Fasziniert vom menschlichen Gesicht – die tschechische Malerin Alžběta Müller in München
Im Mittelpunkt der der Bilder von Alžběta Müller steht der Mensch. Die Malerin ist fasziniert vom Gesicht mit seinem Ausdruck und seiner Ausstrahlung sowie vom Erforschen des eigenen Ichs. Müller stammt aus Tschechien und lebt seit 25 Jahren in Deutschland. Radio Prag International hat mit der Künstlerin am Rande ihrer Ausstellung in München gesprochen.
Frau Müller, wir treffen uns im Üblacker Häusl in München. Hier wurde gerade Ihre Ausstellung „Von Angesicht zu Angesicht“ eröffnet. Wir sind tatsächlich umgeben von Porträts. Was ist hier zu sehen?
„Die Ausstellung bringt einen Querschnitt durch meine Arbeit. Mein Thema ist der Mensch, ich konzentriere mich auf Porträts und figurative Arbeiten. Eigentlich sind das Gesicht und die Augen für mich faszinierend. Man sagt, die Augen sind das Fenster in die Seele. Schon während der Arbeit, wenn ich male, kommt auf einmal ein Moment, in dem ich plötzlich den Menschen darin spüre. Als ob es ein Stück der Seele in dem Bild gebe. Deshalb sind die Gesichter für mich das Wichtigste.“
„Die Augen sind das Fenster in die Seele. Schon wenn ich male, kommt auf einmal ein Moment, in dem ich plötzlich den Menschen, ein Stück seiner Seele im Bild spüre.“
Hat sich dieser Schwerpunkt bei Ihnen langsam herausgeschält, oder haben Sie sich von Anfang an für Porträts interessiert?
„Tatsächlich galt das von Anfang an. Schon wenn ich mir meine ganz alten Bilder anschaue, stand immer der Mensch im Mittelpunkt. Früher habe ich mehr Akt-Darstellungen gemacht, man konnte mehr vom Körper sehen. Später hat sich mein Interesse stärker auf das Gesicht konzentriert.“
Wir sehen hier überwiegend großformatige Bilder. Warum dieses Großformat?
„Meine Art, wie ich arbeite, ist etwas grober. Ich mache eine grobe Strichführung, die feine Arbeit ist eigentlich nicht mein Thema. Ich mag große Formate, eigentlich noch größer als die Bilder hier, aber das wäre in dem kleinen Raum hier nicht möglich.“
Können Sie die Bilder und die technischen Mittel beschreiben, mit denen Sie arbeiten?
„Vom Material her ist es meistens Acryl auf Leinwand, manchmal auch Ölfarbe. Man könnte sagen, dass die Bilder ziemlich farbenfroh sind. Es ist viel Rot drin, aber auch viel Schwarz. Manchmal benutze ich ebenfalls Kollagen, damit habe ich vor ein paar Jahren angefangen.“
Der Hintergrund ist oft dunkel, und das Gesicht tritt hervor, würde ich sagen…
„Genau. Und zwar weil mir das Gesicht so wichtig ist. Der Hintergrund interessiert mich überhaupt nicht. Ich tue mich wirklich schwer, wenn ich irgendwas Konkretes malen muss, irgendeine Hintergrundgeschichte, einen Raum oder so etwas. Manchmal ist das wichtig, wenn man etwa bestimmte Situationen darstellen möchte, aber eigentlich habe ich sehr gerne einen schwarzen Hintergrund. Das ist mir am liebsten, weil das Gesicht daraus richtig hervortritt und herausstrahlt.“
Wie entstehen Ihre Bilder? Sitzt eine Person bei Ihnen im Atelier, und Sie malen sie?
„Das Malen dauert lang – mehrere Tage, manchmal auch Wochen. Das würde keiner aushalten. Deshalb mache ich zunächst ein Foto-Shooting mit der Person, 20 bis 30 Bilder. Das dauert etwa eine halbe Stunde. Dann schaue ich mir die Aufnahmen in Ruhe am Computer an und suche das aus, was mich am meisten anspricht – wo ich das Gefühl habe, das ist wirklich der Mensch, den ich darstellen will.“
„Es sind sehr viele Selbstporträts. Bei mir selbst weiß ich am besten, was ich spüre, welche Gefühle ich habe, und kann das am besten darstellen.“
Wer sind die Personen, in deren Augen wir hier schauen?
