Im Briefkasten: Archäologie, Muttertag, Nationalismus

Wir blättern in der Hörerpost und zitieren aus Ihren Zuschriften.

Zahnradbahn von Tanvald nach Harrachov | Foto: Lukáš Kalista,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0 DEED

Unsere Quiz-Frage für den Juni lautet:

Vor 120 Jahren (am 30. Juni 1902) wurde die Zahnradbahn von Tanvald nach Harrachov in Betrieb genommen. Es ist bis heute die steilste Eisenbahnstrecke in Tschechien. Welchen Höhenunterschied muss sie überwinden?

Schicken Sie uns Ihre Antwort an [email protected].

Die richtige Antwort aus dem Vormonat (Mai) lautete: Bayern München.

Eben gegen die Bayern gewann der FC Chelsea mit dem legendären tschechischen Fußballspieler Petr Čech im Tor vor zehn Jahren das Finale der Champions League und holte damit den Titel.

Richtig geantwortet haben unter anderem Johann Auer aus Österreich und Ulrich Wicke aus Deutschland, die jeweils einen Sachpreis von uns bekommen. Herzlichen Glückwunsch!


Und nun zu Ihren Briefen und E-Mails, liebe Hörerinnen und Hörer. Ralf Urbanczyk aus Eisleben hat eine der Folgen unserer Serie zur tschechischen Archäologie besonders spannend gefunden, nämlich jene, in der es um die Kreisgrabenanlagen aus der mittleren Jungsteinzeit ging:

Kreisgrabenanlage in Schalkenburg | Foto: Einsamer Schütze,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0

„Nur wenige Kilometer nördlich von meinem Wohnort Eisleben entfernt, leicht mit dem Fahrrad zu erreichen, befindet sich nämlich auch so eine Anlage – die Schalkenburg. Die von den Archäologen in Ihrem Programm angeführten Eigenschaften und Ausführungen der Kreisgrabenanlagen in Tschechien passen haargenau auch auf unsere Schalkenburg, welche im Außenkreis einen Durchmesser von 96 Metern aufweist und drei Durchgänge hat. Die Archäologen haben in den Ausgrabungen, die von den 1960er bis in die 1980er Jahre dauerten, diese Anlage der ebenso in den Gesprächen in Ihrem Programm erwähnten Stichbandkeramik-Kultur zugeordnet. Die interessanten Interviews in Ihrem Programm haben mich jetzt angestoßen, bei schönem Wetter mein Fahrrad herauszuholen und noch einmal dorthin zu fahren.“

Archäologische Funde

Die Archäologen graben aber nicht immer nur nach Überresten aus der Vorgeschichte oder dem Mittelalter. Joachim Thiel aus Wuppertal erwähnt unseren Beitrag über die Erforschung von Funden aus den ehemaligen NS-Lagern auf dem Gebiet Tschechiens:

Funden aus dem ehemaligen NS-Lager in Rolava | Foto:  Archäologisches Institut der tschechischen Akademie der Wissenschaften

„Der Beitrag über archäologische Funde von früheren Lagern in Tschechien war für mich heute besonders von Interesse. Erstaunlich, was man doch noch alles gefunden hat und wie man daraus interpretieren kann, wer dort interniert war.“

Herr Thiel stellt uns außerdem eine Frage:

„Am 8. Mai feiern wir in Deutschland Muttertag. Ist das auch in Tschechien so? Existiert ein solcher Feiertag für die Mütter auch bei Ihnen?“

Illustrationsfoto: Parée,  Flickr,  CC BY-NC-ND 2.0

Ja, der Muttertag existiert tatsächlich. Er wird hierzulande – wie in vielen anderen Ländern – am zweiten Sonntag im Mai begangen. Gefeiert wird er seit 1923, seine Initiatorin war damals Alice Masaryková, die Tochter des ersten tschechoslowakischen Staatspräsidenten Tomáš Garrigue Masaryk. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Muttertag allmählich durch die Feier des Internationalen Frauentags  am 8. März in den Hintergrund gedrängt. Nach 1989 begann man, ihn wieder öffentlich zu feiern. Unter anderem üben Kinder in den Schulen ein Programm für ihre Mütter ein und geben ihnen kleine handgemachte Geschenke. Auch Blumen werden überreicht.

Der Mai habe für ihn mehrere Aspekte, schreibt Lutz Winkler aus Schmitten im Taunus: Einerseits sei das der Monat, der für ihn das Ende des Zweiten Weltkrieges markiere, andererseits der Monat, in dem die Natur explodiere – aus ihrem grauen Wintereinerlei:

Gebäude der Ökonomischen Fakultät der Nationalen W.-N.-Karasin-Universität in Charkiw | Foto:  Staatlicher Dienst für Notfallsituationen,  Wikimedia Commons,  CC BY 4.0 DEED

„Das Gedenken an das Weltkriegsende hat in diesem Jahr in Deutschland einen besonderen Platz eingenommen. Der verbrecherische Überfall Nazideutschlands auf Polen und die damalige Sowjetunion hat schon viele Parallelen zum Überfall Russlands auf die Ukraine. Hier zeigt sich leider, wie Menschen, die der Propaganda ausgesetzt, vollkommen abgeschottet von der Welt sind. Mir ist derzeit nicht klar, welchen Ausweg es bei diesem Krieg geben soll. Russland hat alles Vertrauen verspielt und ist ein Rechtsbrecher im Völkerrecht. Der Kindermörder im Kreml gibt den Befehl, zivile Einrichtungen zu zerstören. Die Akzeptanz des Leides der Menschen durch die Kremlherrscher und die vollkommen sinnlose Zerstörung der Städte und der Kultur ist nicht zu verstehen.“

