Audienz bei Karl I. in Brandýs nad Labem: Mit Radetzky-Marsch und neuer Gedenktafel
In der mittelböhmischen Stadt Brandýs nad Labem / Brandeis fanden am Samstag historische Feierlichkeiten statt. Bei der sogenannten „Audienz bei Kaiser Karl I.“ wurde an den letzten Kaiser von Österreich erinnert, der vor 100 Jahren gestorben ist.
Im Schlosspark wimmelte es am Samstagvormittag von Menschen. Das Radetzky-Orchester eröffnete die Audienz bei Karl I. natürlich mit dem Radetzky-Marsch. Der ehemalige Kastellan des Schlosses in Brandýs, Milan Novák, ist einer der Initiatoren der Veranstaltung. In seiner Rede erinnerte er daran, dass der letzte Habsburger-Kaiser und böhmische König Karl I. am 1. April 1922 gestorben ist.
„Unsere Audienz knüpft an die Feierlichkeiten vom April dieses Jahres an. Damals wurden Reliquien des seligen Kaisers Karl im Prager Veitsdom und im Wenzelsdom in Olomouc bestattet. In unserer Stadt wird das Andenken des Kaisers schon seit 20 Jahren geehrt. Wir treffen hier in einer Zeit zusammen, in der Russland wegen seiner imperialen Vorstellungen einen Angriffskrieg gegen die Ukraine entfesselt hat. Es gibt mehr Gründe als jemals zuvor, an das geistige Vermächtnis des letzten böhmischen Königs zu erinnern. Es ist die Botschaft eines Friedenskaisers, eines wirklich gläubigen Menschen. Aus Gründen der Pietät verzichten wir auf Ehrensalven. Stattdessen gedenken wir aller Kriegsopfer und erinnern uns an diejenigen, die weiterhin ihre Leben opfern, um das Übel zu stoppen.“
Während des Festes wurde auf die Worte des französischen Schriftstellers Anatol France aufmerksam gemacht, die er 1918 über den letzten Habsburger-Herrscher sagte:
„Kaiser Karl wollte den Frieden. Er war der einzige anständige Mann, der während des Krieges eine verantwortliche Position vertrat, man hörte ihm jedoch nicht zu.“
Im Schlosspark versammelten sich Männer und Frauen in historischen Kostümen aus verschiedenen Zeitepochen. Mit musikalischer Begleitung begaben sie sich auf einen Umzug Richtung Stará Boleslav. Dort wurde am Gebäude der ehemaligen Jesuitenresidenz eine Gedenktafel für Kaiser Karl enthüllt. Anschließend zelebrierte der Bischof von Budweis, Pavel Posád, einen Festgottesdienst in der Maria-Himmelfahrtskirche. Unter den Teilnehmern war auch ein Vertreter der Familie Habsburg, Georg Maria von Habsburg-Lothringen. Er sagte gegenüber Radio Prag International, dass er schöne Erlebnisse aus Brandeis mitnehme.
„Ich fühle mich hier wirklich wohl. Man merkt, dass es hier im positiven Sinne aufwärts geht. Es ist inzwischen viel passiert. Die Kirche ist jetzt wunderschön renoviert.“
Sie sind in den vergangenen Jahren bereits mehrmals zu diesen Feierlichkeiten gekommen. Haben Sie schon in der Jugend mehr über Brandeis gehört?
„Natürlich. Denn einer meiner Vorfahren – Ludwig Salvator – hatte mit Brandeis viel zu tun. Ich hatte zu Hause viele Bücher mit Zeichnungen, die er selber verfasst hatte. Und so waren mir sowohl die Persönlichkeit von Ludwig Salvator, als auch Brandeis ein Begriff.“
Ludwig Salvator war ein passionierter Naturforscher und war viel auf Reisen, vor allem im Mittelmeerraum. Sind Sie schon auf seinen Spuren gereist?
„Noch nicht. Ich war zum Beispiel noch nie auf Mallorca, wo er lange gelebt hat. Aber das werde ich noch nachholen.“
Karl I. war bis zum Zerfall der Monarchie Besitzer des Schlosses in Brandýs nad Labem. Das mittelböhmische Städtchen kannte er jedoch aus seiner Jugend gut, denn er absolvierte seinen Militärdienst beim 7. Dragoner-Regiment in der Garnison Brandeis. Auch als junger Herrscher kehrte er gern in die Stadt zurück. Den Erinnerungen der Zeitzeugen zufolge verstand er Tschechisch und kannte sich in der tschechischen Geschichte gut aus.