Halbindustrielle Agrarunternehmen vs. kleine Farmen – Streit um Umverteilung von EU-Fördergeldern
Vor dem Sitz der tschechischen Regierung in Prag haben am Dienstag Landwirte gegen geplante Änderungen bei der Auszahlung von EU-Fördergeldern protestiert. So will das neue Kabinett in den Jahren 2023 bis 2027 stärker kleine Privatbetriebe unterstützen als große halbindustrielle Agrarunternehmen, wie dies das vergangene Kabinett Babiš vorgesehen hatte.
Rund 4000 Menschen versammelten sich vor dem Regierungsamt. Einige von ihnen hatten Transparente dabei, auf denen die Qualität tschechischer Produktion gepriesen wurde. Dana Večeřová ist Vorsitzende der Lebensmittelkammer.
„Unsere Lebensmittel gehören zu den besten der Welt. Wollen wir, dass dies nun verloren geht?“
Ihren Worten zufolge dürfte die Umverteilung der Fördergelder zu Preiserhöhungen führen.
Die Demonstration wurde von der Agrarkammer einberufen. Diese verlangt, dass die neue Regierung den Plan des Vorgängerkabinetts für die Vergabe von EU-Fördergeldern in Höhe von 140 Milliarden Kronen (5,6 Milliarden Euro) in den nächsten Jahren beibehält.
Landwirtschaftsminister Zdeněk Nekula (Christdemokraten) kritisierte jedoch vorige Woche, dass in den vergangenen Jahren die Verteilung der EU-Fördergelder zugunsten der großen Agrarunternehmen geregelt worden war. Dies möchte der neue Minister korrigieren. Der Verband der Privatlandwirte, in dem kleinere Unternehmen und Familienbetriebe zusammengeschlossen sind, begrüßt die angedachten Änderungen. Verbandspräsident Jaroslav Šebek warf der Agrarkammer vor, die Teilnehmer der Demonstration gezielt zu manipulieren. Laut Šebek dienten sie nur als Mittel für die Interessen der tschechischen Agrarbarone. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks sagte Šebek:
„Kleinere landwirtschaftliche Betriebe erhalten derzeit Fördergelder in einer Höhe von 8000 (320 Euro) bis 10.000 Kronen (400 Euro) pro Hektar Fläche. Große Agrarunternehmen bekommen hingegen 12.000 (480 Euro) bis 14.000 Kronen (560 Euro) pro Hektar. Außerdem führt das ganze System an Subventionen und ihrer Auszahlung dazu, dass kleine Farmen oft gar keinen Zugang zu EU-Fördermitteln bekommen.“
Der Verband der Privatlandwirte kritisiert in diesem Zusammenhang besonders Andrej Babiš (Partei Ano). Als tschechischer Premier habe er die obligatorischen Förderungen der gemeinsamen EU-Landwirtschaftspolitik so versucht einzusetzen, dass die größten Agrarkonzerne noch mehr Geld erhalten haben.
Martin Pýcha ist Vizepräsident der Agrarkammer. Im Tschechischen Rundfunk verteidigte er den vom Kabinett Babiš zusammengestellten nationalen strategischen Plan für die Landwirtschaft und begründete die Einberufung der Demonstration:
„Der nationale strategische Plan wurde anderthalb Jahre lang diskutiert. Auch die Agrarkammer konnte ihre Vorschläge vorlegen, einige davon wurden akzeptiert. Aber wir hatten die Möglichkeit, unsere Meinung zu sagen. Die Änderungen werden hingegen derzeit geheim ausgearbeitet. Das gefällt uns einfach nicht.“
Laut Pýcha könnten durch die Umverteilung der EU-Gelder einige Agrarsparten Bedroht sein wie beispielsweise die Schweinezucht oder die Zuckerrübenproduktion. Der Vizevorsitzende des Verbandes der Privatlandwirte, Jan Štefl, bezeichnete Pýchas Behauptungen als erfunden. Štefl betonte:
„Man sollte nicht die Vermutung verbreiten, dass kleine Bauern nun auf einmal sehr viel Geld bekommen würden“.