Tschechische Politiker würdigen Verdienste von Madeleine Albright
Im Alter von 84 Jahren ist am Mittwoch die ehemalige US-Außenministerin Madeleine Albright gestorben. Die gebürtige Pragerin pflegte bis zum Ende ihres Lebens enge Verbindungen nach Tschechien. Zahlreiche Vertreter aus Politik und Gesellschaft haben nun hierzulande ihre Verdienste gewürdigt.
Madeleine Albright war die erste Frau an der Spitze des US-Außenministeriums. Ihr Lebensweg wirkt wie ein Paradebeispiel für die Erfüllung des amerikanischen Traumes. 1937 als Marie Jana Korbelová in Prag geboren, flüchtete ihre Familie vor den Nationalsozialisten nach London. Nach der kommunistischen Machtübernahme in der Tschechoslowakei 1948 siedelte sie in die USA über.
Als Tochter eines Diplomaten war der jungen Frau ein Interesse für außenpolitische Themen quasi in die Wiege gelegt worden. Albright habe aber Zeit ihres Lebens auch ein starkes Geschichtsbewusstsein gepflegt, betont Alexandr Vondra (Bürgerdemokraten). Der ehemalige tschechische Botschafter in den USA und heutige Europaabgeordnete sagte am Donnerstagmorgen in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:
„Sie hat es von allen Tschechen am weitesten in der amerikanischen Politik gebracht und trotzdem nie ihre Heimat vergessen, aus der sie als Kind zweimal fliehen musste – vor den Nationalsozialisten und vor den Kommunisten.“
Albright sprach fließend Tschechisch und besuchte ihr Geburtsland nach 1989 mehrfach. Durch die Freundschaft mit Jiří Dienstbier, dem ersten Nach-Wende-Außenminister, half sie, die tschechoslowakische Diplomatie neu auszurichten. In dieser Zeit knüpfte sie auch enge freundschaftliche Bande mit Václav Havel. Dessen damaliger Berater und künftiger Botschafter in den USA, Michal Žantovský, erinnert sich an Albright als eine fröhliche Gesellschafterin und gute Freundin:
„Meine stärkste Erinnerung stammt aus den ersten Wochen nach der Samtenen Revolution, als sie uns geholfen hat, uns an die Umgebung eines Präsidentenbüros zu gewöhnen. Und während der ersten Reise von Václav Havel nach Washington hat sie uns dann auch das Umfeld des Weißen Hauses nähergebracht.“
Madeleine Albright war von 1997 bis 2001 an der Seite von Bill Clinton amerikanische Außenministerin. Ihr Einfluss auf die US- und Weltpolitik wirkt bis heute nach. Eines ihrer wichtigen Anliegen war die Nato-Osterweiterung, in deren Rahmen 1999 auch Tschechien, Polen und Ungarn in die Allianz aufgenommen wurden. Entsprechend würdigte Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) am Mittwoch die außerordentlichen Verdienste Albrights für sein Land. Ähnlich formuliert es Žantovský:
„Sie war eine der letzten Vertreterinnen einer internationalistischen Außenpolitik, mit der sich die USA für das Ende des Kalten Krieges einsetzten – mit einem für uns erfolgreichen Ergebnis. Dazu gehörte auch die Aufnahme der nun freien und demokratischen Länder in die internationale Gemeinschaft.“
Albrights politische Verdienste fanden allerdings nicht immer nur Anklang. 1999 wurde sie stark kritisiert als eine der vehementesten Fürsprecher im Clinton-Kabinett für den Nato-Einmarsch im Kosovo. Bis zu ihrem Lebensende verteidigte sie diese Entscheidung, mit der nach ihren Worten ein Genozid in Osteuropa verhindert worden sei. Alexandr Vondra verweist auf die humanistischen Werte der Verstorbenen:
„Madeleine Albright war eine Idealistin. Ihr ganzes Wirken in der Außenpolitik war getragen von den Bemühungen nach mehr Freiheit, Menschenrechten und Demokratie überall auf der Welt. Heute, angesichts von Putins Aggression und des Krieges in der Ukraine, befinden wir uns schon in einer anderen Welt, in der es viel mehr um Realpolitik geht.“
In ihrer Geburtsstadt Prag soll das Gedenken an Madeleine Albright auch zukünftig aufrechterhalten werden. Verkehrsstadtrat Adam Scheinherr hat am Donnerstag im Stadtparlament den Vorschlag eingebracht, eine neu geplante Moldaubrücke im Süden der Hauptstadt nach der Politikerin zu benennen.