Unbeliebter Beruf: Schuldirektoren in Tschechien sind doppelt belastet
Gehört die Tätigkeit eines Schuldirektors oder einer Schuldirektorin zu den attraktiven Berufen in Tschechien? Eher nicht, meinen nicht nur Vertreter der Schulinspektion.
Im Magistrat von Prag gab es am Mittwoch eine Konferenz mit dem Titel „Jak vybrat dobrého ředitele“, zu Deutsch: Wie wählt man einen guten Schuldirektor aus? Als Redner trat unter anderem Bildungsminister Petr Gazdík (Stan) auf. Veranstaltet wurde die Tagung von dem Informationszentrum für Bildungsfragen EDUin sowie von der tschechischen Schulinspektion. Deren stellvertretender Leiter Ondřej Andrys bedauert, dass der Direktorenberuf in Tschechien keinen guten Ruf hat. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks sagte er am Mittwochmorgen:
„Bei Ausschreibungen gibt es immer noch zu wenige Interessenten. Allein im Schuljahr 2020/2021 fanden 515 Neubesetzungen statt, und in den meisten Fällen gab es nur einen Bewerber.“
Das habe eindeutige Gründe, fährt Andrys fort. Denn während in anderen Ländern der Erde die Aufgaben der Schulleitung auf mehrere Posten verteilt seien, gelte für die Schulen in Tschechien ein außergewöhnlich hohes Maß an Zentralisierung:
„Hierzulande ist der Direktor selbst für alles verantwortlich. Er muss sich um Personalfragen kümmern, um die Finanzen, die Gesetzeslage, um Sicherheitsfragen und den eigentlichen Schulbetrieb. Und dann wird von ihm noch erwartet, dass er als Oberlehrer fungiert.“
Für die pädagogischen Aufgaben bleibe den Direktoren hierzulande einfach keine Zeit mehr. Dabei müssten der Ablauf und die Qualität des Unterrichts doch eigentlich ihre Hauptaufgabe sein, meint Andrys. Entsprechend seien im aktuellen Schuljahr auch schon die Vorgaben für Neueinstellungen angepasst worden. Bewerbungsgespräche würden inzwischen mit einem anderen Schwerpunkt als bisher geführt, so der Schulinspektor:
„Die Auswahlkommission setzt sich zusammen aus Vertretern der Verwaltung, der Schulinspektion sowie weiteren Experten für die Leitung von Schulen, aber auch für Psychologie oder Personalfragen. Ihre Aufgabe ist es, die Kandidaten zu bewerten. Dabei hilft ihnen ein Leitfaden mit den aktuellen Vorgaben, und dieser hebt nun die pädagogische Seite und die Unterrichtsführung als Schlüsselaufgaben hervor.“
Die öffentlichen Schulen in Tschechien werden von den Städten und Gemeinden betrieben. Die Konferenz vom Mittwoch war nur eine Veranstaltung von vielen, die unter dem Motto „Lepší škola“ (Bessere Schule) zur Weiterbildung und Unterstützung lokaler Verwaltungen beitragen sollen. Ein wiederkehrendes Thema ist dabei auch die Bewältigung administrativer Aufgaben – die bisher ebenfalls gänzlich in Verantwortung der Direktoren liegt. Dazu Andrys:
„Die Aufgabe der Direktoren ist wirklich nicht einfach, denn Schulen sind keine freiwilligen Einrichtungen, sondern öffentliche Institutionen. Auch wenn sie privat betrieben werden, bekommen sie Geld aus dem Staatshaushalt und müssen sich nach dem Gesetz zu öffentlichen Dienstleistungen richten. Bürokratische Aufgaben werden logischerweise immer damit verbunden sein.“
Er stimme aber zu, dass die Direktoren dadurch mit doppelter Arbeit belastet seien. Zumal sie die Tätigkeiten der Schule nicht nur gegenüber den Verwaltungen als Betreiberinstitution offenlegen müssten, sondern auch gegenüber Finanz- oder Kontrolleinrichtungen. Das Bildungsministerium würde darum seit langem und intensiv daran arbeiten, die entsprechenden Vorgaben zu vereinfachen, versichert Ondřej Andrys.