysen verbreitet sich die Mutante bisher auf lokaler Ebene.
Váleks Rezept gegen eine weitere Ausbreitung von Corona ist seiner Auskunft nach eher ein stärkerer Einsatz von PCR-Tests. Dies ist ein Thema für den neu besetzten Corona-Krisenstab, der unter Innenminister Vít Rakušan (Bürgermeisterpartei Stan) erstmals am frühen Montagnachmittag zusammenkommt. In diesem Zusammenhang gab Rakušan am Sonntag im öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen bekannt, dass der Regierungsrat für Gesundheitsrisiken abgeschafft werde:
„Das neue Prinzip wird am Montag eingeführt. Zum Thema Corona und den entsprechenden Maßnahmen werden nun nur noch zwei Minister sprechen. Dies sind der Gesundheitsminister sowie der Innenminister als Vorsitzender des Krisenstabes.“
Wie Rakušan schon auf einer Pressekonferenz am Freitag sagte, habe der zentrale Krisenstab seine Funktion bisher nicht voll erfüllt:
„Wir müssen uns nun logischerweise mit der bisherigen Arbeit des Krisenstabes bekanntmachen und das Krisenmanagement wieder in den bestehenden Gesetzesrahmen zurückführen. Unsere Regierung hat nämlich den Eindruck, dass davon in den vergangenen zwei Jahren ziemlich abgewichen wurde.“
Ihre Corona-Politik will die neue Regierung nun vor allem am bestehenden Pandemiegesetz ausrichten. Welche konkreten und eventuell neuen Maßnahmen nach Beendigung des Notstandes in Tschechien gelten werden, wird am Mittwoch bekanntgeben.