Krieg in der Ukraine

Obwohl kein politischer Experte – wie er schreibt – findet auch Achim Kissel aus Duisburg beim jetzigen Krieg in der Ukraine Parallelen in der Geschichte:

Krieg in Jugoslawien in den 1990er Jahren | Foto: Kim Price,  U. S. National Archives and Records Administration,  Wikimedia Commons,  public domain

„Mich erinnern die aktuellen Ereignisse fatal an die Kriege im früheren Jugoslawien in den 1990er Jahren. Heute wie damals ist es der fanatische Nationalismus der Konfliktparteien, der zu Kriegsgräueln führt. Dabei gibt es in vielen Ländern nationalistische Tendenzen, wie in Katalonien oder Schottland. Wo sich Minderheiten benachteiligt fühlen, streben sie nach Unabhängigkeit. Dass Völker, die Jahrzehnte lang in einem gemeinsamen Staat gelebt haben, sich auch friedlich und einvernehmlich trennen können, konnte man am Beispiel Tschechien und Slowakei erleben.“

Achim Kissel erwähnt zudem die Lage in der Tschechoslowakei vor dem Zweiten Weltkrieg:

Sudetendeutscher Tag 1957 | Foto:  Nationalmuseum in Prag,  eSbírky,  CC BY-NC-ND 4.0 DEED

„Wie nationale Gefühle missbraucht worden sind, erlebte die Tschechoslowakei mit ihren sudetendeutschen Mitbürgern in Vorbereitung des Münchner Diktats von 1938. Deshalb mussten die meisten Sudetendeutschen nach 1945 ihre angestammte Heimat verlassen. Die von ihnen in der BRD gegründeten Landsmannschaften standen noch bis in die 1970er Jahre der von Willy Brandt eingeleiteten Entspannungspolitik im Wege. Später beschritten aber auch diese Verbände und ihre Mitglieder den nicht immer leichten Weg der Versöhnung. Darüber kann man oft in Ihren Sendungen hören.“

Reinhard Westphal aus Rostock nennt mehrere Themen und Sendungen, die für ihn erfreulich und interessant waren:

Meda Mládková | Foto: David Sedlecký,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0 DEED

„Besonders der Beitrag über Meda Mládková, ihr Vermächtnis und ihre Schenkung an die Stadt Prag – alle Achtung. Auch die Sportinformationen wussten zu gefallen. Dass mit Pilsen ein neuer Fußball-Meister in Tschechien gekrönt wurde, spricht für die fachlich kompetente Arbeit des Trainers und aller involvierten Spieler sowie der Betreuer, der Ärzte und so weiter. Freut mich insofern, dass es ein sogenannter kleiner Verein geschafft hat und die Hauptstadt-Klubs mal leer ausgehen mussten. Toll war auch der Beitrag über die Partnerschaft zwischen Idar-Oberstein und Turnov. Steine können für die Schmuckherstellung ein wahrer Gewinn sein. Daran kann ich mich noch gut erinnern, als ich vor dem Studium eine Lehre als Geologiefacharbeiter erfolgreich abschloss. So sind mir Achate, Amethyste, Saphire, Bernsteine, Opale und Malachit noch in bester Erinnerung.“

Falk Wehner aus dem sächsischen Ossling schreibt:

Moldava | Foto: SchiDD,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0 DEED

„Ich bedauere sehr, wie viele Staaten ihre Auslandsdienste in Deutsch eingestellt haben und damit auf einen Beitrag zur Meinungsbildung auch bei der deutschen Bevölkerung verzichten. Die Verknüpfungen zwischen Sachsen und Tschechien werden ja immer enger, auch verkehrlich. Gern würde ich erfahren, wie man in Tschechien zu der Wiederherstellung des Zugverkehrs auf bisher unterbrochenen Bahnlinien steht, wie zum Beispiel zwischen Rumburk und Eberswalde(OL) oder Holzhau und Moldava v Krušných horách. Leider gibt es ja von sächsischer politischer Seite dazu wenig Initiativen. Anders ist es bei den Orten, die durchaus an dem Ausbau oder Wiederaufbau Interesse zeigen – im Gegensatz zur Landesregierung, die leider schon seit Jahren mauert, auch wenn ein Herr Dulig (stellvertretender Staatsminister Sachsens, Anm. d. Red.) immer gern das Gegenteil behauptet.“

Und zum Schluss noch eine Frage von Johann Ruff aus Mühlheim:

Treffen der Hauptmänner und Hauptfrauen  (2019) | Foto:Assoziation der Regionen der Tschechischen Republik

„Am 15. März war die Rede von Hauptmännern beziehungsweise Hauptfrauen. Sind das in Tschechien so etwas wie Landräte in Deutschland?“

Es ist schwierig, das zu vergleichen. Die Tschechische Republik ist in 14 sogenannte Kreise unterteilt, an deren Spitze Hauptmänner und Hauptfrauen stehen. Dabei handelt es sich also um die Amtsbezeichnung der Regierungspräsidenten dieser Regionen. Im Vergleich zu Deutschland würde dies eher dem Ministerpräsidenten eines Bundeslandes entsprechen, allerdings sind die Kreise nicht so eigenständig wie die Bundesländer. Im Übrigen heißen in Österreich die Ministerpräsidenten der Länder eben Landeshauptmann oder Landeshauptfrau.


Und das war’s für heute. Schreiben Sie uns bitte weiter Ihre Empfangsberichte, E-Mails und Briefe, und zwar an die Adresse: Radio Prag International – Deutschsprachige Redaktion, Vinohradská 12, 120 99 Prag 2, Tschechische Republik, oder per E-Mail an: [email protected].