„Es sind sehr viele Selbstporträts. Bei mir selbst weiß ich am besten, was ich spüre, welche Gefühle ich habe, und kann das am besten darstellen. Oft sind es auch meine Kinder. Als sie klein waren, war es für mich als Malerin nicht so interessant. Aber mittlerweile sind sie 16 und 20 Jahre alt, deswegen sind sie öfters auf meinen Bildern zu sehen. Ich finde gerade dieses Alter sehr interessant, wenn man nicht mehr Kind und noch nicht ganz erwachsen ist. Es ist ein sehr spannendes Alter, in dem im Menschen sehr vieles passiert.“
Sie haben gerade eine Ausstellung in München. Sie leben und schaffen auch in der Stadt, kommen aber eigentlich aus Tschechien. Wie war Ihr weg nach Deutschland?
„Ich habe gar nicht geplant, so lange in Deutschland zu bleiben. Mittlerweile sind es über 25 Jahre. Damals, ich war 23 oder 24 Jahre alt, bin ich für ein Jahr gekommen, um mein Deutsch zu verbessern. Es war ein Zeitpunkt, an dem ich sowieso mein Leben ändern wollte. Zunächst habe ich als Buchrestauratorin gearbeitet. Die Beschäftigung war sehr interessant, aber irgendwie habe ich gefühlt, dass ich das nicht mein ganzes Leben lang machen will. Da ich nicht genau wusste, wo ich wieder anfangen soll, dachte ich, eine Pause würde mir gut tun. Ja, und jetzt bin ich seit 25 Jahren hier. Ich habe mich verliebt, geheiratet, Kinder bekommen und bin hier geblieben.“
„Ich habe gar nicht geplant, so lange in Deutschland zu bleiben. Ich bin ich für ein Jahr gekommen, um mein Deutsch zu verbessern. Mittlerweile sind es über 25 Jahre.“
War es schwierig für Sie, sich als Malerin hier durchzusetzen?
„Es ist nicht einfach. Man hat das Gefühl, gerade in größeren Städten, dass es hier wirklich sehr viele Künstler gibt – auch sehr viele gute Künstler. Ich weiß nicht, ob ich mich jetzt sehr gut durchgesetzt habe, aber ich habe ab und zu Ausstellungen und nehme an Gruppenausstellungen teil. Ich glaube, dass man mich schon ein bisschen kennt, zumindest in München.“
Stehen Sie vielleicht auch mit tschechischen Künstlern in Kontakt? Oder stellen Sie auch in Tschechien aus?
„Ich nehme seit sehr vielen Jahren an einem internationalen Symposium in Tschechien teil. Dieses findet in Zubrnice in der Nähe von Ústí nad Labem statt, woher ich auch komme. Jetzt war zwei Jahre lang eine Pause wegen Corona, und ich hoffe, dass es nächstes Jahr wieder stattfindet. Mittlerweile kennt man dort schon einige Leute. Zwar gibt es immer auch ein paar neue Teilnehmer, aber ein gewisser Kern von Menschen kommt immer wieder. Dort habe ich Kontakte zu einigen tschechischen Künstlern geknüpft. Aber Deutsche nehmen ebenso teil. Man hat immer vor Ort eine gemeinsame Ausstellung, in der Kirche des Dorfes, und dann wird die Ausstellung oft auch in Prag gezeigt.“
„Man hat das Gefühl, gerade in größeren Städten, dass es hier wirklich sehr viele Künstler gibt – auch sehr viele gute Künstler.“
Sie sind noch in einem weiteren Bereich tätig. Und zwar in der Galerie Bananenkistl in Regensburg, in der sich Menschen mit Behinderung künstlerisch betätigen können. Sie betreuen sie dabei…
„Ich bin über einen guten Freund dazu gekommen, der das selber schon paar Jahre zuvor geführt hat. Ich bin jede zwei Wochen mit dabei. Das ist eine sehr interessante Arbeit. Wir haben da ein Atelier, in dem wir arbeiten, aber auch Ausstellungen stattfinden. Zweimal haben wir auch schon in Prag ausgestellt, beim Integrationsfestival Sonne / Slunce. Das war ein Highlight. Wir sind mit einer kleinen Gruppe nach Prag gefahren und haben dort drei Tage verbracht. Es sind junge Leute im Alter von etwa 20 Jahren. Für sie ist es total schön, irgendwo ihre Kunstwerke zu präsentieren und zu zeigen, dass sie auch etwas können und etwas wert sind. Sie freuen sich darüber und halten auch gerne lange Reden bei Vernissagen. Sie sind wirklich total happy.“
Alžběta Müller stellt ihre Werke in der Galerie Üblacker-Häusl in München-Haidhausen aus. Die Ausstellung „Von Angesicht zu Angesicht“ ist bis 12. Juni zu sehen. Öffnungszeiten sind Mittwoch und Donnerstag von 17 bis 19 Uhr sowie Freitag und Sonntag von 10 bis 12 Uhr. Der Eintritt ist frei.