Vom Sockel gestürzt: General Konew und Kosmonautin Tereschkowa verlieren Ehrenbürgerschaften
Im Zuge des Krieges gegen die Ukraine geraten in Tschechien auch umstrittene sowjetische Persönlichkeiten in den Fokus. Einer von ihnen ist der Weltkriegsgeneral Iwan Konew, der eigentlich als Befreier Prags galt. Und in einem weiteren Fall geht es um die erste Frau im Weltraum, die mittlerweile 85-jährige Russin Walentina Tereschkowa. Beiden wurde nun die Ehrenbürgerschaft in Prag beziehungsweise České Budějovice / Budweis aberkannt.
Konew beteiligte sich zu Ende des Zweiten Weltkriegs an der Befreiung Prags sowie eines Teils von Polen und auch Sachsens. Am 6. Juni 1945 wurde ihm daher die Ehrenbürgerschaft Prags verliehen. Doch am Montag entschied der Stadtrat, Konew diese Auszeichnung wieder abzuerkennen.
Den entsprechenden Antrag stellte Oberbürgermeister Zdeněk Hřib (Piraten). Seinen Aussagen nach muss die Ernennung zum Ehrenbürger im Prisma der damaligen Zeit gesehen werden. Heute sei sie aber nicht mehr zeitgemäß, so der OB:
„Mit der Zeit sind Tatsachen ans Licht gekommen, die nicht davon zeugen, dass Konew ein ehrbarer Mensch gewesen ist. Deswegen kann er auch nicht Ehrenbürger Prags sein. Zum Beispiel geht es darum, dass er nach Ende des Krieges die Bombardierung von Mladá Boleslav anordnete. Dadurch wurden 150 Zivilisten getötet, darunter auch Kinder.“
Die Aberkennung der Ehrenbürgerschaft fiel genau auf den 80. Jahrestag der Bombardierung. Aber nicht nur der sinnlose Angriff auf die Stadt in Mittelböhmen vom 9. Mai 1945 hat dem Mythos Konew geschadet. Schon länger bekannt war seine Beteiligung an der Unterdrückung des Ungarischen Volksaufstandes im Jahr 1956. Zudem war er während des Mauerbaus 1961 Oberkommandierender der Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland. Der Prager Oberbürgermeister Hřib schrieb zudem in seinem Antrag:
„Er vertrat ideologisch zugespitzte Positionen. Unter anderem stimmte er nicht mit der Entscheidung von Nikita Chruschtschow überein, Stalins Verbrechen zu kritisieren und dessen Personenkult zu verurteilen. In Reaktion auf die Demokratisierungsbemühungen in Polen erwog er zudem, im Oktober 1956 dort militärisch einzugreifen.“
Einige Prager Stadtbezirke haben sich schon in den vergangenen Jahren mit der Person Konews auseinandergesetzt. So ließ der sechste Bezirk im April 2020 eine Statue des Sowjetgenerals demontieren. Und im Stadtteil Žižkov soll die nach dem Militär benannte Straße Koněvova umbenannt werden.
Unmittelbar mit dem Krieg in der Ukraine hat hingegen der Fall der ehemaligen Kosmonautin Walentina Tereschkowa zu tun. Die Raumfahrtpionierin hatte 1979, also zu kommunistischen Zeiten, die Ehrenbürgerschaft im südböhmischen Budweis erhalten. Diesen Titel darf die 85-jährige Russin aber seit Montag nicht mehr tragen.
„Der Stadtrat hat einen Vorschlag eingebracht, um Tereschkowa die Ehrenbürgerschaft zu entziehen. Dies geschah nach Diskussionen der Stadtverordneten, in deren Folge der Stadtrat zum Handeln aufgefordert wurde. Dies ist dann auch geschehen, und die Stadtverordneten haben dem Antrag nun mit der absoluten Mehrheit stattgegeben“, erläuterte der Budweiser Oberbürgermeister Jiří Svoboda (Partei Ano).
Denn Walentina Tereschkowa hat als Angehörige der russischen Staatsduma den Einmarsch in die Ukraine unterstützt. Zudem gehört sie zu den ergebensten Anhängern von Wladimir Putin. Im vergangenen Jahr stand im Übrigen schon einmal die Ehrenbürgerschaft der ehemaligen Astronautin auf der Tagesordnung. Damals fand sich unter den Stadtverordneten von Budweis aber noch keine Mehrheit für die Aberkennung.